So, meine Damen und Herren, das Thema für heute ist die gegenwärtige Krise in historischem
Rückblick.
Und ich muss ein bisschen mit einem Mea Culpa und so weiter anfangen.
Denn was Sie heute hören, ist nicht ein großer Vergleich zwischen heute und der Vergangenheit,
sondern der Versuch, mir ein paar, mir und Jürgen, da wir ein Buch über das Thema schreiben
wollen, ein paar Gedanken zurechtzulegen, wie man es eigentlich machen müsste.
Ich werde versuchen zu begründen, warum ein Vergleich momentan verfrüht wäre, und zwar
massiv verfrüht.
Aber der springende Punkt ist, es wird ein bisschen theoretisch sein und wir werden einen
Wissenschaftler durchnehmen, von dem wir noch gar nichts gehört haben, nämlich Heimen Minsky,
und der ist wirklich in der Gegenwart heiß diskutiert und wird jetzt plötzlich, 15 Jahre
nach seinem Tod, sehr hoch bewertet.
Aber fangen wir an.
Ist die gegenwärtige Krise wirklich so anders als alle vorangehenden Krisen?
Die Antwort mitten in der Krise nach der Panik oder nach dem Bankrun auf Northern Rock war,
das ist vollkommen anders, das hat es noch nie gegeben.
Schlangen vor der Bank ist unerhört.
Diese Parolen hörte man selbstverständlich von denjenigen, die die Verantwortung trugen
für die Bank.
Und im Klartext wollten sie sagen, uns können sie nicht die Schuld geben, das hätte niemand
vorhersehen können, das ist noch nie da gewesen.
Wir wissen, jeder Wirtschaftshistoriker, der sich auch nur ein bisschen mit dem Bankensystem
in Großbritannien im 19.
Jahrhundert beschäftigt hat, der weiß ganz genau, es hat unendliche Bankruns und Bankpaniken
gegeben.
Das war ein regelmäßiges Feature der englischen Wirtschaftszene im 19.
Jahrhundert.
Nur diese Dinge sind alle passiert vor dem Betrachtungszeitraum der Volkswerte.
Die Volkswerte ist nun mal so, wenn man die Literatur liest, die Welt teilt sich in zwei
Epochen.
Ur- und Frühgeschichte und empirisch relevante Zeit.
Und die Grenze liegt bei 1980.
Alles, was davor passiert ist, ist völlig uninteressant.
Es gibt ein paar Exzentriker, die bis 1929 zurückgehen und ein paar nicht mehr ganz
zurechnungsfähige, die so ein bisschen sich zurück ins 19.
Jahrhundert zurücktasten.
Aber vor 1873 kommt im Grunde genommen gar nichts vor.
Und das ist im Grunde genommen das, was die Sache erschwert und zweitens Perspektiven
eröffnet.
Es ist allerdings ein verständlicher Wunsch, dass wir sozusagen die Vergleichbarkeit früherer
Finanzkrisen und Wirtschaftskrisen mit den heutigen Verhältnissen zu ergründen versuchen,
aus dem einfachen Grund, dass wir es nicht wieder erleben wollen.
Das ist die erklärte Absicht aller Parteien bis auf die Linke im Bundestag.
Es soll nicht wieder so kommen und wir müssen Gesetze verabschieden, die dies bewerkstelligen.
Nur das Problem ist, wenn die Finanzkrisen nicht untereinander vergleichbar sind, wenn
sie nicht ähnliche Ursachen, ähnliche Verläufe und ähnliche Folgen haben, dann ist die Gesetzgebung
völlig überflüssig.
Denn wir können nicht ahnen, wie die nächste Krise ausschaut.
Wir können die Ursachen nicht erahnen.
Wir können den Verlauf nicht erahnen.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:05:49 Min
Aufnahmedatum
2010-07-20
Hochgeladen am
2018-12-12 15:45:19
Sprache
de-DE