Sehr geehrte Damen und Herren, die Entwicklung der Krankenpflege von religiös geprägten
Dienst am nächsten zur anerkannten Berufstätigkeit allerdings lange Zeit überwiegend vor Frauen
folgte übergeordneten gesellschaftlichen, politischen und rechtlichen Vorgaben.
Heute arbeitet etwa jede neunte Beschäftigte im Gesundheitswesen und innerhalb dieses Zweiges
stellen die Pflegende die größte Berufsgruppe dar.
Dabei hat sich das Selbstverständnis der Pflege in den letzten Jahrzehnten deutlich
gewandelt.
Wie kaum eine andere Berufsgruppe hat die Pflege einen enormen Professionalisierungs- und
Akademisierungsschub erfahren.
Auf Hochschulebene wurden Pflegewissenschaft und Pflegeforschung an vielen medizinischen
Fakultäten und Universitätskliniken verankert und seit 1992 fördert die Robert-Bosch-Stiftung
in Stuttgart Habilitations- und Promotionsvorhaben zur Geschichte der Pflege unter dem Stichwort
Pflege braucht Eliten.
Zur politischen Durchsetzung von pflegeberuflich relevanten Zielen auf Landes- und Bundesebene
wurde 1998 der Deutsche Pflegerat als Bundesarbeitsgemeinschaft zahlreicher Pflegeorganisation gegründet.
Zur Professionalisierung gehört aber auch die Aufarbeitung und Darstellung der Geschichte
der Pflege, der eigenen Disziplin angesiedelt an der Schnittstelle von Medizin und Gesellschaft.
In den letzten Jahren erschienen Einführungen und Überblicksdarstellungen, die sich alle
gegen die vermeintliche Geschichtslosigkeit der Pflege wendeten.
Und in einem 2003 bereits in siebemte Auflage erschienen Standardwerk Pflege des kranken
Menschen von Eduard Seidler und Karl-Heinz Leven herausgegeben, plädierten die Autoren
dafür, für die Pflegegeschichte die ausschließlich standesgeschichtliche Perspektive aufzubrechen
und Pflege und ärztliches Handeln nicht länger als streng voneinander getrennte Elemente
aufzufassen.
Krankenhausgeschichte ohne Pflegegeschichte ist Stückwerk, so die führende Pflegehistorikerin
Silvelin Hähner-Rombach.
Bis in das 20.
Jahrhundert hinein wurde die Krankenpflege in Deutschland und in Erlangen von Angehörigen
ganz unterschiedlicher konfessioneller und nicht-konfessioneller Gruppierungen geleistet.
In meinem Vortrag möchte ich mich zunächst auf die konfessionell gebundene Pflege, wie
sie durch die Diakonissen-Mutterhäuser Augsburg und Neuen-Dettelsau geleistet wurden, konzentrieren.
Danach werde ich die politisch durchgesetzte Ablösung der Schwestern durch die sogenannten
braunen Schwestern der NSV im Zeitalter oder zur Zeit des Nationalsozialismus schildern.
Schließlich soll die Institutionalisierung der Krankenpflegeausbildung in den 20.
Jahrhundert und mit der Gründung der zweiten Schule in den 50er Jahren noch kurz skizziert
werden.
Und zum Abschluss sollen gegenwärtige Entwicklungen und aktuelle Diskussionen in der Pflege skizziert
werden.
Und wenn Ihnen hierbei in dem aktuellen Teil der eine oder andere Aspekt, den ich ansprechen
werde, eventuell aus dem historisch vorhergesagten bekannt vorkommt, ist es wahrscheinlich kein
Zufall.
Noch ganz kurz vorweg zur Quellenlage, während die Pflege durch die Kongregation der barmherzigen
Schwestern, ebenfalls eine konfessionelle Gruppierung in den klinischen Einrichtungen
der Ludwig-Maximiljams-Universität im Rahmen einer Dissertation sehr ausführlich aufbereitet
wurde, ist das Wirken der Erlanger Pflegenden bislang wenig thematisiert worden.
Die folgenden Ausführungen zur Pflege durch die evangelischen Diakonissenanstalten Neuen
Dettelsau und Augsburg basieren daher auch überwiegend auf archivalische Quellen, die
im Rahmen des Jubiläumsbandes erhoben worden sind.
Auf die Geschichte des 1854 durch den bayerischen Pfarrer Wilhelm Löö gegründeten Mutterhauses
kann hier leider nicht näher eingegangen werden.
Presenters
Dr. Susanne Ude-Koeller
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:43:54 Min
Aufnahmedatum
2016-03-21
Hochgeladen am
2016-03-29 13:05:15
Sprache
de-DE