In der letzten Woche haben Sie bzw. habe ich mich im Videoformen mit oder habe ich Ihnen
vorgestellt die transformatorische Bildungstheorie. Das ist eine ziemlich wichtige Bildungstheorie,
kann man sagen. Das ist eine gegenwärtige Bildungstheorie. Um das nochmal einzuholen,
Sie hatten davor die Bildungstheorie Wolfgang Klaffdies kennengelernt. Da ging es um
epochaltypische Schlüsselprobleme und es ging um die Frage, wer noch diese Ganzheiten,
um die es da eigentlich geht, auf die man sich einigen muss, definieren kann. Die
transformatorische Bildungstheorie ist eine, die viel stärker auf das Individuum als Einzelnis
fokussiert. Das ist eine Konsequenz auch der Veränderungen von Gesellschaft und der Zeit,
in der die dann auch entstanden ist und darauf reagiert hat, insbesondere in den 80er Jahren,
1980er Jahren wurde diese transformatorische Bildungstheorie von Winfried Mautzki und
anderen auch formiert. Also aus meiner Sicht ist das eher eine Klasse von Bildungstheorien,
die für diese Zeit typisch ist. Und diesen Begriff des transformatorischen, der ist dort
eben ein Kernbegriff, der eben darauf abzielt, dass in einer immer komplizierter werdenden Welt,
und das hat ja seit den 80ern nicht aufgehört, sogar immer rasant an Geschwindigkeit zugenommen,
die Orientierungsfähigkeiten der Einzelnen eine immer größere Rolle spielen. Denn durch die
Pluralisierung von Gesellschaft und durch die Krisen, die ja für moderne Gesellschaften eher
typisch sind als die Ausnahme, kommt es immer mehr darauf an, dass die Einzelnen sich trotz
der veränderten Umstände und trotz wegbrechender normativer Orientierung, in an dem man sich
festhalten kann, dass sie sich also darin selber orientieren können. Also die transformatorische
Bildungstheorie reagiert also auf diese Notwendigkeit, sich selbst orientieren zu können in komplizierten
und komplexen Gesellschaften, in denen eben diese Orientierung zum Beispiel nicht mehr einfach durch
Rollenvorbilder gegeben sind. Weiß nicht, ob Sie beispielsweise amerikanische Filme der 1950er Jahre
oder 60er Jahre meinetwegen noch kennen, wo in der Regel die sozialen Rollen völlig unentfragt
aufgeführt werden. Die Männer sind die Männer, die Frauen sind die Frauen, gerne auch Hausfrauen,
so der Doris Day-Typ zum Beispiel in den 60ern. Die Kinder haben eben typische Unterordnungsrollen.
Wir sehen dann so an, James Dean-Filmen in den 60er Jahren, wie dann so diese eigentlich
traditionellen Unterordnungsverhältnisse in die Krise geraten. Das ist also immer der große
Sohn-Vater-Konflikt, der aufgeführt wird. Vater repräsentiert dann auch immer eine Zeit,
die dann schon untergegangen ist. Also wir sehen da schon gesellschaftlichen Wandel,
der sich dann im Medium Film in den 60er Jahren sehr deutlich auch eben niederschlägt. Und das
zeigt dann, dass Generationskonflikte aufkommen, die es so vorher gar nicht gab. Und wir haben das
natürlich in anderer Form auch mit studierenden Protesten weltweit gehabt, die aufbegehren gegen
alte Muster, alte Generationen und so weiter. Also da sehen wir solche Prozesse, in denen eben
sicher geglaubte Normen in Frage gestellt werden und ihre gesellschaftliche Legitimität nicht
vollständig verlieren, aber die partikularisieren sich. Also heute sind wir eben angekommen so ziemlich
am Ende dieses Prozesses, wo wir sehen, dass wir eben in Partikulargesellschaften leben,
in denen eben diese Werteordnungen eben durchaus nicht mehr von allen geteilt werden. Und umso
wichtiger ist diese individuelle Orientierung der Einzelnen. Darum geht es in der transformatorischen
Bildungstheorie in einem hohen Maße. Und das ist auch gleichzeitig, könnte man sagen, vielleicht
auch die Krux daran, dass sie eben sehr stark auf das Einzelindividuum fokussiert, wohingegen
klappt sie ja sehr stark auf Gesellschaft und Gemeinschaftlichkeit ab. Gut, also, und da haben
Sie diese transformatorische Bildungstheorie von Winfried Nauske kennengelernt. Ich hatte Ihnen
auch einen Vortrag eingestellt, der das an einem Beispiel durchdekliniert und zwar an einer Comedy
Aufführung von Hannah Gatsby, das Stück Nanett. Und da kann man auch tatsächlich sehen, wie eine
biografie-theoretische Ausrichtung von Bildungstheorie funktioniert in der Praxis. Also wir sehen hier die
Geschichte eben von Hannah Gatsby selbst, die Biografie, die sich da zur Figur ihrer eigenen
Show macht, wie das ja für Comedians eigentlich relativ üblich ist, und die eben Veränderungsprozesse
diskutiert, also sowas wie eben Gay sein, um jetzt diese zu zitieren. Sie sagt ja I'm not good at gay
oder I'm being gay oder so. Das coming out, die Folgen davon, wie das auf eine restriktive australische
Gesellschaft trifft und auf die Familie, die andere Vorstellungen hat und so weiter. Und wie das eben
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:22:07 Min
Aufnahmedatum
2025-07-08
Hochgeladen am
2025-07-08 20:56:04
Sprache
de-DE
Transformatorische Bildungstheorie (2): Habitustransformation