Ja, lieber Clemens, vielen Dank für die ausgleichende Vorstellung und Würdigung.
Ganz klar, ich weiß nicht schon wie die die Runde ist, aber ich mach's auch gleich noch mal selbst, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Straßennamen können neben ihrer Orientierungsfunktion als eine Form auch von Ehrungen und kollektiven Normen und Sinnsetzungen beschrieben werden.
Dazu gehören neben Straßennamen etwa auch Denkmäler, Namensgebungen, öffentliche Gebäude, Beliefmarken, ein wissenschaftlicher Preis, Orden, Ehrenzeichen, Ehrenbehörden, Ehrenmitgliedschaften oder Ehrenvorsitzende.
Von besonderen Interessen sind bei den Straßennamen die Ortsbezüge des Ehrens, die ins Zentrum der Analyse gelügt werden sollen, also die Frage wer oder was, warum und vor allem auch wo, auf welches Weise geehrt wird.
Und schließlich auch die soziale Praxis des Ehrens, was also eine derartige Ehrensselt bewirkt bei den Ehrenden und schließlich auch den in die Ehren eingebundenen Publikum, das als Resonanzraum unabdingbar ist.
Ebenso zentral ist schließlich auch der Blick auf diesen Resonanzraum, ob und wie er sich fassen lässt, das ist nicht mehr ganz so einfach, und ob und wann er sich gegebenenfalls verhindert.
In meinem Vortrag möchte ich zunächst den sehr gut geforschten Langenmarkenmythos skizzieren und dann diesen Mythos mit seiner performativen Dynamik in Ritualen, Gesängen, Regen, Gedenkfeinen aufmarschen, mit einem besonderen Fokus eben auf die Universität Erlangen thematisieren,
der schließlich wie in vielen anderen Städten auch dann in der Benennung einer Straße bzw. in Erlangen eines Platzes seinen Ausdruck fand.
In einem vierten Punkt werde ich mich dann mit dem Erlangen-Langenmarkenplatz nach 45 und Vergangenheitsdeutungen wie auch um Prozesse und Diskussionen von Ehrungen bzw. auch Entehrungen befassen, mit Diskussionen um Rückbenennung, Neubebenennung oder Beibehaltung,
und auch hier soll es um soziale Praktiken und Zusammennahmen in diesem Platz gehen. Mit einem ersten Fazit und einem Ausdruck möchte ich schließen.
Ich komme zu Punkt eins zum Langenmarkenmythos.
Am 10. November 1914 wurde nahe dem welgischen Ort Ischoten ein notwendig ausgebildetes Reserveregiment Kriegsfreiwilliger von einer militärischen Führung geopfert, deren strategisches Konzept vollkommen versagte.
Ohne ausreichende Deckung und Kenntnis der gegnerischen Stärke liefen deutsche Reserveregimente in das Maschinengewehrfeuer indischer Bataillone hinein.
Etwa 2000 Mann Verluste kostete dieser deutsche Durchbruchsversuch am 10. November 1914.
Der Angriff dieses Tages fand sechs Kilometer nordwestlich von Langenmark statt. Die deutschen Angreifer konnten nur wenige Kilometer vordringen. Der Ansturm wurde abgebührt und schließlich wurde Mitte November ohne bedeutende Gelände gewinnen der deutsche Angriff eingestellt.
Und auch in Flandern begann ein jahrelanges Schwellungskrieg. Im Schliefenplan vorgesehenen Schnelle Niederland von Frankreichs war damit endgültig gescheitert.
Nur vor dem Hintergrund dieses operativen Festschlags ist es nachvollziehbar, dass ein taktischer Zwischenerfolg wie die banale Erstörung eines feindlichen Grabens, mehr war es nicht, im Heringsbericht am 11. November 1914 den Ursprungstext des Langenmark-Mitos wie ein wichtiges Sieb gefeiert wurde.
Das war der erste Aufruf, den ich verlesen darf. Großes Hauptquartier, 11. November vormittags, an dieser Abschlitte machten wir gestern gute Fortschritte.
Die X Nüigen, Sie sehen mir die Ausstrahlungfehler nach, wurde erstürmt. Mehr als 500 Gefangene und neun Maschinengewehre fielen in unsere Hände, weiter südlich drangen unsere Truppen über den Kanal vor.
Jetzt der Kernsatz, westlich Langenmark brachen junge Regiment und den Gesang Deutschland, Deutschland über alles, gegen die erste Linie der feindlichen Stellungen vor und nahmen sie etwa 2000 Mann französischer Linieninfanterie, wurden gefangen und sechs Maschinengewehre erbeutet.
Die mythische Überhöhung dieses Ereignisses in diesem Bericht wurde maßgeblich eben durch diesen Bericht am 11. November geprägt.
Zudem wurde das Geschehen, wie wir hier lesen können, nachträglich in die Menge von Langenmark gelegt und übrigens die Schreibung mit einem C ergänzt, was wohl deutscher Klang und vielleicht auch am Bismarck angrengt hergestellt sind.
