38 - Tickt China anders? Und wenn ja, wie? [ID:12694]
50 von 395 angezeigt

Der Titel ist etwas reißerisch und etwas ungenau.

Frankreich tickt anders, England ohnehin.

Doch auch in Binnenkulturen gibt es unterschiedliche Fremds- und Selbstwahrnehmungen.

Kurzzeitig sagte mir eine Erlanger Freundin, ich sollte mal zur Kenntnis nehmen,

dass die Leute in West-Mittelfranken ganz anders wären.

Mit anderen Worten, die Franken sind anders als Oberbayern

und die West-Mittelfranken mögen anders sein als die Mittelfranken.

Also ist es ganz deutlich, dass es auch in China so bestellt sein muss,

also diese Captatio Benevolentiae voran.

Gleichwohl will ich Ihnen im folgenden, im Wesentlichen anhand dreier Leitlinien

zu einem Verständnis bestimmter Phänomene im heutigen China gewissermaßen verhelfen.

Da können Sie fragen, was kann die Synologie, mein Fach, dazu beitragen,

was Sie nicht schon aus den Medien wissen.

Und da würde ich sagen, ein wenig historischer Tiefenschärfe,

ein wenig Philologie.

Ich war sechs Jahre an der Universität Göttingen, da hieß die Fakultät HISTphil historisch-philologisch.

Und zu diesen Kennzeichnungen und Charakteristiken möchte ich mich auch bekennen.

Die erste, ich fasse das jetzt am Anfang kurz zusammen und dann werden Sie sehen,

wie ich mich da versuche zu entfalten.

Die erste Leitlinie, die ich Ihnen ans Herz legen möchte,

ist die selektive Wahrnehmung der Vergangenheit in China als Orientierung für die Gegenwart,

insbesondere für die Außenpolitik, aber in gewissen Weisen auch für die Innenpolitik.

Die zweite ist radikal unterschiedliche Geschwindigkeiten bei der Durchsetzung politischer Ziele

in den letzten 150 bis 200 Jahren.

Und das dritte ist sozusagen, nachhin mündet dann alles das gegenwärtige Leitmotiv, die Stabilität.

Der chinesische Staatschef heißt Xi Jinping.

Und Ping ist ein Schriftzeichen, was Ausgleich, Harmonie, aber vor allem auch Friede bedeutet.

Und Sie glauben nicht, wie viele chinesische Männer, zum Teil auch Frauen in geringer Maße,

dieses Schriftzeichen in ihrem persönlichen Namen tragen.

Da könnten Sie sagen, das ist übelabwährend.

Das ist vielleicht Vorsorge gegen etwas, was wir gleich auch etwas ausführlicher studieren werden.

Jedenfalls, wir nennen sowas auch apotropäisch, also übelabwährend.

Ein magischer Anteil in einem persönlichen Namen, der darauf hinweist, dass vielleicht nicht alles so friedlich,

nicht alles so stabil und nicht alles so ausgeglichen in der chinesischen Geschichte gewesen ist.

Was kann der Synologe noch? Er oder Sie können dadurch eher ungewohnte Fragen stellen

und auch natürlich Texte analysieren, die nur auf Chinesisch vorliegen.

Viele oder manche von Ihnen haben sich vielleicht die eine oder andere Website einer chinesischen Firma angeschaut.

Da ist es dann in der Regel eine Seite auf Englisch, meistens sogar noch abgekupfert,

und der Rest ist auf Chinesisch. Dazu brauchen Sie zumindest schon Sachbearbeiter, die des Chinesischen mächtig sind.

Also ich mache hier Werbung natürlich auch für unser Fach, das sehen Sie sehr deutlich.

Aber die ist, glaube ich, notwendiger denn je.

Und es freut mich auch, dass so ein großes Auditorium hier zustande gekommen ist.

Ich beginne mit dem ersten Teil, das kollektive Gedächtnis Chinas als ein selektives.

Und nur zur Erinnerung vielleicht sehr kurz, eine Karte Chinas um 1890.

Sie sehen das große Pachtgebiet auf der rechten Seite. Ich soll hier immer den Cursor bedienen.

Sie sehen das große Pachtgebiet auf der rechten Seite. Das war ein deutscher Anteil, die Provinz Xiaozhou.

Wir sehen hier unten Einflüsse sozusagen der Franzosen. Wir sehen die Pachtgebiete.

Und wir sehen aber auch die Vertragshäfen, die sich 1842 und später nochmal im Zweiten Opiumkrieg ergeben haben,

sozusagen aus den sogenannten ungleichen Verträgen. Im marxistischen Sprachgebrauch ist ja häufig von Semi-Kolonie die Rede.

Semi-Kolonie hat verschiedene Charakteristiken.

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:47:40 Min

Aufnahmedatum

2020-01-20

Hochgeladen am

2020-01-21 16:23:51

Sprache

de-DE

China, die älteste noch bestehende politische Institution unserer Erde, ist aus der Welt der Politik, der Wirtschaft und der Kultur nicht mehr wegzudenken. Aber wie kann man das Geheimnis dieses Erfolges am besten begreifen? Die eine „Formel für China“ gibt es nicht, doch es ist möglich, in Chinas Geschichte und Gegenwart Konstanten und Brüche im chinesischen Selbstverständnis zu identifizieren.

Michael Lackner erklärt, wie sich diese vor allem auf das Verhältnis des Vielvölkerreichs China zur Welt auswirken. Anhand von historischen Schlüsselmomenten in Politik, Wissenschaft, Religion und Kunst wird das Beharrungsvermögen der chinesischen Kultur verdeutlicht. Dabei werden jedoch auch die zum Teil dramatischen Veränderungen der Gegenwart nicht vergessen.

Einbetten
Wordpress FAU Plugin
iFrame
Teilen