3 - Das "andere" Fest im 17. Jahrhundert - wie höfisch waren die höfischen Feste? [ID:1453]
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Meine Damen und Herren, wie höfisch waren die höfischen Feste? Ich versuche Ihnen diese Frage

in zwei Schritten zu beantworten. In einem ersten charakterisiere ich Ihnen Hauptmerkmale höfischer

Festkultur im 17. Jahrhundert. In einem zweiten zeige ich, wie Momente des höfischen Festes in

barocken Theaterstücken reflektiert werden. Hierzu die These meines Vortrags zeigt sich ein anderes

Fest, dessen konzeptionell angelegte Antinomie sich in verheißender Teilhabe und forcierter

Exklusivität offenbart. Die barocken Festbeschreibungen evozieren eine uns heute

gewiss fremde Welt voller komplizierter Zeremonien und einem unvorstellbaren Prunk. Von aufwendig

gestalteten Paradewagen, fantasievoll gekleideten Figuren, kolossalen Bildern, wunderlichen Tänzen

und gefühlvollen Balletten, von rhythmisch spritzenden Fontänen, monumentalen Feuerwerken,

Pyramiden aus Konfekt, Portalen aus kandiertem Zucker, üppig gedeckten Speisetafeln, streitenden

Rittern und tanzenden Pferden, liest man, und viele mehr, dass man sich heute kaum noch vorstellen

kann. Das Leben des barocken Hofes war geprägt, so der Theaterwissenschaftler Manfred Braunek,

durch seine permanente Festlichkeit. Die aufwendig inszenierten und sich über Tage hinziehenden

Feste bildeten den Höhepunkt des adeligen Lebens, das seinerseits so etwas wie das

perspektivische Zentrum barocker Geselligkeit zu sein schien. Dies gilt zumindest, wenn man

absolutistisches Denken oder eine zentralistische Organisation des Gemeinwesens als politisches

und soziales Ideal staatlicher Verfasstheit im 17. Jahrhundert annimmt. Zu dieser Zeit bestand

zwar kein deutscher Nationalstaat im modernen Sinn, der sich wie beispielsweise das Frankreich-Ludwig

des Vierzehnten hätte zentralistisch gestalten können, sondern eher eine lose Föderation

einzelner Länder, die in starker Konkurrenz zueinander standen. Doch auch für sie war Versailles

und seine spezifische, auf einen machtvollen Mittelpunkt ausgerichtete Festkultur, Vorbild für

die eigene Inszenierungen, mit denen sie innerhalb des Alten Reiches an Prestige gewinnen wollten.

Die politische Pluralität unterschiedlich verfasster Fürstentümer, freier Reichstätte und kirchlicher

Länder im Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen führte, trotz des unzweifelhaften Vorbilds

von Versailles, auch zu einer je anders akzentuierten höfischen Festkultur, mit der man so etwas wie

regionale Identität vermitteln wollte. Wolfgang Büttel feierte anders als Hannover, Bayreuth anders

als Nürnberg, Bamberg setzte andere Akzente als Würzburg. Dabei ist indes weniger an folkloristische

Elemente zu denken, obwohl es die auch gab, sondern eher an spezifische, das eigene kulturelle

Kapital bedenkende Schwerpunkte und Vorleben innerhalb eines geradezu kanonisch gewordenen

Katalogs höfischer Festelemente. Die Kosten solcher Feste überstiegen dabei nicht selten die

finanziellen Möglichkeiten des jeweiligen Herrscherhauses und der dazugehörigen Bevölkerung.

Woraus bestand nun das idealtypische höfische Fest im 17. Jahrhundert? Was gehörte dazu, wenn

der barocke Fürst so richtig feiern wollte? Jedes barocke Fest, schreibt der Kulturwissenschaftler

Richard Allewien, ist eine ausgedehnte und ausgewogene Komposition aus vielen Elementen.

Durch Abwechslung und Abwandlung ist der Übersättigung und Ermüdung vorgebeugt. Jede

Stunde hat ihr eigenes Gesicht, jeder Tag steht unter einer anderen Devise und doch ist auch

wiederum alles einer leitenden Idee verbunden. Ein gemeinsamer Grundgedanke kam also in unterschiedlichen

Medien zur Realisierung, wobei auf Variation und Überraschung gesetzt wurde. Einige der

Festelemente begegneten in den barocken Hoffesten immer wieder. Da ist zuerst der feierliche

Einzug des Herrschers oder des Herrscherpaares, der die Festtage pompös beginnen ließ. Er orientierte

sich am Einzug römischer Feldherren und wurde deshalb als Triumpho bezeichnet. Allerdings spielt

im 17. Jahrhundert die Zur-Schaustellung militärischer Erfolge kaum eine Rolle. Wichtiger war viel mehr,

dass die Wagen und Menschengruppen der Adligen und Würdenträger die Fantasie anregten. Thematisch

aufeinander abgestimmt und ihrer Wirkung stets gesteigert wurden. Damit die mythologische

Überhöhung der Machthaber schließlich gelang, die als Höhepunkt in aller erdenklichen Pracht

erschienen. Denn das wesentliche Anliegen des gesamten höfischen Festes war neben der kulturellen

Überbietung der in Konkurrenz stehenden Länder die Inszenierung des Herrschers als ideale, geradezu

übermenschliche, ja göttliche Gestalt. Vorbild war Ludwig XIV. in Frankreich. Nicht selten

inszenierte man den Fürsten als mythologische Figur, oft als Apoll, Herkules oder Zeus, manchmal

auch als letzten Ritter, der die Christen vor den Heiden rettet. So zieht der Herzog von Württemberg

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:28:50 Min

Aufnahmedatum

2010-11-03

Hochgeladen am

2011-04-11 13:53:30

Sprache

de-DE

Der Vortrag versucht die Frage wie höfisch die die höfischen Feste waren" in zwei Schritten zu beantworten: In einem ersten charakterisiert er die Merkmale höfischer Festkultur im 17. Jahrhundert, in einem zweiten, wie Momente des höfischen Festes in barocken Theaterstücken reflektiert werden. Hier zeigt sich ein anderes" Fest, dessen konzeptionell angelegte Antinomie sich in verheißener Teilhabe und forcierter Exklusi-vität offenbart. Als Beispiele denen Stücke von Jacob Frischlin und Christian Weise. Das barocke Theater war nicht nur zur Hofkritik fähig, sondern hat diese speziell mit der höfischen Festpraxis verbunden. Die Exklusivität des höfischen Erlebens basiert auf einer Ausgrenzung und Instrumentalisierung der nicht-höfischen Bevölkerung, deren nur mittelbare Teilhabe am Fest entzaubert wird. Die Dramen als Theaterfeste gesehen, stellen für ihr Publikum ein anderes Fest" dar, nämlich einen Einblick in höfisches Fei-ern über die Dispositive der Theaterbühne. Die in beiden Stücken markierte Differenz von tatsächlicher und vorgeblich repräsentativer, aber nur partiell zuschauender Teilha-be zeugt von einem erstaunlich weit reichenden Bewusstsein von den Regulativen des höfischen Festes im Barock.
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