Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Was wir aus den Nürnberger Prozessen lernen können.
Was wir aus den Nürnberger Prozessen lernen können.
Wir haben gerade schon vernommen vom Prodikan, dass wir in diesem Jahr ein besonderes Jahr haben,
denn vor 70 Jahren, am 20. November 1945, begann dieser große Hauptkriegsverbrecherprozess hier im Schwugerichtssaal im Landgericht Nürnberg-Viert.
Und von dort aus hat er seine Wirkung entfaltet. 70 Jahre klingt wie eine lange, lange Zeit.
Könnte schon fast in Vergessenheit geraten sein, aber das Gegenteil ist der Fall.
Dieser Nürnberger Prozess wird durch das Wiederaufkeimen des Völkerstrafrechts seit Anfang der 1990er Jahre immer wichtiger.
Und der Blick zurück scheint sich immer mehr zu lohnen.
Wir wollen uns eben deshalb in diesem Erinnerungsjahr, wenn Sie so wollen, einmal mit dem Nürnberger Prozess wieder auseinandersetzen.
Und ich möchte den Bogen schlagen von dem historischen Ereignis 1945 bis in die Jetztzeit und den aktuellen Problemen, die das Völkerstrafrecht bietet.
Ich habe vier Hauptpunkte meines Vortrages.
Das erste wäre eine Formulierung dessen, was ich das Versprechen von Nürnberg nennen möchte.
Und bezieht es auf diese drei Unterpunkte zunächst das Ende der Straflosigkeit, dann das materielle Recht und schließlich das Verfahrensrecht.
Und dann geht es dann eben um die Einlösung des Versprechens, die Entwicklung des Völkerstrafrechts von 1946, dem Ende des Prozesses bis heute.
Als dritten Punkt würde ich gerne einen Fokus legen auf die Sondersituation Deutschlands.
Als diejenigen, die auf Täterseite mit dem Prozess in Nürnberg zu tun hatten und den speziellen Umgang, der sich in den 40er, 50er Jahren damit herauskristallisierte,
bis hin eben auch wieder in unsere Jetztzeit, wie wir heute mit Völkerstrafrecht in Deutschland umgehen.
Und dann würde ich ganz gerne einen Blick werfen in die Zukunft und mich fragen, welche, mit Ihnen zusammen fragen, welche Probleme es vielleicht heute gibt,
wie die aussehen und wie die zu lösen wären.
Ja, meine Damen und Herren, das Versprechen von Nürnberg. Ihnen nehme ich an, sind diese Fotos bekannt.
Sie sehen hier linker Hand ein aktuelles Foto des Schwulgerichtsaals in Nürnberg und daneben den historischen Blick auf die Anklagebank von 1945
mit den Hauptkriegsverbrechern vorne links, mit der Sonnenbrille Göring, neben ihnen Rudolf Hess und so weiter.
Dieser Nürnberger Schwulgerichtsaal ist in der Tat der Geburtsort des Völkerstrafrechts.
Es ist bis zu diesem Zeitpunkt vorher noch nie gelungen, auch wenn es verschiedene Versuche gab,
einen internationalen Prozess wegen begangener Kriegsverbrechen zu organisieren.
Dass das so sich materialisierte in diesem Moment, war einer Handvoll glücklicher Umstände zu verdanken,
aber sicherlich in besonderen einer speziellen Person.
Diese Person war der amerikanische Chefankläger Robert H. Jackson.
Überhaupt stand hinter diesem Prozess sehr stark das Interesse der amerikanischen Regierung an einer Kriminalisierung des Angriffskriegs.
Das mag aus heutiger Perspektive, wenn man sich die amerikanische Politik anschaut, ein bisschen verwundern,
aber 1945 war das von politischer Seite aus klar.
Man wollte eine klare Verbotsnorm für den Angriffskrieg.
Man wollte letztlich verhindern, dass Europa, nachdem es sich schon ein paar Jahre vorher im sogenannten ersten Weltkrieg bekämpft hatte,
dass es das nicht noch einmal täte und die USA nicht noch einmal zur Rettung des Kontinents eingreifen müsste.
Deswegen war es die amerikanische Politik des Aggressionsverbrechen hier in diesem Prozess zu etablieren.
Robert Jackson hat das sehr stark in seiner eigenen Person verkörpert.
Wir sehen hier auch die Geburtsdaten. 1892 geboren, 1954 gestorben.
Er ist eine sehr schillernde Figur, ein großartiger Rhetoriker, ein großartiger Jurist und ein völkerrechtlicher Visionär in vielerlei Hinsicht.
Er hatte in den USA eine zunächst einmal stockende, später aber doch sehr schnelle juristische Karriere durchlaufen
und war im amerikanischen Justizministerium am Ende auch Attorney General, also sozusagen Justizminister,
bevor er dann den Olymp der amerikanischen Rechtswissenschaften bestiegen hat, indem er zum Supreme Court Richter gewählt wurde.
Das ist ja man ja bekanntermaßen ein Leben lang und insofern kann man in einem juristischen Leben in den USA eigentlich nicht mehr erreichen.
Sein großer Förderer war der damalige Präsident Roosevelt, mit dem war er verband in einer enge Freundschaft.
Und wie gesagt, er hat ihn in diesen Positionen immer wieder gefördert, aber nicht zu unrecht.
Er war wie gesagt ein brillanter Kopf.
Und er hat nicht nur, das möchte ich an dieser Stelle vielleicht auch nur in Klammern erwähnen,
er hat nicht nur diese Nürnberger Prozesse organisiert, sondern er ist auch ein sehr, sehr wichtiger amerikanischer Verfassungsrichter.
Also wenn Sie mit amerikanischen Verfassungsrechtlern diskutieren, Robert Jackson ist eine Größe in diesem historischen Kontext.
Aber das ist jetzt nicht unsere Geschichte, das ist amerikanische Verfassungsrecht.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:02:43 Min
Aufnahmedatum
2015-11-09
Hochgeladen am
2015-12-18 14:26:02
Sprache
de-DE
Vor genau 70 Jahren fand im Schwurgerichtssaal des Nürnberger Justizpalasts ein historisches Ereignis statt: Der Prozess gegen die Hauptschuldigen des nationalsozialistischen Terrorregimes wurde eröffnet und die Angeklagten mussten sich wie gewöhnliche Verbrecher vor der Weltöffentlichkeit verantworten. Niemals vorher war es gelungen, Staatenlenker und hohe Militärs zu verurteilen und ihre
Taten als Verbrechen an der Menschheit zu brandmarken. Dieser neue Ansatz stieß zwar auf erhebliche Kritik, folgte aber der Maxime, dass die monströsen Verbrechen nicht ungesühnt bleiben dürften. Erst nach Ende des Kalten Kriegs lebte diese Idee wieder auf und gipfelte schließlich in die Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag.
In seinem Vortrag erklärt Prof. Dr. Christoph Safferling, wie sich das Völkerstrafrecht ausgehend von Nürnberg bis heute entwickelt hat, spricht aktuelle Probleme an und zeigt, was wir heute noch von den Nürnberger Prozessen lernen können.