18 - 5A "Die güldne Sonne, voll Freud und Wonne" [ID:18772]
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Die gültene Sonne voll Freud und Wonne, einer der Paul-Gerhard Hitz und natürlich haben

sie auch gleich die Melodie. Und in dem Fall ist die Melodie auch original. Es ist von Anfang an

als dieses Gesamtkunstwerk von Text und Melodie in die Welt getreten. Sie sehen das daran, dass ich

als Handout diesmal aus Eberlings Gesamtausgabe ihnen das einfach die zwei Seiten wiedergegeben

habe, weil das tatsächlich das Originale ist, die Erstveröffentlichung der ganzen Geschichte.

Das heißt, dieses Lied, die gültene Sonne, hat Paul Gerhard um 1665 gedichtet, jedenfalls

unmittelbar für diese Gesamtausgabe und es ist auch sprachlich ein besonders ambitioniertes Lied.

Ich habe dank Corona mir auch noch per Femmeleihe besorgt, eine Dissertation Paul Gerhards

deutsche Geschichte von Rainer Hillenbrand in Heidelberg, eine Dissertation aus dem Jahre

1992, die hier nicht mal da ist, obwohl es bei uns auch einen Schwerpunkt Barockdichtung in

beiden Literaturwissenschaftlern gibt. Ja, und der überschlägt sich geradezu in der Beschreibung

der sprachlichen Qualitäten speziell dieses Liedes und zwar hängt das damit zusammen und

das sei jetzt am Anfang gleich benannt. Es ist eine Sonderform, es ist eine der Strophenformen,

die es nur bei Paul Gerhard und nur in diesem Fall gibt und nicht anders. Es gibt zwar eine

Analogie, die bei den Handouts mit dabei ist, nämlich im Jahr 1665 erschien von einem Herrn

Adam Krieger ein Lied, ein weltliches, ein Liebeslied, höre meine Schöne, wie ich mich sehne,

nach deinen Blicken, die mich entzücken, was hat sich vor ein Gott bei dir versteckt. Die besondere

Form ist, sind diese Kurzzeilen, höre meine Schöne, wie ich mich sehne, die ja auch einen sehr

direkten Reim dann haben, dann nach deinen Blicken, die mich entzücken und dann eine Langzeile. Es ist

dann immer die Frage, ob man diese Kurzzeilen untereinander schreibt oder als eine Zeile mit

Binnenreim. Sie sehen hier, der Ebeling hat es in eine Zeile geschrieben, aber hat einen größeren

Abstand in der Mitte gelassen, um schon deutlich zu machen, dass es eine Doppelzeile ist. Und der Clou

dieser Form ist also immer dieses zwei Kurzzeilenpaare und dann eine Langzeile und das insgesamt

zweimal, sodass wir also insgesamt sechs Zeilen haben. Und genau diese Form hat also der Adam Krieger

auch, das Lied ist 1665 erschienen, also es müsste Paul Gerhardt also absolut up to date gewesen sein,

also da den Markt der Neuerscheinungen ständig sondiert haben und das dann gleich zur Kenntnis

zu nehmen und zu sagen, das finde ich ein spannendes Muster, ich dichte genauso. Das glaube ich eher

nicht. Außerdem sind diese Liebeslieder ja vielleicht wirklich nicht sein mit je. Und interessant ist

eben auch, dass Paul Gerhardt nämlich eine charakteristische Abweichung hat, nämlich in

der zweiten Strophenhälfte heißt das bei Krieger im genau demselben Silbenzahlmaß, dass deine Blitze

mit solcher Hitze mich überstrahlen und schwarz bemalen hat mich dergleichen Macht doch nie erschreckt.

Genau analog strukturiert wie die erste Hälfte der Strophe. Bei Paul Gerhardt ist es aber eben

nicht genau gleich, sondern Paul Gerhardt macht eine Silbe mehr. Mein Haupt und Glieder und ein

Auftakt, die lagen da nieder, aber nun stehe ich bin munter und fröhlich. Also man sieht es in

dieser Zusammenstellung sehr schön mit diesem Eingeklammerten. Also das ist der Clou. Paul Gerhardt

macht eben nicht das Schema zweimal, sondern beim zweiten Mal gibt es eine kleine signifikante

Abweichung. Das ist schon mal also erstens ein Indiz dafür, dass er nicht bei dem Krieger

abgeschrieben hat, dass man nur sagen kann, dass diese Art Strophenform damals in der Poesie interessant

war, modern war, also das ist moderne Barockpoesie, aber dass er seinen Strophenbau sehr individuell

entwickelt hat und damit ist natürlich auch klar, dieses Lied kann man nicht einfach so singen.

Dieses Lied braucht einen Komponisten, der jetzt für diese individuelle singuläre Strophenform

eine Melodie entwirft. Insofern ist klar, dass dieses Lied von vornherein auch im direkten Blick

auf Ebeling sozusagen, auf seinen Mitarbeiter da entworfen ist. Und nur als gleich vorneweg

der Günther Balders, unser Spezialist für Anagramme, hat mir eben auch mitgeteilt,

dass er den Ebeling da gefunden hat. Deswegen habe ich da Ebeling an den Rand geschrieben,

wo tatsächlich schon in der ersten Strophe ein herzerquickendes liebliches Licht also in

diesem liebliches Licht und quikendes kann man den Namen Ebeling finden und es gibt ihn noch öfters.

Also, es könnte tatsächlich sein, dass diese die gültene Sonne voll Freude und Wonne von

Paul Gerhard gedacht war, so wie ein Ball den er jetzt dem Ebeling zuwirft speziell als Eröffnung

dieses gemeinsamen Projekts der Gesamtausgabe seiner Lieder und so da mach mal und mach eine

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:54:16 Min

Aufnahmedatum

2020-06-22

Hochgeladen am

2020-06-29 15:46:29

Sprache

de-DE

Das Phänomen Paul-Gerhardt-Lieder II

Die Lieder von Paul Gerhardt (1607-1676) sind "Evergreens" trotz ihrer veralteten barocken Sprach- und Vorstellungswelt, trotz ihres oft schweren theologischen "Ballasts", trotz ihrer Überlänge. Die Vorlesung nimmt einzelne Lieder in Textgestaltung wie Melodiezuweisung genauer unter die Lupe, vermittelt historischen Hintergrund der Liedentstehung und gibt Einblicke in die Liedrezeption durch die Jahrhunderte in Gesangbüchern wie Kunstmusik.

Tags

Kirchenmusik
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