Ja, herzlich willkommen zur dritten Pfingstlesung von Paul-Gerhard Liedern.
Aller guten Dinge sind drei, es gibt noch ein drittes Pfingstlied, das aber genauso
wenig bekannt ist wie das zweite, das in der letzten Sequenz besprochen wurde.
Ich muss allerdings zunächst einen kurzen Nachtrag mal wieder anbringen,
aber wirklich nur kurz. Dieses Lied, O du aller süßeste Freude, habe ich inzwischen
festgestellt, ist nicht erst 1653 in der Praxis Pietatis Medica erschienen, sondern
schon 1647. Warum ich das falsch notiert habe auf dem Handout, das ist ein
typischer Fehler, der sich ergibt, wenn man der philologischen Logik vertraut. Die
philologische Logik heißt, dass diese neue Ausgabe, kritische Neuedition der
Praxis Pietatis Medica, die gerade noch im Erscheinen ist, es fehlt noch ein
Kommentarband, aber es gibt schon diesen relativ dünnen Band, der nur Listen
enthält und diese Listen, hier also alle möglichen Liedtitel und hier in welchen
Praxis Pietatis Medica Ausgaben das Lied erschienen ist. Und da haben wir hier
als erste Berlin 1640, das ist das erste Gesangbuch, das Krüger herausgegeben
hat, das noch unter dem Titel lief, Neues Vollkömmliches Gesangbuch. Dann kommt
Leipzig 1649, das ist das Choralbuch quasi, die Sätze, die auskomponierten
Sätze, die Krüger separat ideiert hat und dann kommt Berlin 1653, die fünfte
Auflage der Praxis Pietatis Medica. Das heißt, zwischen 1640 und 1653 ist hier
gar nichts geführt, obwohl wir wissen, dass es da drei Ausgaben gegeben
haben muss, die Praxis Pietatis Medica hießen, nur diese Ausgaben sind alle
verschollen. Wenn nun im Gesangbuch bei einigen Paul
Gerhardt-Liedern 1647 steht, dann rührt das daher, dass die Ausgabe aus dem Jahre
1647 vor dem Zweiten Weltkrieg noch greifbar war. Sie ist also einer der vielen
Kriegsverluste und dass eine Frau Elisabeth Fischer-Krückeberg 1930 und 1933
in diesen Jahren verschiedene Aufsätze veröffentlicht hat zu Johann Krüger und
Johann Krügers Melodien und aus ihren Veröffentlichungen, also in diesem Sinn
eine Sekundärquelle, wissen wir, welche Paul Gerhardt-Lieder 1647 schon in der
Praxis Pietatis Medica standen und dazu gehört, oh du aller süßeste Freude.
Dass nun 1647 hier nicht auftaucht in dieser Liste, ist einfach der
philologischen Präzision geschuldet, wenn man eine Quelle heutzutage nicht hat,
dann kann man sie auch nicht nachweisen und ich bin mir jetzt auch nicht sicher,
ich glaube die Frau Krügeberg hat sich nur auf Krüger konzentriert, also dann
nur die Paul Gerhardt-Lieder aufgelistet und die Krüger Melodien in diesem
Gesangbuch und glaube ich kein Gesamtinhaltsverzeichnis angefertigt.
Ich weiß es nicht, ich habe diese Beiträge noch nie gesehen, das war
Berliner Blätter für brandenburgische Kirchengeschichte, die wurden in den
1930er Jahren in Erlangen nicht geführt, es gibt sie nicht hier in der Bibliothek
und eingescannt sind sie auch nicht. Also ich habe jetzt gelernt, ich habe
bisher immer hier geschaut, wann das Lied als erstes erschienen ist, aber das ist
keine Gewähr dafür, dass es schon vor 1653 erschienen sein kann. Also das war
der Nachtrag, oh du aller süßste Freude, dieses Lied gehört also schon zur ersten
Tranche, Paul Gerhardt-Lieder, die Aufnahme in die Praxis Pietatis Medica
fanden. So jetzt kommen wir zum dritten Pfingstlied, es ist auf dem Handout ja, wo
die Liedtexte alle sind, Gott Vater sende deinen Geist.
Da stimmt was drüber steht 1653 Praxis Pietatis Medica, erst Veröffentlichung.
Es hat in die Nummer 218, das bezieht sich auf die Edition 10 der Praxis Pietatis
Medica von 1661, die Grundlage dieser Edition ist, aus der ich da die Texte
meistens abkopiere. Wir sehen, es gibt keine eigene Melodie dabei, sondern nur
einen Melodieverweis hier in dieser zehnten Edition, den Herren meine Seel
erhebt, das ist eine Nachtdichtung des Magnifikat.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:52:34 Min
Aufnahmedatum
2020-06-03
Hochgeladen am
2020-06-07 14:36:32
Sprache
de-DE
Das Phänomen Paul-Gerhardt-Lieder II
Die Lieder von Paul Gerhardt (1607-1676) sind "Evergreens" trotz ihrer veralteten barocken Sprach- und Vorstellungswelt, trotz ihres oft schweren theologischen "Ballasts", trotz ihrer Überlänge. Die Vorlesung nimmt einzelne Lieder in Textgestaltung wie Melodiezuweisung genauer unter die Lupe, vermittelt historischen Hintergrund der Liedentstehung und gibt Einblicke in die Liedrezeption durch die Jahrhunderte in Gesangbüchern wie Kunstmusik.