7 - Der Rausch der Sprache [ID:696]
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Ich möchte heute zu einem Thema sprechen, mit dem sich unser Fach als Problem und Aufgabe

konfrontiert sieht.

Ob und wie, so meine Frage, können die Stichwörter Sprache und Rausch in Verbindung einen Beitrag

leisten zum Verständnis des Japanischen und zur Partizipation an dessen kommunikativen

Normen, die uns, bedenkt man die geografische Distanz, noch sehr fernstehen.

Das Thema Sprache und Rausch beschäftigt mich in zweierlei Hinsicht.

Zum einen ist durchaus nicht klar, wie wir die Brücke zwischen Wissen und Können schlagen

sollen.

Moderne Sprachfächer dürfen die Frage nach dem Können nicht länger ausklammern.

Nur Können eröffnet den Zugang zu gemeinsam erarbeitetem neuem Wissen.

Gerade heute führt uns der fragwürdige Druck, rasch messbare Ergebnisse in politisch bestimmten

Themenfällen zu liefern, in Versuchung, einseitig durch Wissen glänzen zu wollen.

Das Können, Können von Sprache und Kommunikation über Kulturgrenzen hinweg, welches alleine

Vertrauen und Berechenbarkeit aufbaut, sollen wir jedoch als etwas vorwissenschaftliches

ruhig in Übersetzungsbüros outsourcen.

Die Frage nach dem Können lenkt aber unsere Aufmerksamkeit auf das Motorische und damit

auf den Rausch, auf die nicht mehr von bewussten Denkschritten gesteuerte Produktion von Signalen,

deren Schicksal es ist, dass andere sie deuten.

Die zweite Perspektive, aus der mich die Themenverbindung Rausch und Sprache interessiert, ist spezifisch

auf die japanische Sprache gerichtet.

Hier befinden wir uns nämlich in einem Feld, in dem wichtige Schritte der Lebensbewältigung

einschließlich Sprechen und Kommunizieren bewusst als Abläufe gestaltet werden, die

ich hier als Rausch bezeichnen möchte.

Die zu diesen Abläufen führenden Lehr- und Lernprozesse sind gezielt darauf ausgerichtet,

einem rauschhaften Zustand eine Gestalt zu geben, die im Einklang steht mit strengen

Regeln.

Diese Regeln bestehen aus dem korrekten Abspielen von im Körper eingravierten und so soziales

Normverhalten garantierenden Handlungsmustern.

Es sind damit insofern rauschhaft einzuhaltende Regeln, als sie weniger auf Selektionsmöglichkeiten

innerhalb verbotsumzäunter Freiräume gerichtet sind, als vielmehr auf absolut korrekte, aber

hochkomplexe Abläufe.

Wissen und Können.

Es bestehen heute durchaus bedeutsame Diskurse, in denen die Frage nach dem Können zentral

ist.

Häufig wird Können dabei mit Kompetenz gleichgesetzt.

Entscheidend ist wohl die internalisierte Fähigkeit, spontan sprachlich und außersprachlich

einen Kommunikationsfluss zu produzieren, der in seiner Ganzheitlichkeit einem erwarteten

Ablaufmuster entspricht und affektiv auch akzeptiert wird.

Umgekehrt verstehe ich Kompetenz auch als die Fähigkeit, einen Fluss von Signalen,

die jemand anders produziert, selber affektiv zu akzeptieren und dann kognitiv zu verorten.

Vielen in Europa geführten Diskursen zu Kompetenz gemeinsam ist die Platzierung des Bausteins

Wissen in die Ecke eines viel umfassenderen Konzepts, in dem Fertigkeiten, Bewusstseinsgrade

und Einstellungen den größeren Raum einnehmen.

Diese drei Felder können aber dem Bereich des Rauschhaften zugeordnet werden.

Wenn ich Fertigkeiten habe, dann so läuft es.

Bewusstsein kann trainiert werden, aber schließlich kommt es oder auch nicht.

Desgleichen für Einstellungen, die ich nicht erzwingen kann.

Können und Kompetenz sind mit einem Rauschzustand verbunden, in dem Dinge nach einem Muster

ablaufen müssen, dessen wir im Moment der Ausführung nicht voll bewusst sind.

Sprachpädagogen rufen deshalb dazu auf, Wissen und Können stets in einem dialektischen

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Peter Ackermann Prof. Dr. Peter Ackermann

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:42:42 Min

Aufnahmedatum

2010-01-20

Hochgeladen am

2011-04-11 13:53:27

Sprache

de-DE

Moderne Sprachfächer dürfen die Frage nach dem Können nicht länger ausklammern: Nur Können eröffnet uns den Zugang zu gemeinsam erarbeitetem, neuem Wissen. Die Frage nach dem Können lenkt aber unsere Aufmerksamkeit auf das Motorische, und damit auf den Rausch, auf die nicht mehr von bewussten Denkschritten gesteuerte, hochkomplexe Leistung von kommunikativem Handeln und der Produktion von Signalen, deren Schicksal es ist, dass andere sie deuten.

Die Diskussion soll sich spezifisch mit dem Japanischen befassen, einem Feld, in dem wichtige Schritte der Lebensbewältigung – einschliesslich Sprechen und Kommunizieren – sehr bewusst als "rauschhafte" Abläufe gestaltet werden, im Sinne des korrekten Abspielens von im Körper eingravierten, und so soziales Normverhalten garantierenden, äusserst komplexen Handlungsmustern weit jenseits der "blossen" Sprache. Dabei greife ich besonders zwei Themenfelder auf, nämlich "Ordnung der Welt" und "Ritualisierung des Lebens", welche die inhaltliche, formale, rhythmische und sequentielle Gestaltung rauschhaft abzuspielender Handlungsblöcke – und damit die Eckpunkte für "Können" – bestimmen.

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