Liebe Studierende, weiter geht's. Heute steht an Sokrates die Frage nach dem Wesen politischer
Gerechtigkeit bei Sokrates. Wieder empfehle ich, dass Sie sich vorher die beiden Papiere downloaden.
Die Gliederungskizze können Sie besser verfolgen, was ich sage und damit einhergehend auch ein kleines
Zitatenblatt, da können Sie mitlesen oder nachlesen, was ich an Zitaten vorbringe. Sokrates,
zunächst zu seiner Bedeutung, um es kurz zu machen, riesig groß. Also bis heute findet man in der
Philosophiegeschichte bezeichnenderweise die Unterscheidung vor-Sokratisch, nach-Sokratisch.
Die Vor-Sokratiker sind für manche immer noch von historischem Interesse, aber mit Sokrates setzt
was Neues ein. Also Sokrates ist geradezu der paradigmatische Philosoph. Also als solcher wird
er bei Platon vorgestellt. Sokrates, der Philosoph, der im Grunde auch seinen Philosophieren durch
sein eigenes Leben beglaubigt. Also Philosophie soll eben nicht nur eine Art geistige Übung sein,
sondern soll auch charakterbildend wirken. Also das findet man bei Platon, Sokrates,
der Philosoph, bei Aristoteles, der Hinweis mit Sokrates, habe was Neues begonnen, nämlich die
Wendung des Nachdenkens zu den menschlichen Angelegenheiten in die Polys hinein, also damit
beginnt der politischen Philosophie. Im Christentum steht Sokrates dann manchmal sogar neben Jesus.
Also beide sind gleich der Märtyrer ihrer Überzeugung. Sokrates ist der Märtyrer der
Philosophie, der jetzt nicht am Kreuze stirbt, aber den etwas sanfteren Tod durch den Schierlingsbecher
stirbt, aber eben auch eher zum Tode verurteilt für seine Überzeugungen, an denen er festhält.
Für Kant ist Sokrates in vieler Hinsicht Vorbild, auch methodisch Vorbild. Die sokratische
Methode für Kant ganz wichtig. Und Sokrates Hinweise finden sie dann, ob er Hegel eher etwas
skeptisch ist, der Erfinder des individuellen Gewissens. Das ist für Hegel ein wichtiger
Impuls, aber hat auch was Destruktives. Ähnlich ambivalent ist Sokrates bei Nietzsche im Denken
von Karl Jaspers. Dann wiederum Sokrates als einer der maßgebenden Menschen, also auch für die
Kulturgeschichte der Menschheit so maßgebend, wie anders an anderen, wenn man so will, stellen.
Jesus, Buddha, Konfuzius. Das sind die vier maßgebenden Menschen bei Jaspers. Jedenfalls
also auch da Sokrates in einer Reihe mit Jesus. Also in der Tat, ganz hohe Wertschätzung, die dem
Sokrates entgegengebracht wird von vieler Seite. Okay, jetzt gehen wir aber mal zurück in die Zeit.
In die Zeit, die ich beim letzten Mal ja schon beschrieben habe. Eine Zeit von Umbrüchen,
wo auch demokratische Experimente stattfinden, zum Teil auch mit für uns heute sehr befremdlich
klingenden Mitteln, Rotation, Losverfahren. Die Zeit, wo intellektuell auch Neues aufbricht,
Sophistik. Wie steht Sokrates jetzt in dieser Zeit? Das ist die Frage. Die Antwort ist nicht ganz
einfach, denn die historische Figur des Sokrates ist schwer greifbar. Ähnlich schwer wie übrigens
die anderen eben mit Jaspers genannten maßgeblichen Menschen. Der historische Jesus oder der historische
Buddha, schwer greifbar. Wir haben von Sokrates selbst keine eigenen Publikationen. Nicht etwa,
weil die verloren gegangen wären, sondern weil ihm das mündliche wichtig war. Also die direkte Rede,
Gegenrede, der Dialog. Sokrates hat nichts hinterlassen. Er hat nichts Schriftliches hinterlassen.
Das heißt, unser Zugang zum historischen Sokrates ist nur ein Vermittelter, vermittelt über andere
Autoren. Und diese anderen Autoren, die vermitteln uns jetzt in der Tat ein sehr unterschiedliche
Sokrates-Bilder. Und auf der einen Seite erscheint dann der Sokrates als einer der Sophisten. So
etwa bei Aristophanes. Aristophanes ist ein berühmter Komödiendichter. Also er hat ätzenden Spott
ausgegossen, über viele seiner Zeitgenossen auch über Sokrates. Und Sokrates ist also in seiner
Perspektive ein Sophist neben anderen Sophisten. Bei Platon haben wir jetzt das genaue Gegenteil.
Also Platon baut Sokrates auf zur Gegeninstanz gegen die Sophistik. Also in Platons Schriften
kommt Sokrates immer wieder vor, in fast allen seiner Schriften kommt er vor, und zwar entscheidend
vor, als derjenige, der die Sophisten vorführt. Wenn man jetzt Platons Schriften sich anschaut,
stellt man da allerdings auch Entwicklungen fest. Am Anfang in den Frühschriften, da ist Sokrates
vor allem der kritische Frager. Am Ende in den späteren Schriften wird er ein Stückchen stärker
doktrinär. Also da gewinnt er so guruhafte Züge. Aber wie dem auch sei, also ob in
Frühschriften oder in späteren Schriften Platons, Sokrates erscheint hier immer als der paradigmatische
Anti-Sophist. Also da haben wir in der Tat krass unterschiedliche gegensätzliche Sokrates-Bilder.
Ja, okay, ich gehe jetzt also auf beide Varianten noch ein bisschen ein. Also erstmal Sokrates als
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:39:40 Min
Aufnahmedatum
2020-10-14
Hochgeladen am
2020-10-21 11:40:23
Sprache
de-DE
Sokrates