7 - Europarecht I [ID:5551]
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Ein schönen guten Morgen. Ich darf Sie zu einer weiteren Sitzung Europarecht begrüßen.

Wir haben ja in den letzten drei Wochen schon allerhand Stoff bewältigt. Wir haben uns vor

allen Dingen in der letzten und vorletzten Woche eben mit der Frage beschäftigt, mit welchem

Rang und welcher Wirkung, auf welchem Rang, auf welcher Rangstufe wirkt das Europarecht

eigentlich in der innerstaatlichen Rechtsordnung. Sie erinnern sich, wir haben zunächst die Frage

gestellt, können sich Individuen überhaupt auf einen zwischenstaatlichen Vertrag wie den

damaligen EWG-Vertrag berufen. Der EGH hat gesagt, ja in der Entscheidung fangen denn los. Dann

stellte sich die nächste Frage, wirkt das Europarecht denn auch vorrangig gegenüber dem

nationalen Recht. Nur dann ist die unmittelbare Wirksamkeit, die Möglichkeit sich unmittelbar

auf Europarecht zu berufen, ja nur praktisch relevant, wenn sich das Europarecht auch im

Rangverhältnis gegenüber nationalem Recht durchsetzen kann. Entscheidung Costa Enel. Das

waren Entscheidungen, die sich auf das Primärrecht bezogen haben, also auf den EUV, jedenfalls wie

er heute ist, damals noch EWG-Vertrag. Damit war die Frage geklärt, zumindest aus Sicht des EGH,

wie denn das Primärrecht wirkt. Wir haben in der letzten Sitzung uns dann mit der deutlich

komplizierteren Frage beschäftigt, wie wirkt eigentlich das Sekundärrecht, wie wirken insbesondere

Richtlinien, von denen der Vertrag ja eigentlich annimmt, dass sie gar nicht unmittelbar wirken

sollen, sondern dass sie nur verbindlich bezüglich ihres Ziels sind und den Mitgliedstaaten die

Möglichkeit lassen, die Richtlinie noch in nationales Recht umzusetzen. Wir haben gesehen,

dass auch hier der EGH in einer langen Linie von Rechtsprechung entwickelt hat, dass jedenfalls

im Verhältnis zwischen Staat und Individuum, also in der vertikalen Wirkung, wir von einer

Direktwirkung ausgehen, der EGH von einer Direktwirkung ausgeht, mit dem Argument,

der Mitgliedstaat, der sich europarechtswidrig verhalten hat, weil er die Richtlinie nicht

umgesetzt hat, kann sich nicht auf sein eigenes rechtswidriges Verhalten gegenüber dem Bürger

berufen. Das gilt allerdings nur, soweit der Bürger eben die Bürgerin aus der Richtlinie ein Recht

geltend macht, nicht wenn die Richtlinie den Bürger oder die Bürgerin verpflichten soll. Also der

Staat kann sich nicht sozusagen auf sein eigenes Unrecht berufen, wenn er vom Bürger eine Pflicht

verlangt. Und schließlich haben wir auch gesehen, dass eben keine unmittelbare Direktunterdrittwirkung

im horizontalen Verhältnis, also im Verhältnis zwischen den Bürgerinnen und Bürgern besteht.

Wir haben dann gesehen, dass gewissermaßen diese Entwicklung, diese unmittelbare Wirksamkeitsrechtsprechung

natürlich nur dann praktisch sinnvoll ist, wenn die Richtlinie auch ein Recht vermittelt,

auf das sich der Einzelne berufen kann, dass es aber durchaus Fälle geben kann, in denen eben das

nicht der Fall ist und sich dann die Frage stellt, ob wenigstens dann in einem solchen Fall möglicherweise

ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden kann, das Stichwort Amtshaftung, das heißt also

die Haftung des Mitgliedstaates dafür, dass er eben hier Europa-Recht nicht umgesetzt hat,

dass er eben seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. Eine lange gewissermaßen eine

lange Linie von Rechtsprechung, die beginnt eben mit der allerersten Entscheidung von Gent entlos

und die sich fortsetzt bis eben hin zu der Frage, ob eben ein Staatshaftungsanspruch gegeben sein kann.

Alles das war gewissermaßen die Frage, wie wirkt das Europa-Recht, welche Wirkungen hat es,

auf welcher Rang-Ebene wirkt es aus der Perspektive des Europa-Rechts, beziehungsweise konkretisiert,

aus der Perspektive des EuGH. Wir haben dann natürlich gesehen oder haben in der vorletzten Woche

schon darüber gesprochen, dass die Frage natürlich immer doppelt zu stellen ist. Wir haben es mit zwei

Rechtsordnungen zu tun, das heißt also auch wenn in der einen, in der europarechtlichen Rechtsordnung

diese ganzen Fragen eben entsprechend vom EuGH entwickelt und entschieden werden, heißt es noch

lange nicht, dass sie gewissermaßen auf der anderen Seite, nämlich in der innerstaatlichen

Rechtsordnung auch genau so ankommen. Das ist ja das Besondere am Europarecht, das ist jedenfalls

von der Genese her erstmal eine andere Rechtsordnung ist als die innerstaatliche Rechtsordnung. Das heißt also

wir müssen uns jetzt heute und in der nächsten Sitzung, also übermorgen fragen, wie hat eigentlich

oder wie wird eigentlich die Frage von Rang und Wirkung des Europa-Rechts aus Sicht des Grundgesetzes

gelöst und an dieser Stelle erweist es sich als praktisch und hilfreich, dass wir alle keine

besonderen Textsammlungen zum Europa-Recht angeschafft haben, sondern auf unsere allgemeinen

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

01:25:54 Min

Aufnahmedatum

2015-11-03

Hochgeladen am

2015-11-03 11:24:26

Sprache

de-DE

Die Vorlesung behandelt die Grundstrukturen des institutionellen und materiellen Unionsrechts einschließlich der Grundfreiheiten. Gegenstand der Veranstaltung sind jene Teile des Europarechts, die zum Pflichtstoff des Ersten Juristischen Examens zählen.

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