1 - Kontinuität und Wandel in der Entwicklung des Völkerrechts [ID:1703]
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Das besteht kein Zweifel daran, dass das Völkerrecht wie auch Rechtsordnungen aus anderer Quelle

einem steten Wandlungsprozess unterworfen ist.

Wenn auch dieser Wandel sich der Eigenart des Völkerrechts als einer auf Konsens basierenden

Rechtsordnung wegen regelmäßig nur langsam vollzieht.

Thema meines Vortrags ist vielmehr die Struktur der sogenannten Völkerrechtsgemeinschaft.

Hat auch sie sich, wie vielfach behauptet worden ist, seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges

grundlegend gewandelt oder aber sind bei aller inhaltlichen Veränderung des Völkerrechts

und Anreicherung des völkerrechtlichen Normenbestandes die bestimmenden Akteure und die maßgeblichen

Handlungsformen des Völkerrechts gleich geblieben, dieselben geblieben.

Meine These lautet, sie wird Sie vielleicht überraschen, dass in den entscheidenden Grundstrukturen

des Völkerrechts über die verschiedenen Epochen der Völkerrechtsgeschichte hinweg ein hohes

Maß an Kontinuität zu konstatieren ist.

Ich will diese Kontinuitätsthese, wenn ich es so formulieren darf, durch einige Überlegungen

zum Geltungsgrund und Geltungsbereich des Völkerrechts, also zu den Rechtsquellen und

Rechtssubjekten des Völkerrechts, untermauern.

Doch zunächst zum Begriff des Völkerrechts.

Was verstehen wir unter Völkerrecht?

Das Völkerrecht, der deutsche Begriff ist insoweit etwas irreführend, ordnet und regelt,

jedenfalls in erster Linie, die Beziehungen der souveränen Staaten untereinander und

mit den von ihnen geschaffenen internationalen Organisationen, sowie die Beziehungen zwischen

diesen internationalen Organisationen selbst.

Das Völkerrecht ist also vor allem das Recht, das im Verhältnis der Staaten zueinander,

in ihrem Verhältnis zu internationalen Organisationen, sowie zwischen diesen Organisationen gilt.

Nun zu den völkerrechtlichen Rechtsquellen.

In der völkerrechtlichen Koordinationsordnung begegnen sich die Staaten als gleichberechtigte

Völkerrechtssubjekte.

Keines besitzt ein Herrschaftsrecht über ein anderes.

Das Völkerrecht kennt also kein den Rechtssubjekten übergeordneten Gesetzgeber und keine vollziehende

Gewalt.

Es ist mit anderen Worten eine herrschaftsfreie Rechtsordnung.

In der auf dem Prinzip der souveränen Gleichheit seiner Mitglieder basierenden Staatengemeinschaft

ist daher nur konsensuale Rechtserzeugung möglich.

Denn Gleichberechtigung bedeutet ja, dass ein Rechtssubjekt dem anderen, ihm rechtlich

gleichgestellten, seinen Willen von Rechtswegen nicht aufzwingen kann oder anders formuliert.

Die sich koordiniert gegenüberstehenden Rechtssubjekte können ohne ihre eigene Zustimmung

von ihresgleichen nicht verpflichtet werden.

Die einander rechtlich gleichen Staaten müssen sich also selbst verpflichten, um überhaupt

zu irgendetwas rechtlich verpflichtet zu sein.

Einzige Rechtsquelle des positiv geltenden Völkerrechts, meine Damen und Herren, ist

daher der zwischenstaatliche Konsens in seinen verschiedenen Erscheinungsformen.

Dieser Konsens tritt im Völkerrecht in dreierlei Gestalt auf, als Vertrag, als Gewohnheit und

als allgemeine Rechtsgrundsätze.

Es sind dies die drei Völkerrechtsquellen.

Wer nun für die Geltung des Rechts eine übergeordnete gesetzliche Anordnung im Sinne einer vom Willen

der Rechtsunterworfenen unabhängigen Rechtssatzung fordert, wie sie ja bekanntlich für das innerstaatliche

Recht kennzeichnend ist, der wird, da es eine solche im Völkerrecht nicht gibt und ihre

herrschaftsfreien Strukturwegen auch nicht geben kann, konsequenterweise die Möglichkeit

der Geltung, das heißt rechtlichen Existenz von Völkerrecht überhaupt bestreiten müssen.

Dies ist die sogenannte Völkerrechtsleugnende Haltung.

Sie wird vielfach eingenommen, aber sie steht in offensichtlichem Widerspruch zu der Staatenpraxis,

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Christian Hillgruber Prof. Dr. Christian Hillgruber

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:26:19 Min

Aufnahmedatum

2000-10-26

Hochgeladen am

2018-06-21 09:53:55

Sprache

de-DE

  1. Einleitung
  2. Der Begriff des Völkerrechts
  3. Die völkerrechtlichen Rechtsquellen
  4. Die völkerrechtlichen Rechtssubjekte
  5. Resümee

Tags

Collegium Alexandrinum Völkerrecht Wandel Hillgruber Entwicklung
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