Die Entfaltung einer performativen Dynamik des Langenmark Mythos im ritualen Gesang, Regen, Gedenkfeiern und Aufmärschen begann genau mit dieser Jährismeldung, die in den Jahren der Weimarer Republik immer und immer wieder an jedem Jahrestag zitiert und mit Jahren verbreitet wurde.
Gerd Kroneich charakterisiert diesen Langenmark Mythos in den deutschen Erinnerungsorten als Topos einer wagen Erinnerung, in dem ein heroisches Gegenbild zum Maschinenkrieg, der sich in so vielen von 1871er Krieg unterschied, entworfen werden konnte.
Gerade weil der Krieg nun als Materialstaff- und Stellungskrieg so anders geworden war, ist der Mythos von Langenmark so lange lebendig geblieben und immer wieder neu aufgeflüscht worden.
Bald war von studentischen Regimenten die Rede, weil sich in den neu aufgestellten Regimenten tatsächlich eine überproportionale Anzahl von Schülern und Studenten befand.
Das war neu. Den Studenten wurden in der Regel als sogenannte einjährig Freiwillige und Anwärter auf Offizierskarrieren in der Regie nicht gemeinsam mit gewöhnlichen Gefreiten eingesetzt.
Und dieses Nommen war natürlich geeignet, dem Mythos von klassenlosen Näher, der Nation in Waffen, eine Verbindung über Klassengrenzen hinwegzustellen.
Jugendlichkeit, Opferbereitschaft, Einbindung sozialer Unterschiede bildeten die Triebharz dieses Mythos.
Langenmark arrucierte zu einem besonders illustrativen Beispiel für die armen Weisen, in der eindeutige Niederlagen ex post in sie ungeduldig wurden.
Mit den jungen Klicksfreiwilligen und ihren idealistischen Selbstopfen für Deutschland, so Susanne Brandt in ihrer Studie von 2001, kann der Langenmark Mythos als ein besonderes glattanter Fall charakterisiert werden,
in dem vorzeitige Sterben sinnstiftend eingehegt wurden und damit ein Schlaglicht auf die konjunkturenherrwisierende Klicksdeutung in den 1920er und 1930er Jahren insgesamt wirft.
Wie kein zweiter Mythos, der Verdunn Mythos oder Pannenberg Mythos in weiten Müten dieser Zeit, wie kein zweiter eignet sich dieser Langenmark Mythos,
die ewige Jugend der gefallenen Helden in Szene zu setzen, um das Sinndefizit des Todes wenigstens patient zu fühlen.
Der Tod bei Langenmark verwandelte sich nicht nur in einen inneren Sieg, sondern wurde Auftrag einer übermenschlichen Bildungshäuserung.
Er nahm zugleich die Jugend der Zwischenklickszeiten die Pflicht, dem Vorbild der Blüte der deutschen Jugend nachzueifen und den Auftrag dieser Jugend, die ihr Leben geopfert hatten, in der Zukunft zu erfüllen.
Damit wurde der nachfolgenden jungen Generation eine Verantwortung für den Sinn des Opfertrudes aufgetragen.
Der Langenmark Mythos trug also dazu bei, die Bereitschaft zum Heldentod als Leidbild, vor allem aber nicht nur der bürgerlichen Jugend, zu zementieren
und eine heroische Jugendkultur zu etablieren, die einer langfristigen Konsumidierung der Weimarer Republik tenente entgegenstand.
Die Zeitstruktur dieser Art des Gedenkens war nicht nur rückwärts erinnend, darauf verweistbrand,
sondern vor allem auch vorwärts gerichtet, der Sinn Langenmarks sollte von der Nachwachsenden Jugend in der Zukunft erfüllt werden.
Langenmark rückte schließlich allein, darauf möchte ich noch hinweisen, durch seinen zufälligen Termin 10. November 1914
in einem gedanklichen Gegensatz zum Ausdruck der Revolution am 9. November 1918
und der Heeresbericht vom 11. November 1914 wurde zum Gegendatum des von den alliierten gefeierten Tages des Waffenstillstands
am 11. November 1918 inkumpelten. Die Ernern der Zeitungen berichten übrigens von Feiern am 11.11. als den Jahres-Tag des Kampfes.
Das liest man ganz oft, der 11.11. war aber der Tag des Gerichts der OHL, also des Amalganiertes.
Ab 1921 organisierten zum Langenmark-Ausschuss Hochschul und Heer zusammengeschlossene Studentenorganisationen,
Jugendverbände und Veteranenvereine im deutschen Reichsgebiet Langenmark fangen.
Eine frühe Form fand der Langenmark-Kult auch bei Feiern der hündischen Jugend, einschließlich der Wandervögel,
Presenters
Prof. Dr. Charlotte Bühl-Gramer
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:05:26 Min
Aufnahmedatum
2022-01-25
Hochgeladen am
2022-02-01 11:23:17
Sprache
de-DE