10 - Jenseits der „Flüchtlingskrise“: Fluchtursachen, Fluchtwege, Fluchtburgen [ID:6194]
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Mein Vortrag ist überschrieben mit dem Thema Jenseits der Flüchtlingskrise und die steht

auch ganz bewusst in Anführungsstrichen. Ich werde nachher noch erläutern, warum ich immer

von der sogenannten Flüchtlingskrise sprechen werde. Und hier steht dann Fluchtursachen,

Fluchtwege, Fluchtburgen. Und bei den Fluchtursachen war nicht vor, dass ich nicht so weit zurück gehe

in die Herkunftsländer, denn wir haben von meinem geschätzten Kollegen Thomas Demmelhuber einen

Vortrag, der in der nächsten Woche sich mit den nahöstlichen Herkunftsländern auseinandersetzen

wird. Nichtsdestotrotz werde ich bei einigen Fluchtursachen anfangen. Und ich werde mich

konzentrieren auf die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union und beginnen mit dem Ziel

der Europäischen Union, der Kooperation mit den Herkunfts- und Transitstaaten. Man kann sich die

europäische Flüchtlingspolitik vorstellen als in drei konzentrischen Kreisen, die so von außen

nach innen gehen, gedacht. Und der erste Zirkl ist tatsächlich der von außen kommend, die Kooperation

mit den Herkunfts- und Transitstaaten. Hier werde ich Ihnen ein Beispiel vorstellen, nämlich das

Beispiel Sateri aus Jordanien. Herr Leugring hat schon gesagt, wir haben dort ein Projekt in der

Lehre. Und ich werde Ihnen da ein bisschen was vorstellen, was ich in Jordanien erfahren habe.

Der zweite konzentrische Kreis von außen nach innen sind die Transitrouten. Und was passiert

eigentlich auf den Transitrouten ist mein zweites Thema. Auch hier werde ich ein Beispiel

rausgreifen, nämlich das Beispiel Euna Formet, fürchterliches Kürzel erkläre ich gleich, oder

Operation Sophia. Und das dritte Ziel ist dann im inneren Zirkl schon die Frage, wie geht denn die

Europäische Union mit den Flüchtlingen um, sobald sie in der Europäischen Union angekommen sind,

umgekommen. Das ist ja sehen Sie, umgekommen tatsächlich, weil Sie wissen, dass heute,

just heute, ein Jahr nachdem über 800 Menschen im vergangenen Jahr im Mittelmeer ertrunken sind,

auch heute wieder über 300 Menschen wohl im Mittelmeer verunglückt sind, vor, auf dem Weg von

Ägypten nach Italien. Deswegen entschuldigen Sie diesen Fauxpas, aber es ist nicht ganz von

ungefähr, dass man schon so weit ist, dass man so redet. Ich werde zu jedem dieser Kreise, wie

gesagt, ein Beispiel herausgreifen und anhand dessen illustrieren, wo ich die neuralgischen Punkte der

europäischen Flüchtlingspolitik sehe und dazu auch einige Thesen entwickeln. Das ist das Flüchtlingscamp

Sateri in Jordanien. Es ist direkt an der syrischen Grenze, mitten in der Wüste und dort leben derzeit

über 80.000 Menschen. Sie haben das vielleicht schon mal in den Medien gesehen, das ist sehr

häufig schon in den Medien gewesen und im Rahmen des Projekts, das Herr Läugering erwähnt hat,

das Social Work with Refugees, in dem wir mit verschiedenen deutschen und jordanischen Kollegen

in Amman versuchen, einen neuen Studiengang auf die Beine zu stellen, und wir sind eigentlich schon

sehr weit damit, hatten wir auch Gelegenheit, das Camp von innen zu sehen. Kurz zu dem Rahmen dazu,

Jordanien hat über 650.000 Flüchtlinge aufgenommen. Jordanien ist nicht mal das

jenige Land, das am meisten Flüchtlinge in der Region hat. Anteilich ist es der Libanon. Im

Libanon leben sogar 1,15 Millionen Flüchtlinge. Dazu kommen noch mehrere hunderttausend, die gar

nicht registriert sind und einige tausend Schutzsuchende aus dem Irak und eine halbe

Million Palästinenser, die seit vielen, vielen Jahrzehnten in völlig überfüllten Flüchtlingscamps

wohnen. Der Libanon hat eine einheimische Bevölkerung von vier Millionen Einwohnern,

das hieße also, das ist ein Flüchtlingsanteil von 30 Prozent. Und wenn man das auf Deutschland

hochrechnen würde, dann müssten wir 24 Millionen Personen innerhalb von vier Jahren aufnehmen. Zum

Vergleich, Deutschland hat 2,5 Prozent der Bevölkerung an Flüchtlingen derzeit aufgenommen.

Das heißt nicht, dass ich jetzt dem das Wort reden würde, die nehmen alle viel mehr auf. Das heißt

nicht, dass die Menschen dort in ähnlichen Bedingungen leben und ähnliche Integrationchancen

haben wie bei uns. Ich möchte nur noch mal zu bedenken geben, dass die Medien manchmal

den das Bild vermitteln, dass wir hier sehr viele Flüchtlinge in Europa aufnehmen. Das ist richtig,

aber anteilig sind die meisten Flüchtlinge in der Tat in anderen Ländern, nämlich nicht in

Europa, sondern in der Türkei. In Pakistan sind natürlich dann aus anderen Regionen im Libanon,

im Iran und in Äthiopien. Aber zurück nach Jordanien, das ist jetzt im Camp. Das kann man

sich so vorstellen, dass so ungefähr die Behausungen aussehen, weil die jordanische

Regierung nicht möchte, dass dort feste Behausungen entstehen, dass alles, was irgendwie nach

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

01:23:40 Min

Aufnahmedatum

2016-04-18

Hochgeladen am

2016-04-22 14:42:36

Sprache

de-DE

Ob aus Afrika oder dem Nahen Osten: Wer nach Europa will, muss sich auf Schlepper einlassen. Jede Etappe ist auf andere Art gefährlich. Erst zu Fuß durch die Sahara, danach mit dem Schlauchboot über das Mittelmeer. Und wie geht es dann in Europa weiter?

Im Vortrag von Prof. Dr. Petra Bendel geht es um vier Kernfragen der europäischen Flüchtlingspolitik: Inwiefern kooperieren die EU-Länder mit den Herkunfts- und Transitstaaten der Flüchtlinge? Werden die Transitrouten überprüft? Wie werden die Flüchtlinge im Inneren der Europäischen Union verteilt und behandelt? Welche Instrumente stehen der EU zur Verfügung, um den großen Zuzug zu bewältigen? Um die aktuell eingeschlagene Politik zu bewerten, schlägt die Expertin klare Kriterien vor, die in den selbst gesetzten Normen der EU und ihrer Mitgliedstaaten wurzeln. Sie diskutiert zudem, wie realistisch alternative Vorschläge für eine Lösung der Krise sind und welche Handlungsoptionen sich daraus ergeben können.

Tags

Menschenrechte Herkunftsstaaten Transitstaaten Zaatari Schlepper EUNAVFOR-MED Solidarität Verteilungsquote Verteilungsschlüssel Transitrouten Asylanträge Flüchtlingsrechte EU Europa
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