Sehr geehrte Damen und Herren, es gibt ja Feiern, die mit ganz unterschiedlichen Gedanken,
Hoffnungen und Befürchtungen verbunden sind.
Die Eingeladenen kommen, weil sie denken, nach dieser Anstrengung braucht es einfach
einen würdigen Abschluss.
Sie denken, es gibt gute Musik und dass es einfach schön ist, mal den Alltag zu unterbrechen.
Oder weil es toll ist, dass Menschen aus so unterschiedlichen Bereichen zusammenkommen.
Aber natürlich gibt es vielleicht auch ambivalente Gefühle.
Man könnte denken, hoffentlich wird nicht zu lang geredet.
Und vielleicht ist die eine oder der andere auch nicht ganz freiwillig hier.
Und manche sind vielleicht auch ein bisschen unentspannt, weil sie heute in einer neuen
Rolle auftreten müssen.
Vielleicht weil sich ein Verantwortlicher gedacht hat, Beteiligung ist ganz, ganz wichtig.
Sie haben es sicherlich schon gemerkt.
Die Rede ist von Schulgottesdiensten.
Viele von Ihnen werden solche Angebote schon einmal besucht haben.
Zumindest, wenn Sie aus einem südlichen Bundesland kommen.
Hier werden Schulgottesdienste regelmäßig angeboten.
Etwa am Ende der Ferien, bzw. am Anfang des Schuljahres, zu den christlichen Feiertagen
und bei wichtigen Passagen der Bildungsbiografie, zum Beispiel bei der Einschulung oder auch
beim Abschluss der Schullaufbahn.
In meiner Habilitationsschrift habe ich nun eine Theorie von Schulgottesdiensten entworfen.
Diese beantworten zum Beispiel Fragen, wie lassen sich christliche Schulgottesdienste
in einer pluralen Gesellschaft heute eigentlich noch plausibilisieren?
Und wenn ja, wie?
Welche Kriterien für die Qualität solcher Angebote gibt es eigentlich?
Und wo kommen die eigentlich her?
Und wie können solche Angebote des religiösen Schullebens noch pluralitätsfähiger werden?
Zumindest einen Aspekt aus einem dicken Buch möchte ich heute zumindest anreisen.
Und zwar gehe ich davon aus, dass man sich dem Schulgottesdienstphänomen nur angemessen
nähern kann, wenn man es aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet.
Denn typisch für Schulgottesdienste ist ihr Zwischenraum Charakter.
Sie stehen zwischen Schule bzw.
Staat und Kirche auf der anderen Seite, zwischen Schulfamilie und christlicher Gemeinde.
Und sie stehen auch zwischen den Individuen und den Institutionen Schule und Kirche.
Ausgewählt habe ich rechtliche, allgemeinpädagogische, schulpädagogische,
religionspädagogische sowie auch liturgische Perspektiven, um mich diesem Phänomen zu nähern.
Sowohl für die Begründungen von Schulgottesdiensten als auch für die Frage nach deren Qualität
ist entscheidend, wie sie jeweils wahrgenommen werden.
Erscheinen sie zum Beispiel aus rechtlicher Perspektive primär als Ausdruck positiver
Religionsfreiheit und als Ausdruck des Elternrechts auf religiöse Erziehung ihrer Kinder, dann
ergibt sich ein Gütekriterium, das da heißt, sie müssen tatsächlich auch freiwillig sein.
Erscheinen sie aus pädagogischer Perspektive in erster Linie als Rituale bzw.
als Elemente des Schullebens, vielleicht auch als Bildungsorte, dann ergeben sich andere
Gütekriterien.
Dann müssen das Angebote sein, die für alle da sind, die die Gemeinschaft fördern.
Wieder anders ist es, wenn man diese Angebote primär als Gottesdienste begreift.
Dann muss das Evangelium im Vordergrund stehen und dann reicht es nicht, wenn man den Kinderbuchklassiker
Swimmy meditiert, weil man befürchtet, mit biblischen Geschichten die Nicht-Christianen
und Christen zu verschrecken.
Hier kommt es immer wieder zu Spannungen zwischen unterschiedlichen Warnungen und Begründungen
Presenters
PD Dr. Tanja Gojny
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:06:34 Min
Aufnahmedatum
2020-10-29
Hochgeladen am
2020-11-18 12:39:05
Sprache
de-DE