Wenn Kinder satt sind und ausgeschlafen sind, dann beschäftigen sie sich mit Objekten ihrer
Umgebung und das auf eine scheinbar unermüdliche Art und Weise. Es gibt Aussagen von Eltern,
wie Timo liebt diese Stapelbecher, damit beschäftigt er sich stundenlang oder Svenja schaut ihre Tiere
an, sie beschäftigt sich, sie skrupiert, sie stellt sie auf, ahmt sie nach, ich weiß nicht,
was wir ohne unsere Tiere machten oder schon als Baby hat sich Tom für Autos interessiert,
das hält bis heute an. Diese und ähnliche Aussagen von Eltern legen nahe, dass Interessen
schon sehr, sehr früh entstehen und dass Kinder eben individuelle Vorlieben für bestimmte Spielzeugobjekte
haben. Eltern oder Erzieher haben dazu klare Meinungen. In der Entwicklungspsychologie haben
wir dazu allerdings noch relativ wenig fundiertes Wissen. Wenn wir Antworten darauf haben wollen,
warum sich ein Kind mehr für Bauklötze interessiert und das andere eher für Puzzles oder Bücher und
auch ausdauernder und konzentrierter mit diesen Sachen spielt und vielleicht auch andere Spielformen
verwendet, dann brauchen wir die Interessenforschung, da insbesondere bei der Interessenforschung
Gegenstandsspezifische Interessen untersucht werden. Wir versuchen also Antworten auf Fragen
zu bekommen, wie zum Beispiel ab wann haben wir es mit individuellen Vorlieben zu tun,
inwieweit zeigen sich individuelle oder geschlechtsspezifische Unterschiede und
woher kommen diese? Eine Voraussetzung für die Erforschung von individuellen Vorlieben bestimmter
Gegenstände und Gegenstandskategorien ist, dass wir annehmen können, dass kleine Kinder bereits
zwischen den Objekten und zwischen den Objektkategorien unterscheiden können. Hier
hat die kognitive Säuglingsforschung in den letzten Jahren viele Erkenntnisse gewonnen.
Da sich Säuglinge und kleine Kinder noch nicht ausdrücken können, noch nicht sagen können,
was sie schon können, wurde ihr Wissen lange Zeit unterschätzt. Inzwischen konnte man aber dank
intelligenter, experimenteller Methoden feststellen, dass Babys mehr über Objekte wissen, als wir lange
Zeit gedacht haben. Sie scheinen so etwas wie ein intuitives physikalisches Wissen über die
Bewegungsmöglichkeiten von Objekten und Lebewesen zu haben bzw. schon in den ersten Monaten zu
entwickeln. Außerdem können sie unterscheiden zwischen belebten und unbelebten Objekten.
Zum Beispiel erwarten sieben Monate alte Säuglinge eher von einem Tier, dass es wieder anfängt,
sich zu bewegen, als von einem Ball. Babys können ab circa sieben, acht Monaten zwischen Tieren und
Möbeln, Tieren und Fahrzeugen, Landtieren und Seetieren unterscheiden. Im Folgenden werde ich
zwei typische Experimente aus der kognitiven Säuglingsforschung bringen. Das erste zum Wissen
über die Lage stabiler Objekte mit vier bis sechs Monaten. Probanden waren sechs Monate alte Kinder.
Hier haben wir es mit einem typischen Habituationsexperiment zu tun. Es ist aufgeteilt
zwischen Gewöhnungs- also Habituationsphase und Testphase. In diesen Experimenten wird aus den
Blickzeiten auf das Wissen und auf die Erwartungen der Babys geschlossen. Dem Kind wird ein bestimmter
Reiz immer wieder gezeigt. Es reagiert zunehmend gelangweilt. Es wendet seine Aufmerksamkeit ab.
Zeigt man ihm dann einen neuen Reiz, schaut das Kind wieder hin. Die Betrachtungszeit steigt
wieder bzw. das Kind, so nennen wir das in der Forschung, dishabituiert. Damit kann untersucht
werden, ob das Kind Neues oder Überraschendes erkennt. Wie ist das nun in dem Beispiel,
das Sie hier sehen? In der Gewöhnungsphase sahen die Kinder im Film die Box mit dem Gesicht,
wie sie zum Ende der gestreiften Unterlage geschoben wurde oder wie sie über die gestreifte
Unterlage hinaus über eine einfarbige Unterlage geschoben wurde und zwar einerseits zu 85 Prozent
und andererseits zu 30 Prozent. In der Testphase wurde die einfarbige Unterlage dann weggenommen.
Die Box mit dem Gesicht wird nun wieder genauso weit geschoben. In der Testphase hat man dann
festgestellt, dass die Kinder in der Tat sich deutlich mehr für das physikalisch unmögliche
Ereignis interessieren, nämlich dieses hier unten. Das ist das, was sie für eher seltsam
erachtet haben. Das ist das, wo sie sehr viel länger hingeschaut haben. Also nicht hier rechts,
hoppala. Dieses, wo also der Würfel nicht runterfallen würde, sondern hier genau diese
Geschichte, da würde der Würfel runterfallen und das ist das, was die Kinder sehr erstaunt
betrachtet haben. Das heißt, man kann davon ausgehen, dass Kinder etwa zwischen vier und
sechs Monaten differenziertes Wissen über die Lage stabiler Objekte entwickeln. Also was kann
physikalisch sein und was kann physikalisch nicht sein? Das ist die eine Geschichte. Eine
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:29:39 Min
Aufnahmedatum
2007-06-13
Hochgeladen am
2017-07-06 14:03:48
Sprache
de-DE