So, herzlich willkommen zu unserem nächsten Podcast. Wir wollen uns hier mit einer kurzen
Einführung beschäftigen zum ersten etwas größeren im Vergleich zu den nachfolgenden
Themen gleichwohl etwas überschaubaren Bereich, nämlich zu den sogenannten Unterlassungsdelikten.
Vielleicht kurz zur Einordnung. Sie haben im Wintersemester sich ausführlich beschäftigt
mit dem vorsätzlichen vollendeten Begehungsdelikt. Und zu jedem dieser drei Strukturelemente des
Grundfalls vorsätzliches vollendetes Begehungsdelikt gibt es sozusagen eine korrespondierende alternative
Begehungsform. Vorsatz, damit korrespondiert die Fahrlässigkeit, Vollendung, damit korrespondiert
der Versuch und mit dem Begehungsdelikt korrespondiert eben das Unterlassungsdelikt. Das heißt,
anders als in den Fällen, die sie bisher hatten, wo immer irgendjemand etwas getan hat und
deswegen vielleicht strafbar sein sollte, geht es hier um Fälle, wo man für eine bloße
Untätigkeit strafbar sein kann. Jetzt fragen Sie sich vielleicht jung und dynamisch, wie
Sie sind. Gibt es das überhaupt, dass man überhaupt nichts tut, dass man einfach nur
untätig ist? Kann man das überhaupt machen? Hält man es überhaupt aus? Ich kann Ihnen
sagen, wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat, wie ich, Lebenszeitbeamter ist, dann
kann man sich das durchaus vorstellen, auch einfach mal untätig zu sein, einfach mal
zu sitzen und nichts zu machen. Nicht irgendwie ein Handy in der Hand zu haben, sondern einfach
mal dumm gegen eine Wand zu schauen. Also in meiner Kindheit, da gab es noch keine Handys,
ich habe sehr viel dumm gegen Wände geschaut. Das war für meine Entwicklung ganz wichtig,
aber gut, ist ein anderes Thema. Also unterlassen, ja so etwas ist vorstellbar. Und außerdem
gibt es ja auch Fälle, in denen jemand vielleicht tatsächlich etwas tut, aber wir bei der
Strafbarkeit nicht auf das abstellen können, was er wirklich aktiv tut, sondern eher auf
das, was er nicht tut. Stellen wir uns folgenden Fall vor. Vater V ist mit seinem fünfjährigen
Sohn auf dem Spielplatz und er merkt auf einmal, dass der Sohn beim Klettern irgendwie bei
einer Hütte abgerutscht ist und so halb durch eine Luke ins Dach hineingerutscht ist. Und
jetzt ist er so mit dem Kopf hängen geblieben. Gott sei Dank hat der Sohn einen großen breiten
Kopf, sodass er nicht durchgerutscht und runtergefallen ist, sondern so stecken geblieben ist und hat
so einen Ruck gemacht und jetzt hängt er hier so. Und eigentlich müsste man den Sohn rausholen.
Und was macht der Vater V? Er macht überhaupt nichts. Nein, das stimmt nicht. Er macht nicht
überhaupt nichts. Er steht herum, er hilft dem Sohn nichts, aber er macht schon etwas,
nämlich er bohrt in der Nase. Und er bohrt nicht nur ein bisschen in der Nase, also nicht
so, dass man sagt, da ist so ein Popel, der hängt sowieso fast schon raus und jetzt zieht
man ihn gar raus. Nein, der bohrt so richtig tief und angestrengt in der Nase, denn seit
seinem letzten Corona-Test, wo er gemerkt hat, als die da mit dem Stäbchen in der Nase
gebohrt haben, dass er offensichtlich zwischen der Nase und dem Rachen irgendwie eine Verbindung
besteht, hat er sich gesagt, das muss ich mit meinem dicken Finger auch schaffen. Ich möchte
das so tief hineinbohren, bis ich hinten wieder im Hals rauskomme. Und das ist ganz schön
anstrengend. Also wir können nicht sagen, dass der Vater nichts macht. Er macht etwas
sogar was ziemlich Ekeliges, aber bestrafen wollen wir ihn ja nicht dafür, dass er in
der Nase bohrt, also das vielleicht auch, aber das ist irgendwie nichts, was das staatliche
Strafrecht regelt, sondern bestrafen würden wir ihn dafür, dass er seinen Jungen da hängend
ist. Und um solch einen Hängenlassen, um solch eine Untätigkeit geht es bei den Unterlassungsdelikten
und dazu wollen wir uns ein bisschen herantasten anhand von einigen Beispielsfällen. Sie haben
in ihrem Skript hinten ein Blatt, das heißt Beispielsfälle zur Erarbeitung des Unterlassungsdeliktes.
Schlimmstenfalls halten Sie hier mal kurz das Video an und suchen sich im Skript dieses
Blatt raus, denn diese Beispielsfälle werden wir jetzt brauchen. So, jetzt haben Sie möglicherweise
die Beispielsfälle bei der Hand und wir wollen gleich mit dem ersten Beispielsfall beginnen.
Hätten wir jetzt eine richtige Vorlesung, könnte ich jetzt durch die Reihen gehen,
könnte irgendjemand von Ihnen bitten, dass er den Fall vorliest. Ich könnte das natürlich
jetzt hier versuchen zu simulieren, indem ich entweder mit einer ganz tiefen Stimme
vorlese oder mit einer ganz hohen Quietschigen, aber irgendwie ist das auch lächerlich und
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:35:34 Min
Aufnahmedatum
2021-03-31
Hochgeladen am
2021-03-31 11:47:33
Sprache
de-DE