Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Professor
Uda, das war eine sehr kreative und von mir natürlich bisher nicht gekannte Einleitung,
die aber vielleicht doch einige interessante Metaperspektiven auf das Thema uns werfen lässt.
Ich freue mich sehr, dass Sie den Blick zurück in die Entwicklung der Universitätsmedizin hier in
Erlangen werfen, aber dieses Thema ist gleichzeitig ein Blick auf moralische Themen, die nicht nur
das Medical Valley in Franken beschäftigen, sondern die nationale, ja sogar internationale
Diskussionen hervorgehoben hat. Mit dem Bild, das die Pressestelle mit dem Vortrag verknüpft hat,
sind wir bereits bei dem ersten erklärungswürdigen Begriff meines Obertitels. Erlanger Wunder-Bibis,
kann es so etwas geben in einer Zeit moderner Naturwissenschaft und Technik, sind Wunder noch
möglich? Und noch schwieriger scheint es mit dem zweiten Terminus zu sein, Gottkommitees. Warum
sollte die Medizinethik die Theologie jetzt ersetzen wollen? Mit dem Blick auf die Geburt
der Medizinethik möchten wir die Entwicklung der Geschichte der Medizin hier am Universitätsklinikum
genauer ansehen und einen Blick werfen auf die Meilensteine von Schlüsselfällen. Wir haben mit
dem ersten dramatischen Fall einen Kasus, der uns im Jahr 2007 genau zum Weihnachtsfest beschäftigt
hat durch den Anruf des Kollegen Professor Beckmann, Leiter der Frauenklinik und Geburtsmedizin,
der sich an das klinische Ethikkomitee gewandt hat mit der Frage, wie sollen wir vorgehen in
einem Fall, in dem eine 40-jährige Patientin nach Herzinfarkt ins Koma gefallen war, aber dann
bemerkt wurde, sie ist schwanger. Hier haben Sie bereits das Ergebnis, die Auflösung, die nach
etwa zwei Jahren intensiver klinischer, aber auch medizinethischer Diskussion für internationale
Aufmerksamkeit gesorgt hat. Es sei ein Wunder gewesen, so die populäre Bildzeitung, die Yellow
Press auch international, was Ärzte und Forscher in Erlangen erreicht hätten. Ein singuläres
Ereignis, dass eine Frau über so einen langen Zeitraum trotz Bewusstlosigkeit und tiefen Koma,
trotz heikler Kreislaufsituation noch ein gesundes Kind auf die Welt bringen kann. Im Jahr 2009,
Sie merken die Differenz, wurde im Oktober hier am Universitätsklinikum eine Pressekonferenz
veranstaltet, die laut Leiter der Pressestelle die Meldungen hervorbrachte, die am weitesten über
den Globus verteilt wurden. Das Erlanger Wunderbaby ging durch alle Medien, Printmedien,
Fernsehsendungen, Radioberichte. Es waren 50 Reporter anwesend, als Mitte Oktober 2009 die
Klinik eingeladen hatte zur Erklärung für die Hintergründe dieses Falles. Sie kämpften um das
Wunschbaby, so stand es etwa im Fokus. Ärzte haben Unglaubliches vollbracht. Es grenzte ein
Wunder. Sicherlich war es kein Wunder im historisch-landläufigen Sinne, sondern vor
allem hervorragende Arbeit der Medizin und Pflege hier im Universitätsklinikum, die diese Frau,
die in der 18. Woche schwanger war, einen kompletten Kreislaufschock hatte, auch dann im dauerhaften
Koma sich befand, über den Zeitraum von 16 Wochen am Leben halten konnten, mit Schwangerschaft,
die dann zur Geburt eines gesunden Kindes führte, der fortan als Erlanger Junge in die Chroniken
der Universitätsmedizin eingehen sollte. Wir haben nicht miteinander gekämpft, aber es war
ein Dialog mit der Frauenheilkunde. Es war ein gemeinsames Beraten mit dem Ethikkommitee und der
zuständigen Gruppe der AG, der Arbeitsgruppe Ethikberatung. Die mitbeteiligten Disziplinen,
nicht nur mit Herrn Prof. Beckmann, sondern auch mit weiteren Kollegen aus der inneren Medizin,
aus der Diabetologie, aus der Pflege, aber eben auch aus dem Bereich der medizinrechtlichen und
medizinethischen Expertise zur Entscheidung kam, wie diese Vorgehensweise in den einzelnen
Stadien der Schwangerschaft sinnvoll vorangebracht werden kann. Die meisten von Ihnen können sich
vielleicht noch an diesen Fall erinnern, wenn Sie damals in Erlangen waren. Und auch die internationale
Presse hat sich sehr schnell daran erinnert, dass dieser Erlanger Junge in Anführungszeichen ja
offenbar ein Wiederholungsfall war. Ups, they did it again, hatte eine englsprachige Zeitung
getitelt und spielte damit an auf den sogenannten Erlanger Babyfall, der im Jahr 1992 ebenfalls für
große internationale Aufmerksamkeit gesorgt hat. Wir werden auf diesen Fall und den Erlanger Babyfall
noch mal genauer eingehen. So viel vielleicht zur Einleitung und Einführung. Die Brücke zur
Mumie ist vielleicht nicht ganz so leicht für eine Patientin, die natürlich als Person im Koma
liegt und alle Rechte und die Würde eines Patienten hat. Aber genau diese Dinge werden
wir vertiefen. Ich möchte mit Ihnen ausgewählte Kasuistiken, einige Schlüsselfälle, die für die
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:54:40 Min
Aufnahmedatum
2016-04-04
Hochgeladen am
2016-04-08 11:05:26
Sprache
de-DE