9 - Politische Ideengeschichte von der Antike bis zur frühen Neuzeit [ID:21545]
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Liebe Studierende, weiter geht es in der Vorlesungsreihe mit John Locke.

Ich möchte einsteigen, damit Locke zu vergleichen mit Hobbes, über den ich beim letzten Mal gesprochen habe.

Wie Sie sich vielleicht erinnern, habe ich Hobbes als einen modernen Denker dargestellt,

dessen Modernität aber nicht mit Liberalität verwechselt werden sollte.

Das war mir deshalb wichtig, weil diese Verwechslung sehr häufig anzutreffen ist, auch in Lehrbüchern.

Modern ist Hobbes, insofern er sich auch in der politischen Theorie weitgehend am naturwissenschaftlichen Paradigma orientiert,

das in dieser Zeit zum Durchbruch kommt.

Die Gesellschaft stellt er sich eigentlich vor wie ein physikalisch berechenbares Kräfteparallelogramm.

Wenn er von Natur spricht, dann ist das völlig wertfrei.

In seinem Naturbegriff schwingt er nicht mehr mit die Idee eines Schöpfers, dessen Wille sich in der Naturordnung manifestiert.

Ganz anders. Im Grunde auch hier das Paradigma der Naturwissenschaften, die im 17. Jahrhundert einen Schub nach vorne machen.

Also Bruch mit manchen Traditionen, auch mit der aristotelischen Tradition bei Hobbes.

Der Staat ist bei ihm dann eine reine Sicherheitsmaschine.

Da ist nicht mehr die Idee, dass das Staat die Menschen auch zur Tugend und zur Glückseligkeit führen könnte.

Der Staatszweck wird reduziert auf Sicherheit.

Insofern könnte man zu Hobbes sagen, eigentlich vertritt er schon den Nachtwächterstaat,

den man ja manchmal mit dem Frühliberalismus in Verbindung gebracht hat.

Aber da muss man gleich hinzufügen, das wäre ein Nachtwächterstaat, der bis an die Zähne bewaffnet ist.

Also der alles einsetzen kann, um den Sicherheitszweck dann auch durchzusetzen.

So, jetzt im Vergleich dazu Locke. Also Locke ist in vieler Hinsicht der Antitypus zu Hobbes.

Er ist liberal im substanziellen Sinne des Wortes.

Also er fingiert nicht nur irgendwelche Individualrechte, imaginiert nicht nur Individualrechte,

um sie als Argument einzusetzen, damit am Ende die Alternativlosigkeit des souveränen Staates dabei rauskommt.

Nein, für ihn sind individuelle Rechte unvoräußerlich und sie binden den Staat substanziell.

Der Staatszweck besteht dann darin, menschliche Freiheitsrechte, individuelle Freiheitsrechte tatsächlich zur Geltung zu bringen.

Also Locke ist substanziell liberal, ganz im Gegensatz zu Hobbes.

Locke entwickelt seine liberale Theorie dann aber auch wieder anders als Hobbes, eher im Medium traditionellen Denkens.

Da schwingt also eine ganze Menge mit von Aristoteles, komme ich demnächst noch drauf.

Seine Schriften sind zum Teil auch gespickt mit Bibelzitaten.

Und das machte es möglich, auch für die Zeitgenossen, Locke zu rezipieren.

Also Locke war als Schriftsteller sehr viel populärer.

Also auch zu Lebzeiten wurden seine Schriften zum Teil schon übersetzt in verschiedene Sprachen.

Und also seine eher traditionelle Denkweise machte es dann möglich.

Liberale Inhalte, die also tatsächlich auch was Neues waren in mancher Hinsicht, doch so zu transportieren, dass sie von den Zeitgenossen auch rezipiert werden konnten.

Okay, jetzt spreche ich ein ganz klein bisschen über den historischen Kontext.

17. Jahrhundert, wir befinden uns im Zeitalter des europäischen Absolutismus.

Also Frankreich ist da in mancher Hinsicht das Vorbild absoluter Herrschaft.

Der moderne Territorialstaat setzt sich durch gegen feudale Mächte.

Und Hobbes, Hobbes wohlgemerkt, Thomas Hobbes steht für das Programm genau diesem absolutistischen Denken den Weg zu bahnen, intellektuell sozusagen Schützenhilfe zu leisten.

Locke steht auf der anderen Seite.

Locke steht auf der anderen Seite, insofern er auch traditionelle Parlamentsrechte und individuelle Bürgerrechte stark machen will.

Also die absolutistischen Tendenzen schlagen auch auf die Insel durch England.

Und insbesondere in Gestalt der Stuart-Könige, die innerhalb des 17. Jahrhunderts dann ganz dominant waren.

Diese Dynastie der Stuarts aus Schottland stammend.

Bei den Stuarts gab es eine starke Tendenz lästige Einrede des Parlaments abzuschütteln.

Also Ansprüche des Parlaments auf Mitwirkung im Grunde genommen als feudale Relikte zu betrachten, die in einem modernen effizienten Staatswesen eigentlich nur stören.

Und also die Politik der Stuarts war dann einer der Faktoren, die dazu führten, dass in England Kämpfe ausbrachen.

Kämpfe, die schließlich in einen Bürgerkrieg eskalierten.

Kämpfe, wie das oft so ist, mit ganz vielen Faktoren.

König gegen Parlament, das ist die Verfassungsdimension des Konflikts.

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:50:31 Min

Aufnahmedatum

2020-10-21

Hochgeladen am

2020-11-02 10:12:23

Sprache

de-DE

Locke

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