Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Ja, meine Damen und Herren, herzlich willkommen zu unserem zweiten Vortrag
Wissenschaft auf AEG in diesem Sommersemester. Wir freuen uns, dass Sie sich bei dem schönen
Wetter so zahlreich von Ihrem Computer loseisen konnten und hierher kommen konnten zu unserem
heutigen Vortrag daddeln und chatten, bis der Arzt kommt. Vor ziemlich genau zehn Jahren
hat ein junger Harvard-Student ein digitales Studentenverzeichnis entwickelt. Dieses kleine
Verzeichnis hat heute 1,2 Milliarden User weltweit und ist damit das größte soziale
Netzwerk der Welt. Und der junge Student Mark Zuckerberg ist multimilliardär. In Deutschland
gibt es rund 27,5 Millionen Facebook-Nutzer. 3,2 Millionen davon sind im Alter von 13 bis
17 Jahren und immerhin zwei Millionen Nutzer sind älter als 55. Insgesamt hat sich die
Zahl der Facebook-Nutzer in Deutschland seit 2011 damit exakt verdoppelt. Nun ist die Nutzung
von Facebook keines der Weise verwerflich oder gefährlich, doch so wie Alkohol, Nikotin,
Drogen und Computerspiele bergen auch diese sozialen Netzwerke und das Internet insgesamt
ein gewisses Suchtpotenzial. Zum zehnten Geburtstag von Facebook hat das Time-Magazin eine App
bereitgestellt, mit der man schätzen kann, wie viele Stunden seines Lebens man mit Facebook
verbracht hat. Die App nennt sich treffenderweise How much time have you wasted with Facebook?
Das Ergebnis dort, durchschnittlich 17 Minuten, ist sicher noch kein Grund zur Beunruhigung.
Andererseits gibt es auch Studien, die besagen, dass Internetnutzer in Deutschland durchschnittlich
2,4 Stunden am Tag in sozialen Netzwerken verbringen. Da ist es dann nicht mehr weit
zu den viereinhalb Stunden, die rund 10 Prozent der deutschen Teenager täglich am Computer
spielen. Wie sich Internetsuch bemerkbar macht, wann man Internet-süchtig ist und welche
Faktoren dazu führen, das ist Gegenstand der Forschungen von Prof. Dr. Johannes Kornhuber
und Privatdozent Dr. Bernd Lenz vom Lehrstuhl für Psychiatrie und Psychotherapie, die ich
Ihnen kurz vorstellen darf. Prof. Kornhuber gehört zu den führenden Kapazitäten auf
dem Gebiet der Psychiatrie und Psychotherapie und ist nicht nur Inhaber des gleichnamigen
Lehrstuhls an unserer Universität, sondern auch Direktor der psychiatrischen und psychotherapeutischen
Klinik am Universitätsklinikum Erlangen. Prof. Kornhuber begann seine klinische Laufbahn
als Assistenzarzt im Bundeswehrkrankenhaus Ulm in der Abteilung Neurologie und Psychiatrie.
Er ist seit 1991 Facharzt für Psychiatrie und wurde im gleichen Jahr Oberarzt an der
psychiatrischen Universitätsklinik Würzburg. Er habilitierte sich 1992 im Fach Psychiatrie
und wurde 1995 Professor für Psychiatrie an der psychiatrischen Klinik der Universität
Göttingen. Im Juli 2000 wechselte er auf die schon genannten Funktionen an die Friedrich
Alexander Universität Erlangen Nürnberg. Prof. Kornhuber ist übrigens Wiederholungstäter
in Sachen Wissenschaft auf AEG. Vor einem halben Jahr ging er hier gemeinsam mit zwei
Kollegen der Frage nach, wie Nahrung unser Gehirn beeinflusst und er hat auch schon gesagt,
er ist auch gerne im nächsten Semester wieder da. Wir kommen gern darauf zurück. Privatdozent
Dr. Bernd Lenz studierte Medizin in Erlangen, Quebec, Bern und Basel, ist Facharzt für
Psychiatrie und darf die Zusatzbezeichnung Suchtmedizinische Grundversorgung führen.
Er wurde 2012 Oberarzt an der Klinik von Prof. Kornhuber und habilitierte sich 2013 mit einem
Thema im Bereich der Alkoholabhängigkeit. Seit Januar 2014 ist Dr. Lenz Geschäftsführer
der Oberarzt an der psychiatrischen und psychotherapeutischen Klinik am Universitätsklinikum und er ist
Leiter der Arbeitsgruppe Psychoneuroendokrinologie. Die beiden Herren werden sich also heute mit
den neuen Erkenntnissen zur Internetzucht beschäftigen. Nein, sie beschäftigen sich länger damit.
Sie werden uns heute darüber berichten. Ich weiß gar nicht, wer anfängt. Prof. Kornhuber,
ich darf Ihnen das Wort geben.
Lieber Herr Stix, vielen Dank für die freundliche Einladung hierher. Ich werde den
heutigen Vortragsabend gemeinsam mit meinem Kollegen Dr. Lenz gestalten. Wir werden uns
jetzt gleich die Bälle so gegenseitig zuwerfen. Ich habe folgende Gliederung vorgesehen.
Für Sie im ersten Teil möchten wir Sie einführen in die Phänomene Videospielabhängigkeit,
das werde ich präsentieren, und süchtiges Städtenherr Lenz, also in die Störungsbilder.
Presenters
PD Dr. Bernd Lenz
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:07:27 Min
Aufnahmedatum
2014-06-02
Hochgeladen am
2014-06-11 11:36:30
Sprache
de-DE
Rund zehn Prozent der deutschen Teenager spielen mehr als 4,5 Stunden am Tag am Computer, fast zwei Prozent davon erfüllen die Kriterien der Abhängigkeit. Bisher gibt es weltweit vergleichsweise wenige Studien dazu. In Europa existiert die Diagnose „Internetspielsucht“ offiziell nicht, im Gegensatz zu den USA, wo diese Sucht seit vergangenem Jahr als Krankheit anerkannt ist. Dennoch: Das Phänomen muss genauso wie exzessives Chatten auch hier ernst genommen werden. Doch welche Risikofaktoren für eine Internetabhängigkeit gibt es? Wie kann der Sucht vorgebeugt oder sie sogar vorhergesagt werden? Erst kürzlich haben die beiden FAU-Forscher Kornhuber und Lenz herausgefunden, dass ein höherer Testosteronspiegel vor der Geburt das Risiko für eine spätere Internetsucht steigert. Daneben spielt eine Vielzahl weiterer Faktoren eine Rolle, ob jemand tatsächlich abhängig wird oder nicht. Fest steht: Eine Menge hochspannender Fragen warten in den nächsten Jahren darauf, von Wissenschaftlern weltweit beantwortet zu werden.