8 - Politische Ideengeschichte von der Antike bis zur frühen Neuzeit [ID:21350]
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Liebe Studierende, jetzt geht es um Thomas Hobbs.

Klammerbemerkung, ich bin jetzt seit dreieinhalb Stunden ohne ernste Pause dabei, hier einen Futter nach dem anderen zu halten.

Ich hoffe, ich habe genug Spannkraft, das jetzt noch klar rüberzubringen.

Aber in jedem Fall, Sie haben ja das Quellenblatt und, wichtiger noch, die Gliederung. Ich denke, da kommen Sie klar.

Hobbs Interesse im politischen Denken lässt sich mit einem einzigen Wort zusammenfassen.

Souveränität. Also Hobbs steht für das moderne Souveränitätsdenken.

Moderne, souveräne Nationalstaat mit klaren Grenzen nach außen, mit Durchgriff im Inneren.

Das ist sein Projekt, sein theoretisches Projekt. Ein Stück weit ist es auch sogar in seiner Biografie präsent.

Vorweg. Also wir befinden uns jetzt bei Hobbs im späten 16., vor allem im 17. Jahrhundert, immer noch im Zeitalter der Konfessionskriege.

Und die Konfessionskriege haben Europa ja in permanente Wirren gestürzt, kulminierend im Dreißigjährigen Krieg hier auf dem Kontinent.

Also Konfessionskriege hat es in vielen Teilen Europas gegeben.

Und das Interesse war jetzt raus aus dieser fürchterlichen Zersplitterung, raus aus der konfessionellen Zersplitterung, aber auch aus anderen Formen der Zersplitterung.

Also der Zersplitterung eines Staatswesens, wo die Kompetenzordnung oft nicht ganz klar war, wo König und Adel gewisse Rechte auch gegeneinander hatten.

Manche Rechte auch sich aus Gewohnheiten speisten. Die Gewohnheiten waren aber möglicherweise nie einmal schriftlich fixiert worden.

Also vieles war unklar. Also der Prozess der Konsolidierung eines modernen Staates ist auch ein Prozess der Klärung.

Und das macht plausibel, dass es jedenfalls zeitweise zu einem Bündnis kam zwischen Aufklärung und Souveränitätsdenken und modernem Souveränitätsdenken Absolutismus.

Also der Begriff aufgeklärter Absolutismus, der ist ja schon so ein bisschen merkwürdig. Also wenn man jetzt Aufklärung versteht als auch ein emanzipatorisches Projekt,

da muss man sagen Aufklärung und Absolutismus, das passt doch gar nicht zusammen. Das werden wir sehen.

In der Tat, das passt nicht dauerhaft zusammen, aber in einer bestimmten historischen Konstellation war das Interesse an der Konsolidierung von Staatlichkeit,

an einer Überwindung all dieser fürchterlichen, die Gesellschaften zerreißenden Zersplitterung, das Interesse auch vieler intellektueller.

Also es gab insofern ein Bündnis, ein zeitweiliges Bündnis zwischen aufgeklärter Philosophie und dem Interesse, einen wirksamen, einen durchgreifenden Zentralstaat aufzubauen,

Territorialstaat aufzubauen mit Durchgriffsrechten und mit Souveränität. Souveränität nach innen, Souveränität nach außen.

Hobbs ist nicht der einzige frühneuzeitliche Denker, der dieses Projekt sozusagen intellektuell begleitet oder vorantreibt.

Ich will wenigstens einen anderen noch nennen, Jean Boudin. Jean Boudin, der den Begriff der Souveränität im modernen Sinne auch mitgeprägt hat

und sich jetzt mit folgenden Worten gegen die alte Vorstellung einer Mischverfassung wendet. Ich zitiere jetzt aus Jean Boudin.

Man hat behauptet, Frankreich sei eine Zusammensetzung aus den drei Staatsformen, also Monarchie, Aristokratie, Demokratie.

Das Parlament von Paris sei von aristokratischer Gestalt, die drei Stände, die Generalstände, verkörperten die Demokratie und der König stelle den monarchischen Faktor dar.

