8 - Können Städte gesundschrumpfen? Wohnungsleerstand als Herausforderung für die Stadtentwicklung [ID:261]
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Stadtumbau Ost ist ein von der Bundesrepublik initiiertes Stadtentwicklungsprogramm,

welches versucht, Ansätze und Methoden zu finden,

das zu groß gewordene Kleid ostdeutscher Städte wieder passend zu machen.

Warum ist diese Forschungsfrage überhaupt interessant?

Die Deutschen werden langfristig weniger werden, wenn auch nicht überall.

In den rot eingefärbten Gebieten wie etwa in München erleben wir sogar eine Bevölkerungszunahme.

Mittelfranken ist durch gelbe bis rosa Gebiete geprägt in der Karte.

Das heißt, wir werden bis 2020 eine stabile bis leicht zunehmende Bevölkerung erleben.

Bis dahin wird die Bevölkerungsabnahme aber schon in den blauen Regionen dann zuschlagen.

Wenn Sie sehen, es ist vor allem in Ostdeutschland, aber nicht nur Ostdeutschland.

Es sind auch die von Stahl dominierten Gebiete an Rhein und Ruhr.

Es sind eben in Franken etwa Hof mit seiner Textilindustrie.

Es ist etwa auch selb mit der Porzellanerzeugung in unserer Nähe.

Die Arbeitsplätze verlieren und damit eben Bevölkerung.

Und so ist es auch nur konsequent, dass es inzwischen auch ein Programm Stadt- und Bau West gibt.

Wir sind hier noch nicht so betroffen, aber gleichwohl gilt es für die Stadtplanung heute schon die Weichen zu stellen für diese rückläufige Bevölkerung.

Und damit sind wir bei meinem Problem.

Die Steuerungsinstrumente des Planungsrechts sind für diese Herausforderung nicht gemacht und man könnte auch sagen nur eingeschränkt tauglich.

Ich selbst, als ich 2000 nach Dresden gekommen bin, bin in so einen Stadtviertel gezogen.

Meine Frau war es dort nach Sonnenuntergang nicht mehr so geheuer. Das heißt, sie hat sich geweigert, den Hundgassi zu führen.

Das musste dann ich tun. Und dann sind wir halt umgezogen zum großen Garten, wo also hier geringer Leerstand war.

Und dann auch die Wohnsituation hübscher.

Dieser Broken-Windows-Effekt hat also hier schon so eine Selbstverstärkung.

Und aus dem Hintergrund bedeutet also Wohnungsleerstand auch etwas Qualitatives.

Wenn Sie es hier mal so vergleichen zwischen West und Ost, dann sieht man hier gut Leerstand in Westdeutschland ist absolut gesehen sogar höher als in Ostdeutschland.

Wir haben zwei Millionen in Westdeutschland, 1,1 Millionen im Osten. Aber im Osten ist natürlich die Relation größer.

Und das verstärkt sich noch, wenn wir unterstellen, dass 3% Leerstand für Umzug und Umbau normal sind,

dann ist also im Westen noch so ein härterer Leerstand von 3,5% übrig,

während im Ostdeutschland wir eine ganz andere Dimension haben.

Und bei diesen 14,3% sind Wohnungen in unbewohnbaren Häusern auch noch nicht mitgerechnet.

Woher kommt dieser Leerstand?

Hier wird gerne argumentiert, dass die Abwanderung dran schuld sei, dass in Ostdeutschland so viele Wohnungen leer stehen.

Das möchte ich so nicht stehen lassen.

Es ist zwar wahr, dass 1,3 Millionen Menschen seit der Wende Ostdeutschland verlassen haben,

aber die Zahl der Haushalte ist seit 89 um 200.000 gestiegen und wird bis 2020 um weitere 100.000 steigen.

Haushalte sind für uns Wohnungswirtschaftler die eigentlich erklärende Variable, denn Nachfragen sind Haushalte, nicht Einzelpersonen.

Insofern ist also die Nachfrage sogar gestiegen, weil die Haushalte kleiner geworden sind.

Sie waren unmittelbar nach der Wende, lagen die bei 2,5 Personen pro Haushalt, heute oder 2003 waren es dann noch 2,03 Personen,

also schon eine gewaltige Reduzierung.

Was hat dann die Städte Ostdeutschlands so aufgebläht und diese Leerstädte erzeugt, wenn es nicht die Abwanderung war?

Es wurde einwandfrei zu viel gebaut. Zunächst schon in der DDR.

Im Jahr der Wende waren 420.000 Wohnungen unbewohnt, weil unbewohnbar. Die bürgerlichen Stadtviertel wurden ja nicht richtig unterstützt,

man hat Neubauten gebaut. In Relation zum damaligen Bestand hatten wir so eine Leerstandsrate von 5,6%.

Jetzt hätte man natürlich hergehen können und diese Wohnungen sanieren. Das ging allerdings nicht,

denn bauen konnte man ja nur dort, wo gesicherte Eigentumsverhältnisse nachweisbar waren und dem stand das Prinzip Rückgabe vor Entschädigung entgegen.

So wurden dann seit der Wiedervereinigung 825.000 Wohnungen mehr gebaut als abgerissen.

Und dieses Bauvolumen, das ja steuerlich sehr stark gefördert wurde, hat den Leerstand um weitere 10,7% erhöht.

Ich sagte, es ist nicht die Abwanderung, aber der Bevölkerungsrückgang wird gleichwohl zuschlagen, wenn auch erst nach 2020.

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Thomas Reichart Prof. Dr. Thomas Reichart

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:30:08 Min

Aufnahmedatum

2005-06-23

Hochgeladen am

2017-07-04 16:56:00

Sprache

de-DE

Tags

Herausforderung Stadt gesundschrumpfen Wohnungsleerstand Wohnung Stadtentwicklung
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