Mein Name ist Christina Merkel, ich bin Wissenschaftsredakteurin beim Verlag Nürnberger Presse und wir wollen heute wissen,
Spitzensport zwischen Kommerz und Propaganda, wo bleibt da eigentlich der Spaß?
Wir blicken auf die Olympischen Spiele in Japan und China zurück und bald sogar nach Saudi Arabien und die bevorstehende Fußballweltmeisterschaft in Katar.
Ich darf unser Podium vorstellen. Mit mir hier sitzt Matthias Fifker. Er ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der FAU,
mit dem Schwerpunkt Strategisches und Werteorientiertes Management.
Er war bereits Gastprofessor in Dallas, Shanghai, Wien, Maastricht, Teheran und in Frankreich.
Er kennt sich also aus in der Welt und auch im Sport.
Fifker ist Aufsichtsratsmitglied beim 1. FC Nürnberg und er selbst hat auch schon Fußball gespielt in der Bayernliga.
Außerdem begrüße ich Annabelle Kneuth. Sie ist erfolgreiche Triathletin, kommt aus Ingolstadt und trainiert in Nürnberg.
Für die Olympischen Sommerspiele im vergangenen Jahr in Tokio hat sie sich als beste Deutsche qualifiziert und dort den 6. Platz gelegt.
Vergangenen Woche war sie noch im Trainingslager in Mallorca. Sie kommt also aus der Sonne hier zu uns gechattet.
Und wenn sie gerade nicht trainiert, studiert sie Biologie in Bayreuth.
Matthias Lochmann ist Arzt und Professor für Sportbiologie und Bewegungsmedizin hier an der FAU.
Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Frage, wie sich Menschen vom Kind bis zur Rentnerin für mehr Sport begeistern lassen.
Denn Bewegung ist nun einmal sehr gesund. Er selbst hat verraten, dass er eher unter den Pläsuren leidet, die er sich beim Fußball zugezogen hat in seiner Zeit bei den Amateuren in Darmstadt.
Und als Haffi hat er auch gespielt. Das ist jetzt auch nicht die risikoärmste Sportart.
Zu meiner Rechten sitzt noch Nils Rousseau, seit vier Jahren Kaufmännischer Vorstand beim 1. FC Nürnberg.
Vorher hat er Diplomkaufmann lange bei Adidas gearbeitet, unter anderem auch in den USA, Russland und der Schweiz.
Er kennt also auch die Sponsorenseite. Privat spielt er Tennis und Fußball.
Und wenn er dazu kommt, aktuell rennt er eher seinen drei Kindern hinterher, habe ich gelernt. Schön, dass Sie alle heute hier sind.
Frau Knoll, als erstes möchte ich Sie gerne fragen, wie war es denn bei Olympia?
Ja, es war natürlich eine super Erfahrung. Also ich hatte trotz Corona ziemlich viel Spaß, hatte wirklich die Chance, andere Athleten aus anderen Ländern und anderen Sportarten kennenzulernen.
Und auch wenn die Zuschauer extrem gefehlt haben, war es trotzdem eine coole Zeit.
Hat sich das unterschieden, Ihre Wahrnehmung von dem, was Sie von Freunden und Familie von zu Hause vielleicht gehört haben?
Ja, ich glaube schon einfach, weil das, glaube ich, nicht so rüber gekommen ist, was dieses oder letztes Jahr dem Sport wirklich genommen worden ist durch Corona.
Also ich sag mal so, man fährt ja auch zu Olympia, um eigentlich diese Anerkennung und diese Stimmung aufzusaugen, die vor Ort eigentlich normalerweise herrscht.
Und da das halt kein Mensch vor Ort war und wir komplett isoliert waren, ist es extrem blöd gegangen.
Und das hat man, glaube ich, im Fernsehen dann doch nicht ganz so wahrgenommen, wie wir als Athleten.
Dann müssen Sie wieder hin. Dann müssen Sie nochmal zur Olympia.
Ja, hoffe ich. Versuche ich.
Ja, ein ganz großes Ziel natürlich, um das nochmal wirklich so wahrzunehmen, wie es wahrscheinlich wirklich sein könnte.
Herr Laufmann, welches große Sportereignis haben Sie sich denn zuletzt im Fernsehen angeschaut?
