Meine Damen und Herren, ich grüße Sie ganz herzlich zu einer weiteren Ausgabe des Kapitalmarktsrechts
in unserem Sommersemester 2020. Wir sind stehen geblieben beim Marktantritt, bei der Prospekthaftung,
bei den Ausschlussgründen. Da waren wir auch schon bei der letzten Untereinheit, wenn Sie sich
erinnern. Und stehen geblieben waren wir bei 12 Absatz 2 Nummer 1. Da ging es nämlich darum,
dass die haftungsbegründende Kausalität, also der Kausalzusammenhang zwischen fehlerhaften Prospekt
und Anlageentscheidung des klagenden Anlegers auf Schadensersatz, dass hier so ein Kausalnexus
besteht. Das ist der Punkt bei der haftungsgründigen Kausalität. Und nach 12 Absatz 2 Nummer 1 wird diese
Kausalnexus vermutet und der Schuldner, also der haftungsadressat, der Prospektverantwortliche,
muss seinerseits darlegen und beweisen, dass dieser Kausalnexus, dieser haftungsbegründende Kausalität
nicht besteht. 12 Absatz 2 Nummer 1. Wir hatten dann gesehen, wie machen es die Americaner,
Fraud on the Market Theory. Die sagen, naja, wir schiften den Bezugspunkt des Vertrauens. Wir sagen
nicht, der Anleger muss auf die konkrete Information vertraut haben, sondern wir erlauben,
dass der Anleger auf den Marktpreis, auf die Richtigkeit des Marktpreises vertraut und vermuten
dann, dass die Fehlinformation zu fehlerhaften Preisen geführt hat. In Deutschland hat die
Rechtsprechung so etwas ähnliches wie die Fraud on the Market Theory gemacht, bevor die Prospekthaftung
so im WPPG geregelt worden ist. Sie hat nämlich eine Art mittelbare Kausalität verlangt im
Zusammenhang mit der haftungsbegründenden Kausalität, die an die Fraud on the Market Theory
erinnert. Der Geschädigte hatte nämlich nicht nachzuweisen, musste nicht darlegen und beweisen,
dass er selbst den fehlerhaften Prospekt gelesen und daraufhin das WPPP gekauft hatte, also auch
davon dispensierte die Rechtsprechung, bevor das ins Gesetz gegossen worden ist. 12 Absatz 2 Nummer 1.
Stattdessen musste der Chancensatz verlangte Anleger darlegen und in bestreitensweiter Beweisen,
dass der fehlerhafte Prospekt am Markt eine positive Stimmung, beispielsweise in Form von
Kaufempfehlungen hervorgerufen hatte, sogenannte Anlagestimmung. Sogenannte Anlagestimmung.
Hatte der Anleger während einer solchen Anlagestimmung erworben, die er darlegen
und beweisen musste, hatte sich der Prospektfehler immerhin mittelbar auf seine Kaufentscheidung
ausgewirkt, die innerhalb der durch den Prospekt entstandenen Anlagestimmung gefallen war. Dies
reichte aus, um die haftungsbegründende Kausalität zu belegen nach der Rechtsprechung früher. Der
Gedanke ist auch hier ganz ähnlich wie bei der Fraud on the Market Theory. Der Markt nimmt über
Finanzintermediäre die im Prospekt enthaltenen Informationen auf und diese schlagen sich in der
Folge, neben anderen Faktoren, im Preis nieder. Also auch hier gehen wir davon aus, dass sich die
Prospektinformation im Preis nieder schlugen. Jedenfalls gingen der BGH davon aus, wenn eine
Anlagestimmung erzeugt war. Der Haftungsadressat konnte dem dann nur noch entgegenhalten, dass
eine etwa entstehende Anlagestimmung oder entstandene Anlagestimmung zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den
Anspruchsteller nicht mehr bestand, etwa wegen negativer Presseberichte über die Emission oder
wegen eines dramatischen Kursverfalls. So war das auch in Deutschland vor der gesetzlichen Regelung
der Beweislastumkehr für die haftungsbegründende Kausalität. Jetzt 12 Absatz 2 Nummer 1.
Die gesetzliche Regelung, die wir in 9 Absatz 1 Satz 1, 6 Monate seit Emission und 12 Absatz 2
Nummer 1, Beweislastumkehr in Bezug auf die haftungsbegründete Kausalität. Diese Kombination
ist dem Grundgedanken der Rechtsprechung zur Anlagestimmung verpflichtet. Hier wird also vermutet,
dass eine solche Anlagestimmung besteht und der Haftungsadressat musste wiederlegen,
dass nicht aufgrund des Prospektes erworben wird. Also in den ersten 6 Monaten wird einfach durch
das Gesetz angenommen, typisierend, es besteht diese Anlagestimmung und das kann widerlegt werden
nach 12 Absatz 2 Nummer 1, dass hier eine haftungsbegründete Kausalität zwischen fehlerhaften
Prospekt und Anlageentscheidung besteht. Hier steht das noch mal. Besteht nicht. Das ist der Wortlaut von
12 Absatz 2 Nummer 1. Nach der Regelung kann sich auf einen unrichtigen Prospekt, also beispielsweise
nicht berufen, wer bei seiner Kaufentscheidung der Empfehlung eines Freundes folgte, auf einen
vermeintlichen Insider-Tipp vertraute oder negative Presseberichte über die Emission gelesen hatte und
diesen mehr Glauben schenkte als dem Prospekt. Die Literatur folgert hier nun raus aus dem Umstand,
dass die gesetzliche Regelung letzten Endes vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zur Anlagestimmung
entstanden ist, dass die Kausalitätsvermutung auch widerlegt wird, wenn der Nachweis erfolgt,
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:25:35 Min
Aufnahmedatum
2020-06-08
Hochgeladen am
2020-06-08 16:46:45
Sprache
de-DE