Liebe Angehörige der FAU, liebe Studierende, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Masken-Skandal, Impfkrise, Testmangel, Inzidenzwert, Chaos. Die Corona-Pandemie
geht nun ins zweite Jahr und die deutsche Politik gibt im Krisenmanagement derzeit keine gute
Figur ab. Warum das so ist und welche Folgen auf uns zukommen, darüber möchte ich heute mit
meinem Gast sprechen. Professor Dr. Roland Sturm ist an der FAU Leiter des Lehrstuhls für deutsche
und vergleichende Politikwissenschaft, Europaforschung und politische Ökonomie.
Herzlich willkommen, Herr Kollege Sturm. Wie geht es Ihnen?
Danke, freue mich, was zu diesem Thema sagen zu dürfen.
Ja, wir beobachten, unsere Bevölkerung in Deutschland ist zermürb. Die Regierung scheint
am Ende ihrer Weisheit und noch immer gibt es keine richtige Strategie zum Umgang mit dem
gefährlichen Infektionsgeschehen. Allenfalls sehr kurzfristige und spontane Reaktionen.
Woher kommt eigentlich diese Zögerlichkeit, die wir beobachten?
Viele machen natürlich einzelne Politiker verantwortlich. Aus Sicht der Politikwissenschaft
hat das sehr viel zu tun mit dem Problem, das zu lösen ist, das gerne als vertraktes Problem,
als wirkliches Problem eingesortiert wird. Es geht einfach darum, dass die Politik nicht mit ihren
üblichen Lösungen weit kommt. Also das Problem zu ignorieren geht nicht. Das wird ja oft gemacht
in der Politik, dass Probleme einfach ignoriert werden. Es geht auch nicht, das Problem später
zu lösen. Auch da haben wir ja jetzt bei der Klimakrise 2030, 2050 und sonst, das kann man
bei der Pandemie ja nicht machen. Und man kann auch keinen Kompromiss mit dem Virus schließen,
nicht? Also das Virus ist für Kompromisse nicht zugänglich und das ist das übliche, was die
Politik kann und versucht, auch untereinander. Aber das bedeutet eben, dass das Ganze nach außen
zögerlich erscheint und verstärkt wird. Auch dadurch, auch durch die Medien, die jetzt inzwischen
sind im Zeitalter des Sofortismus, es muss sofort entschieden werden und das geht halt bei dem Virus
nicht, das verschwindet nicht sofort, auch wenn man es gerne möchte. Jetzt schauen wir uns mal die
Maßnahmen an mit Lockdowns, die keine Sinn, Schulöffnungen und auch langem Widerstand gegen
eine Homeoffice-Pflicht bei hohen Infektionszahlen. Damit hat doch die deutsche Politik einen Weg
gewählt, der das Wachstum der Wirtschaft über das Grundrecht des Einzelnen auf Leben und körperliche
Unversehrtheit stellt. Dient aus Ihrer Sicht dieses Vorgehen tatsächlich noch dem Wohl des
Volkes, dem sich viele gewählte Politikerinnen und Politiker in ihrem Amtseid natürlich auch
verpflichtet haben? Ich glaube, die Politik hat nie so grundsätzlich nachgedacht über das Wohl
des Volkes, sondern immer über das Machbare und da werden ja auch von außen Virologen und Ähnlichem
Tipps gegeben, was zu tun wäre und in der allgemeinen Hilflosigkeit hängt man sich da dran. Ob das
nun immer die beste Lösung ist, da kann man sich darüber streiten. Also wenn Sie Großbritannien
anschauen, da hat man am Anfang gesagt, ist alles wurscht, das wird sich schon geben. Man hat dafür
viel mehr Tote als in Deutschland und jetzt hat man plötzlich auf Impfen gestellt, auch Atta-Hoch
und da hat sehr viel geimpft und das ist jetzt erfolgreich. Also das ist mehr experimenteller
Politik als planender Politik. Insofern ist es schwierig vom Amtseid auszugehen.
Uns Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommt natürlich auch in der Pandemie jetzt eine ganz
wichtige Rolle zu und anfangs hat die Politik ja auch sich sehr eng mit der Wissenschaft abgestimmt
im Fortschreiten der Pandemie. So ist unser Eindruck, hört die Politik zunehmend weniger auf
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wenn man sich anschaut die gefährlichen Virusvarianten,
die jetzt auch in der Wissenschaft diskutiert werden oder das Thema exponentielles Wachstum oder
auch die ganze Problematik rund um das Infektionsgeschehen der Kinder, der Jugendlichen,
die ja auch als Infektionsherd wahrgenommen werden. Wie erklären Sie sich das, dass die
Wissenschaft die Politik an dieser Stelle nicht erreicht? Sie können noch als aktuelles Beispiel
die Niederlande hinzufügen, die höhere Inzidenzwerte wie wir haben und im Augenblick alles
geöffnet haben und gegen den Widerstand der Kliniken in Niederlande und so weiter und
der Punkt ist nicht der und das hat Herr Rutte, der niederländische Ministerpräsident, ja gesagt,
die Bevölkerung will das und die Politik ist zum Teil bereit diesen Wunsch zu folgen gegen
besseres Wissen, auch weil man beweisen will, dass man handlungsfähig ist. Die Handlungsfähigkeit
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:12:28 Min
Aufnahmedatum
2021-04-29
Hochgeladen am
2021-05-05 12:44:51
Sprache
de-DE