1 - 1A Osterlied "Auf, auf mein Herz mit Freuden" Einführung und Musik [ID:14548]
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Herzlich willkommen zur Vorlesung des Phänomenen Paul-Gerhard Lieder. Einige, die zuhören, werden

das letzte Semester schon da gewesen sein. Andere sind neu. Schön, dass Sie sich auch interessieren.

Ich werde es so halten, dass ich schwerpunktmäßig jetzt in diesem Semester die Lieder vornehme,

die zur Kirchenjahreszeit passen. Das heißt, wir fangen natürlich mit Ostern an, denn Ostern

liegt unmittelbar hinter uns und wir enden natürlich mit dem Paul-Gerhard-Lied schlechthin,

nämlich mit dem sogenannten Sommerlied, geh aus mein Herz und suche Freut, dass wir ja schlecht

im letzten Wintersemester besprechen konnten. Ich werde immer wieder Dinge von allgemeiner Bedeutung

zur Vita, zu den Ausgaben, zu den Gesangbüchern, zu den Sätzen, zu den Komponisten einstreuen,

die im letzten Semester natürlich auch schon gesagt wurden. Da wiederholt sich dann also etwas,

aber das schadet ja bekanntlich im Allgemeinen gar nichts. Wir wollen also beginnen mit dem

Osterlied Paul Gerhards, das im Gesangbuch steht. Es ist das Lied mit dem schönen Einstieg auf,

auf mein Herz mit Freuden im Gesangbuch die Nummer 112. Ich habe abgelegt als Arbeitsmaterial eine

Kopie mit handschriftlichen Eintragungen von mir aus der Edition des Gesangbuchs, in dem es erschienen

ist, Praxis Pietatis Melica, das ist das Kürzel PPM, wo die Musik mit zwei Systemen gedruckt ist,

da oben die Melodie und der Bass und noch eine zweite Variante, wo sechs Stimmen abgedruckt sind,

der volle Satz und die zwei Oberstimmen für Violinen. Ich habe eine Aufnahme, wie auch schon

im letzten Semester, von diesem vollen Satz von der Musikalischen Kompanie 2014 aufgenommen an

originaler Tette in Berlin, Nikolai Kirche und das habe ich als Klangbeispiel unterlegt. Es sind da

nicht alle Strophen, sondern fünf Strophen und es wird wechselweise gesungen von vier Sängern oder

nur einem, einmal eine Männerstimme, einmal der Knabe, der sonst sopran singt. Also es wäre sinnvoll,

dass Sie sich jetzt als erstes dieses Klangbeispiel, das ja auch hochgeladen ist,

einfach anhören und genüsslich und wohlwollend zuhören. Ja, ich möchte zunächst bei der

musikalischen Fassung etwas verweilen, also erst nachher zum Text gehen, was natürlich auch

besonders spannend ist, aber da wir nun die Musik unmittelbar im Ohr haben, einige Sachen dazu und

diejenigen, die im letzten Semester schon da waren, kennen das schon, aber es schadet wie gesagt ja

nichts. Das Besondere daran ist, dass Johann Krüger, der Kantor an der Berliner Nikolai Kirche,

diese Art von musikalischem Setting, wie man heute sagen würde, von musikalischem Setting von

geistlichen Liedern erfunden hat. Das Besondere ist, ist ein vierstimmiger Satz, das wäre nichts

ungewöhnliches, das gibt es auch sonst in dieser Zeit, mit der Melodie im Sopran, der sogenannte

Kanzionalsatz, aber darüber noch zwei sogenannte konzertierende Violinen, die durchaus auch

schnellere Töne spielen als die Sänger singen, also es ist wirklich ein Schmuck, eigentlich müsste

man sagen eine Corona, eine Krönung, im Wort sind sie sehen ja auch in den Noten, dass die beiden

Violinstimmen schön oben drüber notiert sind, also tatsächlich wie der Tonsatz ist eigentlich das

Haupt, wo gesungen wird und darüber als Zierte, als Krone noch zwei Violinstimmen. Das ist eine

hohe Kunst, überhaupt solche Sätze mit plausibler Stimmführung zu schreiben, denn man muss ja immer

aufpassen, dass es keine Quintparallellen und sowas gibt und das hat Krüger meisterhaft

beherrscht, er war der erste, der das so gemacht hat und viele sind ihm darin nicht gefolgt, weil

das einfach schwierig ist, das Satz technisch zu realisieren. Nun haben wir bei dieser Aufnahme in

allen fünf Strophen, die Sie gehört haben, immer die Violinen mit dabei gehabt, falls Sie genau zu

gehört haben, haben Sie festgestellt, dass die Violinen nicht immer dasselbe spielen, es gibt

kleine Abweichungen und das kommt von daher, dass Johann Krüger zwei verschiedene Editionen vorgelegt

hat, eine die erste 1649 und die zweite 1657 und in der zweiten Edition 1657 ist manches ein

bisschen anders, keine Sorge, das werde ich jetzt nicht weiter ausbreiten, denn das wäre musikalisch

spitzfindig und gehört eher in Musiktheorie Vorlesungen. Die Leute, die das aufgenommen haben,

haben es so gelöst, dass sie bei den Strophen, wo ein Sänger nur singt, der dann nur die Melodie

singt, die zweite Variante gewählt haben, wo die Violinen tatsächlich noch etwas bewegter sind und

da wo alle vier singen, da ist also die erste Variante von 1649. Jetzt muss ich auch noch, bevor

ich konkret zur Melodie und zu diesem Lied komme, kurz nochmal erklären, diese Publikationen, also

1649 hat Krüger quasi eine Art Choralbuch, also ein Musikbuch veröffentlicht, wo zu den Liedern,

die er in seinem Gesangbuch dazu gleich gebracht hat, eben die musikalischen Sätze bringt und

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:35:38 Min

Aufnahmedatum

2020-04-22

Hochgeladen am

2020-04-30 00:06:19

Sprache

de-DE

Das Phänomen Paul-Gerhardt-Lieder II

Die Lieder von Paul Gerhardt (1607-1676) sind "Evergreens" trotz ihrer veralteten barocken Sprach- und Vorstellungswelt, trotz ihres oft schweren theologischen "Ballasts", trotz ihrer Überlänge. Die Vorlesung nimmt einzelne Lieder in Textgestaltung wie Melodiezuweisung genauer unter die Lupe, vermittelt historischen Hintergrund der Liedentstehung und gibt Einblicke in die Liedrezeption durch die Jahrhunderte in Gesangbüchern wie Kunstmusik.

Tags

Kirchenmusik
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