Vielen Dank für die einführenden Worte.
Die kleine Programmenänderung – eigentlich ist es ja nur eine
Titeländerung – muss ich nun nicht mehr erklären.
Ich habe den Vortrag in drei Teile geteilt, die ich Ihnen zunächst einmal nennen möchte.
Der erste heißt Dujonisos, wo es um die Ursprünge der Ekstase,
die dann auch auf Wagner Einfluss gehabt haben, gehen soll.
Der zweite Teil, der Venusberg – ich sage jetzt einmal nicht, worum es da genauer geht,
die Doppeldeutlichkeit soll bestehen bleiben – und drittens dann Tristan und Isolde.
Erstens, Dujonisos.
Eine Schar wilder Frauen braust durch die Berge und Täler des alten Griechenlands.
Es sind die Mainaden, die mythischen Begleiterinnen des Gottes Dujonisos.
Mit aufgelöstem Haar, nur spärlich mit einem Tierfell bekleidet,
mit Efeu begrenzt und Schlangen umgürtet, unter ekstatischen Verrenkungen den Tujonisos schwingend,
schlagen sie Milch, Wein und Honig aus den Felsen, säugen junge Tiere
oder zerreißen sie und verzehren sie roh.
Wer es wagt, ihr nächtliches Treiben zu belauschen, der erleidet ein ähnliches Schicksal.
Er wird bei lebendigem Leib zerstückelt.
So oder ähnlich lauten die Beschreibungen einer im achten Jahrhundert vor Christus
in Griechenland aufkommenden religiös-kulturellen Bewegung,
die vor allem Frauen wie eine Art Epidemie erfasst.
Sie lassen Besitz und Familie im Stich und ziehen in die Wildnis,
um dort ihren Gott Dionysos in geheimen Riten zu verehren.
Dionysos ist ein fremder, aus Trakien stammender Mysteriengott,
für den im griechischen Pantheon zunächst kein Platz zu sein schien.
Aber immer, wenn man dem Gott die gebührende Ehre verweigerte,
setzte er sich durch machtvolle Taten zur Wehr.
Oripides erzählt in seinem Drama Die Bacchren, die tragische Geschichte von Pentheus,
dem König von Theben, welcher den Gott und das ausgelassene Treiben der Frauen
vergeblich zu bekämpfen versuchte.
Auf den listigen Rad des Dionysos will er als Frau verkleidet eine Feier der Menaden belauschen.
Sie entdecken ihn, und Pentheus wird von der Hand seiner eigenen Mutter
im ekstatischen Rausch zerrissen.
Was ist das für ein merkwürdiges Gebaren, was für ein grausam blutiger Kult,
der offenbar alle Schranken der Kultur überwindet und sich in ekstatischen Taumel ergeht?
Um diese Fragen zu beantworten, sind zunächst einige Begriffsklärungen notwendig.
Zunächst die Klassik, die Klassik des Griechischen Verbums,
exhistastei, was so viel wie herausstehen bedeutet,
im übertragenen Sinne also so viel wie außer sich sein.
Im klassischen Griechisch bezeichnet der Begriff alle Zustände und Handlungen,
die das normale Maß überschreiten.
So etwa die Ekstasis manichae, das verrückt sein,
oder die Ekstasis arthron, die Verrenkung der Glieder des Körpers.
Der Dionysische Kult ist durchweg mit solchen, das ausgewogene Maß überschreitenden
manischen Handlungen verbunden.
Im 19. Jahrhundert zur Zeit der Romantik kam der Begriff Ekstase in Mode,
allerdings in einem abgeschwächten, allgemein als leidenschaftlich verstandenen,
Leidenschaftlichkeit verstandenen Sinn.
Mit der Ekstase zum Teil synonym wird zweitens auch der Begriff der Mania gebraucht.
Mania bedeutet Rasserei, Wahnsinn, Wut, aber auch religiöse Begeisterung.
Das hatte für die Griechen einen durchaus positiven Sinn.
Presenters
Prof. Dr. Eckhard Roch
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:03:32 Min
Aufnahmedatum
2009-11-03
Hochgeladen am
2011-04-11 13:53:27
Sprache
de-DE