2 - Was uns antreibt: Blick auf Deutschland [ID:53646]
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde des interreligiösen

Dialogs.

Ghassan El Masri hat eine große Erwartung an Deutschland formuliert.

Wir könnten hier vielleicht eine neue Friedensformel entwickeln.

Ich finde ihn ganz wunderbar.

Der Weg ist das Ziel und der Weg dorthin ist weit.

Denn die Trümmer, die wir sehen als Folge dieser Terrororgie der Hamas in Israel und

der überaus haschen Reaktion, die wir sehen im Gaza-Streifen mit vielen Toten, mit einem

Trümmerfeld nicht nur in optisch sichtbarer Weise, sondern auch in emotionaler Hinsicht.

Diese Umstände haben auch ihre Auswirkungen auf Deutschland.

Wir wissen, dass viele Beziehungen, die wir für stabil gehalten haben, im interreligiösen

Bereich zerbrochen sind oder durch jedenfalls im Moment nicht mehr funktionieren.

Wir haben starke Polarisierungs-Tendenzen, wir haben gegenseitige Verdächtigungen im

Kreise von unmittelbar Betroffenen dieses Konflikts, aber auch in der Gesamtgesellschaft.

Jüdische Menschen, arabische Menschen, palästinensische Menschen, muslimische Menschen fühlen sich

alleingelassen, fühlen sich nicht mehr wahrgenommen, überlegen sich, ob sie in diesem Land noch

leben können, ob sie hier eine Zukunft finden, ob sie Anerkennung haben.

Die Ängste sind groß und was wir feststellen ist, es gibt einen breitflächigen Empathiemangel.

Und das sage ich gerade auch als Wissenschaftsmensch, der hier vor Ihnen steht.

Es ist wichtig, dass wir in der Wissenschaft versuchen, sicherlich auch in der Gesamtgesellschaft,

Dinge zu verstehen, also wahrzunehmen auf einer kognitiven Ebene, was ist eigentlich passiert,

wie können wir das sortieren.

Aber ich glaube, wir sind stark unterentwickelt, was die Faktoren des Emotionalen angeht und

ich glaube, wir müssen sie mit einbeziehen, auch in unserer Arbeit, nicht im Sinne von

Aktivismus statt Wissenschaft, aber Wissenschaft für die Menschen.

Menschen, die leiden, und wir müssen ihr Leiden wahrnehmen und auch versuchen, einzuordnen.

Voraussetzung für dies alles ist eine faktenorientierte und faire Debatte über diese schrecklichen

Ereignisse, die nicht erst gestern begonnen haben, aber die mit dem 7.

Oktober nochmal eine neue Dimension eröffnet haben.

Ich denke, dieses 10-7 ist auch für die Debatte in Deutschland im Grunde etwas wie 9-11 geworden

und wir müssen lernen, damit umzugehen.

Es muss auch Raum geben in der Debatte für Trauer, für Trauer über menschliches Leid,

auch für Wut, solange es sich in friedlicher Weise artikuliert und nicht über andere herfällt.

Und ich glaube, eine Voraussetzung für alles Weitere in der Debatte ist wichtig, dass wir

anerkennen, dass viel Unrecht geschieht, dass viel Unrecht geschehen ist und dass jedes

Unrecht sich aufaddiert.

Man kann nicht Unrecht mit Unrecht verrechnen und das geschieht häufig in der öffentlichen

Debatte, aber die anderen haben doch auch und sie haben angefangen.

Ich glaube, wenn wir in diese Rechenweise einsteigen, dann haben wir schon verloren.

Nein, wir müssen wahrnehmen, dass Menschen Unrecht geschieht und jedes Unrecht muss als

solches wahrgenommen werden.

Ich denke, es gibt vier Stufen für eine angemessene Debatte über die Thematik, die man in ihrer

Reihenfolge sorgfältig einhalten muss.

Vier Ebenen der Aufklärung.

Die erste Ebene, Eroierung der Fakten.

Worüber reden wir überhaupt?

Und Katja Thörner hat schon angesprochen mit einem Zitat eines indischen Gelehrten, ein

bewertungsfreies Sammeln der Fakten ist schon schwierig genug, aber das muss der Anfang

sein und auch hier haben wir schon massive Defizite.

Ich habe von Meron Mendel gehört, der hier vor einigen Monaten vorgetragen hat.

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:26:50 Min

Aufnahmedatum

2024-07-11

Hochgeladen am

2025-09-02 12:27:28

Sprache

de-DE

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