6 - Ars Erotica - Zur pädagogischen Kultivierung der sexuellen Lüste im Abendland [ID:697]
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Ars erotica zur pädagogischen Kultivierung der sexuellen Lüste im Abendland.

Eine kurze Einführung.

Scencia sexualis oder Ars erotica.

Eine pädagogische Erweiterung von Michel Foucault.

Im ersten Band seiner Geschichte der Sexualität im Abendland hält

Michel Foucault mit einem durchaus bedauernden Unterton fest, dass die

abendländische Gesellschaft keine Ars erotica, sondern nur eine Scencia sexualis,

also eine Wissenschaft über Sexualität, entwickelt habe.

Während etwa China, Japan, Indien und die arabisch-islamischen Gesellschaften

im Verlaufe ihrer theoretischen und praktischen Beschäftigungen mit

der Sexualität die Praxis der sexuellen Lust sowie deren Beförderung und

Intensivierung in den Mittelpunkt gerückt haben, so habe das Abendland mit

Geständnistechniken und hermeneutischen Methoden vorliebgenommen, um der

Verborgenheit der sexuellen Wahrheit auf die Spur zu kommen.

Während beispielsweise in Asien erotische Meister-Schüler-Verhältnisse

an der Tagesordnung gewesen wären, hätten in Europa Geständnisrituale

dominiert, in denen man seine Sexualität dem Priester beichten,

dem Wissenschaftler gestehen oder in der freien Assoziation dem

Psychoanalytiker mitteilen konnte.

Ging es nach Foucault also, kurz gesagt, im Morgenland um ein praktisches

Wissen sexueller Aktivitäten und somit um die Möglichkeit einer lustbetonten,

rauschhaften und ekstatischen Sexualität?

So ging es im Abendland um ein theoretisches Wissen des sexuellen

Begehrens im Rahmen des Erlaubten und des Verbotenen.

Wenn das Abendland eine Lust entwickelt habe, dann diejenige über

die Sexualität zu sprechen.

Die abendländische Erotik sei eine des Diskurses.

Ihre Ekstasen fänden im Gedächtnisritualen statt.

Auch in der Pädagogik kann man nicht von einer Ars Erotica sprechen,

jedenfalls dann nicht, wenn man darunter versteht, dass Erziehung und Bildung

den Menschen Einstellungen und Techniken vermitteln sollen,

die sie in sexuelle Rausch- und ekstatische Lustzustände versetzen können.

In einem weiten Sinne allerdings macht die Rede von einer pädagogischen

Ars Erotica doch Sinn.

Insofern es historisch betrachtet in der Pädagogik um eine Kultivierung

der Sexualität ging, die über das Geständnis und den

erkenntnistheoretischen Zugang zur Sexualität weit hinausreichte.

Denn seit der Antike ist neben Essen und Trinken vor allem die Sexualität

im Rahmen von pädagogischen Kultivierungs- und Zivilisierungsdiskursen

behandelt worden.

Denn dort, wo es um die Arterhaltung und die Selbsterhaltung geht,

treten Bedürfnisse auf, die körperlich, impulsiv, fordernd, überschwänglich

und wenig kontrollierbar erscheinen.

Die Leidenschaften der Seele, vor allem die Selbst- und die Arterhaltungstriebe,

haben eine Tendenz zum Extremen.

Sie scheinen kaum befriedigt werden zu können und neigen zum Exzess.

Hier sind sowohl eine philosophische Lebenskunst wie eine medizinische Heilkunst

oder eben auch eine pädagogische Lenkungskunst gefragt.

Diesen Leidenschaften gilt es auch und gerade unter pädagogischer Sicht

volle Aufmerksamkeit zu widmen, um sie mit Hilfe entsprechender Maßnahmen

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

01:06:42 Min

Aufnahmedatum

2010-01-12

Hochgeladen am

2011-04-11 13:53:27

Sprache

de-DE

In der Pädagogik kann man nicht von einer /ars erotica/ sprechen, wenn man darunter versteht, dass Erziehung und Bildung darauf zielen, den Menschen Einstellungen und Techniken zu vermitteln, die sie in sexuelle Rausch und ekstatische Lustzustände zu versetzen in der Lage sind. Wenn von einer pädagogischen /ars erotica /die Rede ist, so ist unter sexueller Kultivierung und Zivilisierung oftmals die Repression und Sublimierung der sexuellen Lüste gemeint. Sexualität wird in der Pädagogik nicht als gefährdet, sondern als gefährlich wahrgenommen: Sie bedroht das autonome Subjekt. Diese Gefährdung soll über sieben Etappen in der Geschichte der Pädagogik der Sexualität von der antiken Stilisierung der sexuellen Lüste bis hin zur postmodernen Pornographisierung rekonstruiert werden. Zum Schluss wird der Versuch unternommen, eine pädagogische /ars erotica/ als Pädagogik der Wollust zu skizzieren.
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