Diese Auffassung ist nicht nur absucht, sondern bedeutet zugleich Hochverrat. Also die Vorstellung Mischung.

Was ist, wenn die Mischung nicht klappt? Was ist in der Situation der Krise? Wer setzt sich durch?

Was Boudin einwendet ist, dass dieses Ideal einer gemischten Verfassung eigentlich nur in friedlichen Zeiten funktioniert.

Sobald es hart auf hart kommt, brauchen wir eine souveräne Gewalt. Alles andere ist im Grunde der latente Bürgerkrieg.

Und deshalb also das Festhalten an einer Idee eines irgendwie pluralen Institutionengefügers, wo es neben der Monarchie noch legitime Parallelgewalten geben könnte.

Checks and balances. Das ist im Grunde der latente Bürgerkrieg und ist von daher Hochverrat. Ist der geistige Bürgerkrieg.

Und damit will er aufräumen. Also das alte Ideal der Mischverfassung muss weg. Muss ersetzt werden durch die Idee eines wirklich souveränen Staats.

Und die Souveränität, die braucht einen Ort. Also souverän kann nur eine Gewalt sein. Alles andere ist Lebenslüde.

Noch ein Zitat von Boudin. Eine zerbrochene Krone kann nicht mehr als Krone bezeichnet werden. Ebenso verliert die souveräne Majestät ihre Größe, wenn man ihre Rechte irgendwie beschneidet.

Wenn ein Fürstsouveränitätsrecht auf ein Untertan überträgt, so verwandelt er den Diener in einen Partner. Damit aber hört er auf souverän zu sein.

Na ja, jetzt wird es dann noch theologisch. Wie der große souveräne Gott nicht einen zweiten, ihm ähnlichen Gott schaffen kann, da er unendlich ist und erwiesenermaßen nicht zwei unendliche Dinge nebeneinander existieren können,

so können wir sagen, dass der Fürst, den wir als Abbild Gottes bezeichnet haben, niemals einen Untertanen für ebenbürtig erklären kann, ohne damit gleichzeitig seine Macht zu zerstören.

Also hier souverän kann nur einer sein. Der Rekurs auf Theologie, auf den Fürsten als Abbild Gottes zeigt das modern.

Zwar einen modernen souveränitätsbegriff formuliert, ihn aber immer noch traditionell begründet. Also er greift auf theologische Motive zurück und ist insofern in der Tat noch ein Stück weit dann doch in der Linie eines traditionellen politischen Denkens.

Jedenfalls ist er weit weniger radikal als Hobbes. So, jetzt also zu Thomas Hobbes. Die biografischen Eckdaten geboren 1588, also spätestens 16. Jahrhundert, gestorben 1679.

Also über 90 Jahre alt geworden, unglaublich alt in der damaligen Zeit. Angeblich, das schreibt er selber, ist er zu früh zur Welt gekommen.

Also eine Frühgeburt hat stattgefunden, ausgelöst durch den Überfall der spanischen Armada auf England.

Und dann schreibt Hobbes, dass seine Mutter gleichsam Zwillinge zur Welt gebracht habe, nämlich ihn selber, Thomas, und die Angst.

Also Angst ist für Hobbes ein entscheidendes Motiv. Und aus der Angst heraus das Interesse an Sicherheit.

Sicherheit nicht zuletzt durch Klarheit. Also das sein intellektuelles Bestreben zielt immer auf Klarheit.

Aber eine Klarheit, die vor allem dazu führen soll, dass souveräne Staatlichkeit sich entfalten kann.

Dass alles andere Unsinn ist. Alles andere ist eigentlich Obscurantismus. Alles andere ist Lebenslüge. Das muss weggeräumt werden.

Also das ist ein in diesem Sinne auch aufräumendes Denken. Also Hobbes räumt ziemlich entschieden mit bestimmten Traditionen auf.

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:48:57 Min

Aufnahmedatum

2020-10-15

Hochgeladen am

2020-10-21 11:47:13

Sprache

de-DE

Hobbes

Tags

hobbes
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