Ja, was heißt großes Sportereignis? Im Prinzip sind es schon die Fußballereignisse.
Formel 1 schaue ich grundsätzlich auch ganz gerne. Die Olympiaden habe ich jetzt nicht so intensiv verfolgt, muss ich klarerweise zugeben.
Und insgesamt bin ich auch nicht so stark am Fernsehen.
Also selbst beim Fußball ist es so, dass ich nicht jedes Wochenende die Bundesliga hoch und runter schaue.
Das sollen Sie jetzt nicht hören.
Ja, es ist so, dass ich dann doch oft mit meinem Sohn unterwegs bin und ihm beim Sport treiben, Zuschauer oder in der Vergangenheit auch als Trainer gearbeitet habe.
Und dann die Fußballfraktion, Herr Rosow, welche WM-Spiele werden Sie sich denn anschauen im Winter?
Also ich befinde mich noch gar nicht so richtig in der WM-Stimmung und ich glaube, ich werde auch nicht in die WM-Stimmung kommen.
Nichtsdestotrotz werde ich wahrscheinlich die deutschen Spiele schauen, aber ich werde mit Sicherheit nicht so leidenschaftlich der WM folgen, wie ich es sonst getan hatte.
Da fehlt es mir einfach an Verbindung.
Sie dürfen gleich sagen, warum?
Wie gesagt.
Ich gehe ein bisschen weiter vor.
Warum? Also diese ganze Inszenierung dieser WM, keine Fan-Kultur, natürlich die Ausgangslage mit den Menschenrechten, sind für mich als Fußballfan,
jetzt gar nicht als Fußballfunktionär, aber dann doch eher der Abtörner.
Die Zeit ist nicht die WM-Zeit für uns.
Ich finde, da gehört ein Public Viewing dazu, da gehört eine Gemeinsamkeit dazu und das spüre ich momentan nicht.
Deswegen werde ich die WM verfolgen, glaube ich, werde ich sie mit Sicherheit nicht so aktiv verfolgen, wie ich es sonst tue.
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:56:23 Min
Aufnahmedatum
2022-10-26
Hochgeladen am
2022-11-02 13:32:15
Sprache
de-DE
Zwei Mega-Events umrahmen das Sportjahr 2022: die Olympischen Winterspiele in China und die Fußballweltmeisterschaft in Katar. Der Blick auf die beiden Austragungsorte nährt bei vielen Menschen das Unbehagen: Spitzensport ist dort in erster Linie Geschäft und Mittel der politischen Propaganda. Kein Wunder, dass sich immer mehr Fans ernüchtert abwenden von einem Sport, der ihnen vielleicht einmal Quelle von Spaß und Begeisterung war. Einschaltquoten sowie Zuschauerzahlen deuten an, dass das Ansehen des Spitzensports und damit auch seine gesellschaftliche Bedeutung auch in Europa im Sinken begriffen ist.
Werden SpitzensportlerInnen zukünftig noch als Idole gefeiert werden? Und: Wie beeinflusst die zunehmende Kommerzialisierung und Propaganda den gesellschaftlichen Status dieser Stars? In unserer Podiumsdiskussion wollen wir der Frage nachgehen, welche Folgen solche Events für die Gesellschaft und die Rolle des Sports haben. Kann der Spitzensport junge Menschen noch dazu bringen, Sport zum Element ihrer Lebensführung zu machen und eine Karriere als SpitzensportlerIn anzustreben? Oder wird Sport vielmehr in zwei Richtungen getrennt betrachtet: einerseits als Show und anderseits als private Gesundheitsvorsorge? Ist bei zunehmender Kommerzialisierung eine staatliche Förderung des Spitzensports überhaupt noch zu rechtfertigen oder muss diese nicht als Maßnahme des Politik-Marketing gewertet werden?
Diskussionsteilnehmer:innen
- Prof. Dr. Dr. Matthias Lochmann, Lehrstuhl für Sportbiologie- und Bewegungsmedizin
- Prof. Dr. Matthias S. Fifka, Institut für Wirtschaftswissenschaft
- Niels Rossow, Kaufmännischer Vorstand, 1. FCN
- Anabel Knoll, Triathletin / Olympia-Starterin