Mein Vortrag ist überschrieben mit dem Thema Jenseits der Flüchtlingskrise und die steht
auch ganz bewusst in Anführungsstrichen. Ich werde nachher noch erläutern, warum ich immer
von der sogenannten Flüchtlingskrise sprechen werde. Und hier steht dann Fluchtursachen,
Fluchtwege, Fluchtburgen. Und bei den Fluchtursachen war nicht vor, dass ich nicht so weit zurück gehe
in die Herkunftsländer, denn wir haben von meinem geschätzten Kollegen Thomas Demmelhuber einen
Vortrag, der in der nächsten Woche sich mit den nahöstlichen Herkunftsländern auseinandersetzen
wird. Nichtsdestotrotz werde ich bei einigen Fluchtursachen anfangen. Und ich werde mich
konzentrieren auf die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union und beginnen mit dem Ziel
der Europäischen Union, der Kooperation mit den Herkunfts- und Transitstaaten. Man kann sich die
europäische Flüchtlingspolitik vorstellen als in drei konzentrischen Kreisen, die so von außen
nach innen gehen, gedacht. Und der erste Zirkl ist tatsächlich der von außen kommend, die Kooperation
mit den Herkunfts- und Transitstaaten. Hier werde ich Ihnen ein Beispiel vorstellen, nämlich das
Beispiel Sateri aus Jordanien. Herr Leugring hat schon gesagt, wir haben dort ein Projekt in der
Lehre. Und ich werde Ihnen da ein bisschen was vorstellen, was ich in Jordanien erfahren habe.
Der zweite konzentrische Kreis von außen nach innen sind die Transitrouten. Und was passiert
eigentlich auf den Transitrouten ist mein zweites Thema. Auch hier werde ich ein Beispiel
rausgreifen, nämlich das Beispiel Euna Formet, fürchterliches Kürzel erkläre ich gleich, oder
Operation Sophia. Und das dritte Ziel ist dann im inneren Zirkl schon die Frage, wie geht denn die
Europäische Union mit den Flüchtlingen um, sobald sie in der Europäischen Union angekommen sind,
umgekommen. Das ist ja sehen Sie, umgekommen tatsächlich, weil Sie wissen, dass heute,
just heute, ein Jahr nachdem über 800 Menschen im vergangenen Jahr im Mittelmeer ertrunken sind,
auch heute wieder über 300 Menschen wohl im Mittelmeer verunglückt sind, vor, auf dem Weg von
Ägypten nach Italien. Deswegen entschuldigen Sie diesen Fauxpas, aber es ist nicht ganz von
ungefähr, dass man schon so weit ist, dass man so redet. Ich werde zu jedem dieser Kreise, wie
gesagt, ein Beispiel herausgreifen und anhand dessen illustrieren, wo ich die neuralgischen Punkte der
europäischen Flüchtlingspolitik sehe und dazu auch einige Thesen entwickeln. Das ist das Flüchtlingscamp
Sateri in Jordanien. Es ist direkt an der syrischen Grenze, mitten in der Wüste und dort leben derzeit
über 80.000 Menschen. Sie haben das vielleicht schon mal in den Medien gesehen, das ist sehr
häufig schon in den Medien gewesen und im Rahmen des Projekts, das Herr Läugering erwähnt hat,
das Social Work with Refugees, in dem wir mit verschiedenen deutschen und jordanischen Kollegen
in Amman versuchen, einen neuen Studiengang auf die Beine zu stellen, und wir sind eigentlich schon
sehr weit damit, hatten wir auch Gelegenheit, das Camp von innen zu sehen. Kurz zu dem Rahmen dazu,
Jordanien hat über 650.000 Flüchtlinge aufgenommen. Jordanien ist nicht mal das
jenige Land, das am meisten Flüchtlinge in der Region hat. Anteilich ist es der Libanon. Im
Libanon leben sogar 1,15 Millionen Flüchtlinge. Dazu kommen noch mehrere hunderttausend, die gar
nicht registriert sind und einige tausend Schutzsuchende aus dem Irak und eine halbe
Million Palästinenser, die seit vielen, vielen Jahrzehnten in völlig überfüllten Flüchtlingscamps
wohnen. Der Libanon hat eine einheimische Bevölkerung von vier Millionen Einwohnern,
das hieße also, das ist ein Flüchtlingsanteil von 30 Prozent. Und wenn man das auf Deutschland
hochrechnen würde, dann müssten wir 24 Millionen Personen innerhalb von vier Jahren aufnehmen. Zum
Vergleich, Deutschland hat 2,5 Prozent der Bevölkerung an Flüchtlingen derzeit aufgenommen.
Das heißt nicht, dass ich jetzt dem das Wort reden würde, die nehmen alle viel mehr auf. Das heißt
nicht, dass die Menschen dort in ähnlichen Bedingungen leben und ähnliche Integrationchancen
haben wie bei uns. Ich möchte nur noch mal zu bedenken geben, dass die Medien manchmal
den das Bild vermitteln, dass wir hier sehr viele Flüchtlinge in Europa aufnehmen. Das ist richtig,
aber anteilig sind die meisten Flüchtlinge in der Tat in anderen Ländern, nämlich nicht in
Europa, sondern in der Türkei. In Pakistan sind natürlich dann aus anderen Regionen im Libanon,
im Iran und in Äthiopien. Aber zurück nach Jordanien, das ist jetzt im Camp. Das kann man
sich so vorstellen, dass so ungefähr die Behausungen aussehen, weil die jordanische
Regierung nicht möchte, dass dort feste Behausungen entstehen, dass alles, was irgendwie nach
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:23:40 Min
Aufnahmedatum
2016-04-18
Hochgeladen am
2016-04-22 14:42:36
Sprache
de-DE
Ob aus Afrika oder dem Nahen Osten: Wer nach Europa will, muss sich auf Schlepper einlassen. Jede Etappe ist auf andere Art gefährlich. Erst zu Fuß durch die Sahara, danach mit dem Schlauchboot über das Mittelmeer. Und wie geht es dann in Europa weiter?
Im Vortrag von Prof. Dr. Petra Bendel geht es um vier Kernfragen der europäischen Flüchtlingspolitik: Inwiefern kooperieren die EU-Länder mit den Herkunfts- und Transitstaaten der Flüchtlinge? Werden die Transitrouten überprüft? Wie werden die Flüchtlinge im Inneren der Europäischen Union verteilt und behandelt? Welche Instrumente stehen der EU zur Verfügung, um den großen Zuzug zu bewältigen? Um die aktuell eingeschlagene Politik zu bewerten, schlägt die Expertin klare Kriterien vor, die in den selbst gesetzten Normen der EU und ihrer Mitgliedstaaten wurzeln. Sie diskutiert zudem, wie realistisch alternative Vorschläge für eine Lösung der Krise sind und welche Handlungsoptionen sich daraus ergeben können.