6 - Buchhandel nach 1945: Gastvortrag von Dr. Anna-Maria Seemann [ID:19599]
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Herzlich willkommen von mir zu der heutigen Vorlesung im Rahmen der

Buchhandelsgeschichte im Überblick. Mein Name ist Anna Maria Seemann.

Ich war vor ein paar Jahren auch wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Buchwissenschaft

und habe in Erlangen bei der Buchwissenschaft auch promoviert und zwar über das Thema,

über das ich Ihnen heute hier etwas erzählen darf, worüber ich mich freue. Ich hoffe,

Sie finden das Thema der Parallelverlage genauso spannend wie ich es finde. Also,

es geht um den Buchhandel nach 1945 und die Parallelverlage dienen hier praktisch als

Beispiel oder als ein wichtiger, vielleicht typischer Teil für die Verlagsgeschichte.

Was machen wir? Ich nehme Sie mit auf eine kleine Reise in dieses Thema hinein. Wir schauen

zunächst einmal auf die Situation nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Das war ja die letzte

Vorlesung, die Sie mit Herrn Doktor Tietel hatten. Wir schauen kurz auch auf die Buchmessen und den

Börsenverein und blicken dann auf die Ursachen für die Entstehung dieser sogenannten Parallelverlage

und zum Schluss habe ich Ihnen noch ein paar Fallbeispiele mitgebracht, um das ein bisschen

anschaulich erläutern zu können. Das kennen Sie hier aus dem Geschichtsunterricht, hoffe ich auch

noch. Also nach 1945, nach Ende des Zweiten Weltkriegs, war Deutschland in zunächst vier

Zonen geteilt. Die britische, die amerikanische, die sowjetische und die französische Zone,

was dann 1949 in die Teilung des Landes in zwei deutsche Staaten mündete. Was war im Buchhandel

passiert? Was war praktisch die Ausgangslage damals, 1945? Leipzig, ein sehr wichtiges Zentrum

der deutschen Buchwirtschaft und der Verlagsbranche, das haben Sie hier in der Vorlesung alles

kennengelernt. Leipzig war stark zerstört worden im Zweiten Weltkrieg. Es hatte hier noch in den

letzten Jahren, also 1944, besonders große Zerstörungen gegeben. Davon war auch das

grafische Viertel in Leipzig stark betroffen. Man geht hier davon aus, dass damals bis zu 80

Prozent hier vernichtet waren. Das betrifft Gebäude, aber ebenso natürlich Dinge wie

Buchbestände, Rohbogen, Papier, aber auch so etwas wie Druckmaschinen, Bindemaschinen und Ähnliches.

Das war die Lage in Leipzig für die Buchbranche und so die große politische Rahmensituation.

Hier nur ein paar Stichworte für eine natürlich sehr komplexe und komplizierte gesellschaftliche

Lage. Die Ziele der Alliierten, die Deutschland besetzt hatten, waren die Entnazifizierung,

die Entmilitarisierung und Demokratisierung des deutschen Volkes. Die Alliierten hatten

dafür das Konzept der sogenannten Umerziehung, Re-Education entwickelt und in diesem Konzept,

also bei dieser Zielstellung, Deutschland zu demokratisieren, wieder zu entnazifizieren,

spielten Medien und darin auch der Buchhandel eine wichtige Rolle. Weil das so wichtig war,

war es zunächst so, dass jegliche verlegerische Betätigung gänzlich verboten war. Es gab eine

Verfügung des Alliierten Kontrollrates dazu und dann, das hat nicht lange gedauert, nach Ende

des Zweiten Weltkriegs war das Verlegen, war die publizistische Betätigung dann so allmählich

schrittweise unter Auflagen wieder zulässig und das geschah, also diese Auflagen, die Kontrolle

der verlegerischen Betätigung, die geschah auf diesen beiden Ebenen, einmal der personellen Kontrolle.

Also man schaute sich an, wer eine Lizenz bekam und brauchte dann Lizenzen, um verlegerisch tätig

zu sein. Guckte sich also die Personen an, die diese Lizenzen für einen bestimmten Verlag

erhalten konnten und man kontrollierte aber auch auf inhaltlicher Ebene. Das heißt, es gab eine

Vorzensur, später nur noch eine Nachzensur. Vorzensur bedeutet, dass Manuskripte eingereicht

werden mussten bei den zuständigen Stellen, bei den Alliierten und die wurden inhaltlich geprüft

und dann bekam die Verlage die Genehmigung, das drucken zu dürfen oder eben auch nicht. Später

genügte es dann praktisch, die bereits gedruckten Werke einzureichen. Die konnten dann unter Umständen,

wenn es politisch nicht für richtig und gut befunden worden ist oder eben entlang dieser

Zielsetzungen inhaltlich, dann konnten die Druckwerke einfach wieder aus dem Verkehr

gezogen werden. Wir hatten hier, das ist auch sicherlich bekannt aus dem Geschichtsunterricht,

unterschiedliche Entwicklungen in den vier Besatzungszonen und dann natürlich auch in den

beiden deutschen Staaten. Das gilt für die generelle politische Entwicklung, aber auch

für die Entwicklung im Buchhandel. Prägend für den Buchhandel nach 1945 war ein grundsätzliches

Kapazitätenproblem. Das hatte einerseits mit den schon erwähnten großen Zerstörungen zu tun,

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:45:05 Min

Aufnahmedatum

2020-07-13

Hochgeladen am

2020-07-13 10:26:32

Sprache

de-DE

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