In China gibt es derzeit rund 2738 Hochschuleinrichtungen.
Davon sind lediglich 818 Hochschulen privat organisiert.
Der Großteil der Hochschulen in China ist also staatlich.
Hochschulen in China sind in einem autoritären System eingebettet.
Mit der Einführung der Reformära ab der späten 1970er Jahre wurde auch das Bildungswesen in einen
neuen rechtlichen Rahmen gegossen. Insbesondere mit dem Lehrergesetz von 1993, dem Bildungsgesetz
von 1995 und dem Hochschulgesetz von 1998. Das Bildungswesen wurde dabei an
marktwirtschaftliche Elemente angepasst. Hochschulen in China haben keine echte
Autonomie. Zwar haben sie im Zuge der Reformära gewisse Verwaltungskompetenzen erhalten,
auch um die Zentralregierung zu entlasten. Die parteiliche Kontrolle in Hochschulen
bleibt allerdings sehr engmaschig. Das heißt, wenn der Parteistaat zum Beispiel von dem
modernen Universitätssystem in chinesischer Prägung spricht, meint er vor allem eine
effiziente Verwaltung, aber nicht Hochschulautonomie. 1989 fand die blutige Niederschlagung der
Proteste statt, die maßgeblich von Studierenden sowie von Akademikern und Akademikerinnen geprägt
waren. Als Reaktion darauf entschied der Parteistaat, das sogenannte präsidiale
Verantwortungssystem unter der Führung der kommunistischen Partei Chinas innerhalb von
chinesischen Hochschulen einzuführen, das die Einrichtung von universitären Parteikomitees
zur Folge hatte. Schaut man sich die chinesischen Vorschriften an, so erkennt man, dass Hochschulen
dual organisiert sind. Das heißt, es gibt auf der einen Seite das universitäre Parteikomitee
und dem sind unterstellt diverse Parteiorgane und auf der anderen Seite gibt es einen Präsidenten,
der den Verwaltungsapparat leiten soll. Das heißt, dass die Verwaltungsorgane zu
dem Präsidenten gehören. In der Realität gibt es diese Dualität allerdings nicht.
Eine Abgrenzung zwischen Partei und Verwaltung ist sehr schwierig, denn es kommt zu Kompetenz und
Personalüberschneidungen und oft teilen sich Partei und Verwaltungsorgane ein Büro.
Natürlich hat das Konsequenzen, denn in vielen Fällen sind Mitglieder von
Parteiorganen auch in Verwaltungsorganen zuständig. Natürlich muss man sich vor Augen führen,
dass beide Seiten, also Parteiorgane wie auch Verwaltungsorgane, in dem gleichen
System eingebettet sind und beide natürlich vielleicht ähnliche Interessen verfolgen,
sodass man nicht immer davon ausgehen kann, dass das Verhältnis zwischen Partei und
Verwaltungsapparat notwendigerweise feindselig sein muss.
Wissenschaftliche Erhebungen zu den Hintergründen und Rollen von Parteimitgliedern und Funktionären
an chinesischen Hochschulen zeigen, dass eine parallele wissenschaftliche Position nicht
somit verfolgen sie gegebenenfalls auch wissenschaftliche Interessen.
Es ist durchaus nicht unüblich, dass Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in China auch Mitglied der
Partei sind. Das kann aus ganz unterschiedlichen Gründen passieren, vielleicht auch einfach nur,
um die nächste Stufe in der Karriereleiter aufzusteigen. Allerdings gibt es auch
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die zeitgleich Parteifunktionär oder Funktionärin
sind an einer Hochschule. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig. Man sollte von einem Generalverdacht
in jedem Falle Abstand nehmen und sich fragen, welche primäre Rolle eine Person in einer Hochschule spielt.
Im November 2011 hat das chinesische Bildungsministerium die vorläufigen
Maßnahmen für die Abfassung von Satzungen von Hochschuleinrichtungen erlassen, um die
Kompetenzen innerhalb einer Hochschule besser zu verteilen. Hier geht es aber nicht darum,
ihnen echte Autonomie zu gewähren. Der Führungsanspruch der Partei wird zum
Beispiel an der Satzungsänderung der Fudan-Universität deutlich, die 2019 bekannt wurde.
In der neuen Fassung der Universitätssatzung wurde ein sehr wichtiger Satz aus der Per Ambel
gestrichen, nämlich die Bezugnahme auf die geistige Freiheit und die akademische Unabhängigkeit.
Außerdem erkennt man auch, dass das Wort Partei im Gegensatz zur alten Fassung viel öfter auftaucht,
nämlich 87 Mal. In der früheren Fassung tauchte das Wort Partei nur 39 Mal auf.
Auch an chinesischen Hochschulen gibt es wissenschaftliche Gremien,
welche die Interessen der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen wahren sollen.
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:08:38 Min
Aufnahmedatum
2024-04-16
Hochgeladen am
2024-04-19 10:26:09
Sprache
de-DE
Grundlage für dieses digitale Angebot ist eine Publikation von Alexandra Kaiser, die im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts "Wissenschaftsfreiheit in der Volksrepublik China" entstanden ist. Das Einführungsbuch beleuchtet zentrale Aspekte der Lehr- und Forschungsfreiheit von Wissenschaftler*innen in China und die Frage der institutionellen Autonomie chinesischer Hochschulen. Es richtet sich an Wissenschaftler*innen und Hochschulen in Deutschland, die mit Wissenschaftler*innen und/oder Institutionen in China kooperieren und sich einen Überblick über das chinesische Wissenschaftssystem verschaffen möchten. Es eignet sich ebenfalls als Studienbuch für Studierende der Sinologie und modernen China-Studien wie auch für Studierende anderer Fächer, die einen Studienaufenthalt in China planen.
Das Buch ist hier abrufbar.