8 - Europarecht I [ID:5569]
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Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.

So, einen wunderschönen Morgen. Ich begrüße Sie zu einer weiteren Sitzung der Vorlesung

Europarecht 1. Sie erinnern sich, wir haben in der letzten Sitzung vorgestern uns vor

allen Dingen mit der Frage beschäftigt, wie ist eigentlich der Rang und die Wirkung des EU-Rechts

aus der Sicht des Grundgesetzes geregelt. Wir haben uns dazu zunächst die einschlägigen

Vorschriften im Grundgesetz angeschaut, insbesondere den besonderen Integrationsartikel 23 und haben

dann die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage kennengelernt, insbesondere eben

zu der Frage, in welchem Verhältnis steht eigentlich das europäische Recht, zunächst

das europäische Sekundärrecht zu den Grundrechten. Sie erinnern sich, das Bundesverfassungsgericht

vertritt die Auffassung, dass das europäische Recht durch das Zustimmungsgesetz im Wege des

Artikel 23 Absatz 1 und 59 Absatz 2 in die deutsche Rechtsordnung einfließt, dass also dieses

Zustimmungsgesetz den deutschen Hoheitsanspruch, den Hoheitsanspruch des Grundgesetzes zurücknimmt

und dann eben Raum schafft für Recht, das von der Europäischen Union gesetzt wird und dass auf

diese Weise gewissermaßen das europäische Recht eben auch in das deutsche Recht einbezogen wird.

Und weil das eben auf dem Wege oder auf der Brücke, so hatte ich das versucht, ihn darzustellen,

durch eine Brücke des europä- eines einfachen Gesetzes stattfindet, stellt sich die Frage,

in welchem Verhältnis steht denn dann eigentlich das Grundgesetz, insbesondere die Grundrechte zum

Europarecht und da haben wir gesehen eben, dass da eine lange Rechtsprechungsentwicklung des

Bundesverfassungsgerichts stattgefunden hat, über 25 Jahre. Zunächst, ich habe es Ihnen hier noch mal

auf die Folien gezogen, das Solange-1-Urteil, solange eben die europäische Gemeinschaft über

keinen eigenen Grundrechtskatalog verfügt und solange es eben nicht möglich ist, europäisches

Sekundärrecht, Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse an Grundrechten zu prüfen, solange ist es eben

möglich, dass man verfassungsbeschwerden und Richtervorlagen an das Bundesverfassungsgericht

richtet und das Bundesverfassungsgericht Sekundärrecht eben an den Grundrechten überprüft. Also klare

Aussage, die Grundrechte stehen über dem Sekundärrecht, also klar für diesen Teil der Frage,

auf welchem Rang geht das Europarecht, klare Aussage, es steht nicht über den Grundrechten,

sondern vielmehr die Grundrechte stehen über diesem Teil des europäischen Sekundärrechts.

Ungefähr 15 Jahre später, auch das hatten wir gesehen, nicht ganz, zwölf Jahre später sogar

nur, hat das Bundesverfassungsgericht seine Meinung geändert oder seine Meinung natürlich

nicht geändert, sondern einen neuen Befund festgestellt, nämlich dass zum damaligen

Zeitpunkt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits so weit fortgeschritten ist,

dass eben von einem effektiven Grundrechtsschutz auf europäischer Ebene ausgegangen werden kann und

dann hat das Bundesverfassungsgericht diesen zweiten, so lange Satz formuliert, solange

eben die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs diesen Grundrechtsschutz gewährleistet,

solange wird das Bundesverfassungsgericht sich nicht mehr mit Richtervorlagen und

Verfassungsbeschwerden überprüfen. Das heißt also, man hat nicht gesagt,

wir akzeptieren jetzt, dass das Sekundärrecht auch über den Grundrecht steht, man hat gesagt,

die Grundrechte kommen jetzt gewissermaßen, oder die Grundrechte werden jetzt geschützt,

auch auf europäischer Ebene und es bedarf deswegen keines Schutzes mehr durch die deutschen

Grundrechte. Dann kam wie gesagt der Vertrag von Maastricht, der zum ersten Mal eben, zum ersten

Mal eine Verfassungsbeschwerde bezüglich einer Veränderung der europäischen Verträge,

hier hat das Bundesverfassungsgericht dann eine neue Formel gewissermaßen geprägt,

es hat nämlich von so genannten ausbrechenden Hoheitsakt gesprochen, gesagt also ein Hoheitsakt,

der eben nicht auf der Kompetenzgrundlage der Verträge beruht, bzw. der mit den Verträgen

nicht in Einklang steht, der ist auch ein Sekundärrechtsakt, der gegen Grundrechte verstoßen

kann, insbesondere eben gegen den Artikel 38 Absatz 1 und 79 Absatz 3 und in diesem Umfang

wird das Bundesverfassungsgericht diese Fragen prüfen. Viele haben sich gefragt, relativiert

das die Entscheidung solange 2 und dann haben wir gesehen, in der Entscheidung Bananenmarkt hat

das Bundesverfassungsgericht im Prinzip gewissermaßen gesagt, wir sind hier missverstanden worden,

natürlich prüfen wir weiterhin Sekundärrecht nicht, wenn nicht dargelegt ist, dass der

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

01:28:08 Min

Aufnahmedatum

2015-11-05

Hochgeladen am

2015-11-05 12:49:19

Sprache

de-DE

Die Vorlesung behandelt die Grundstrukturen des institutionellen und materiellen Unionsrechts einschließlich der Grundfreiheiten. Gegenstand der Veranstaltung sind jene Teile des Europarechts, die zum Pflichtstoff des Ersten Juristischen Examens zählen.

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