Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie herzlich begrüßen zu unserem Gespräch über das Thema
ethische und naturphilosophische Probleme der synthetischen Biologie.
Mein Gesprächspartner ist Herr Dr. Jens Riedt.
Herr Riedt ist Akademischer Rat am Lehrstuhl für systematische Theologie II, dessen Schwerpunkt
im Bereich Ethik liegt. Mein Name ist Rudolf Kötter und ich komme vom Zentralinstitut für
angewandte Ethik und Wissenschaftskommunikation unserer Universität.
Wir haben uns im Vorfeld dieser Veranstaltung intensiv mit der Thematik beschäftigt und dürfen
Ihnen nun die Ergebnisse unserer Überlegungen nicht in Form eines Vortrages, sondern in Form
eines Gesprächs unterbreiten. Die synthetische Biologie ist ja in diesem Jahr wie ein neuer
Stern am Himmel der Wissenschaft aufgetaucht. Zumindest in der Öffentlichkeit kann man diesen
Eindruck gewinnen. Synthetische Biologie bedeutet, dass man Lebewesen gewissermaßen am Reisbrett
für ganz bestimmte Aufgaben plant und sie nach diesen Plänen herstellt. Wobei sich diese
technische Aufgabenstellung nicht wie in der traditionellen Gentechnik auf den Transfer von
einzelnen Genen beschränkt. Jeder manipulative Umgang mit dem Lebendigen birgt natürlich
die Gefahr des Missbrauchs und das Risiko der fahrlässigen Gefährdung. Denken Sie etwa
an die Diskussion, die man um biologische Waffen geführt hat oder um die Diskussion in der
grünen Gentechnologie, wo man ja auch die Besorgnis hat, dass mit der Freisetzung genmanipulierter
Pflanzen im Freiland andere Pflanzen gefährdet werden. Es ist also klar, dass in diesem Gefährdungshorizont
auch die synthetische Biologie steht. Es ist geradezu deren Anspruch, ja, der synthetischen
Biologie, dass durch ihre Techniken das allgemeine Gefährdungspotenzial zunimmt. Es wird ja etwas
Neues geschaffen und mit dem Neuen wächst natürlich auch ein gewisses Risiko. Allerdings
vermag ich jetzt keine neue Qualität der Gefährdung zu erkennen. Das heißt, unter
Sicherheitsaspekten denke ich, genügt es dem laufenden Diskurs, um Voraussicht und Vorsicht
in der Gentechnologie einfach auf die synthetische Biologie zu übertragen und auszudehnen.
Es gibt ja ohnehin schon seit einigen Jahren Regelungen und Vorschriften, die mögliche
Risiken, die beispielsweise mit der Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen verbunden
sind, minimieren sollen oder beherrschbar machen sollen. Das hatten Sie ja gerade auch schon gesagt.
Zu denken ist dabei ja an Sicherheitsvorschriften für Labore beispielsweise oder eben an Prozeduren
der schrittweisen und immer wieder überprüften Freisetzung solcher veränderten Organismen.
Es kann aber auch sein, dass solche Organismen von Anfang an so gestaltet werden, dass sie
sich entweder nur begrenzt vermehren können oder eine deutlich geringere Lebenserwartung
haben oder eben auch kaum am genetischen Austausch mit ihrer Umwelt teilnehmen.
Und die synthetische Biologie bietet an dieser Stelle ja sogar noch eine etwas weitergehendere
Vision, nämlich Organismen gar nicht auf der Basis von DNA zu konstruieren, sondern auf
der Basis einer sogenannten XNA.
Das sollten wir vielleicht für den einen oder anderen ganz kurz...
Die Grunde bedeuten, dass man ein Organismus erzeugt, beispielsweise eine Art Bakterium,
dessen Genom gar nicht aus der DNA besteht, sondern man hat dort andere biochemische Grundlage
gewissermaßen und die Hoffnung oder Absicht möglicherweise auch dahinter wäre, dass man
solche Organismen und Grunde eine Art biochemische Enklave bilden. Das heißt, sie können gar
nicht mit ihrer Umwelt interagieren, weil sie eben eine ganz andere biochemische Grundlage
haben als alles andere Lebendige. Ob das allerdings funktioniert, ist eine völlig offene Frage
und das ist alles sowieso nur Theorie, aber solche Diskussionen gibt es zumindest in diesem
Bereich schon. Aber ich denke auch, für alles, was die synthetische Biologie derzeit kann
und was sie auf absehbare Zeit wird tun können, reichen die Regelungen, die wir jetzt haben,
sicherlich aus, auch völlig unabhängig davon, was man von diesen Regelungen, beispielsweise
im Hinblick auf grüne Gentechnik hält. Da kann man ja durchaus anderer Meinung oder
unterschiedlicher Meinung sein, wie effektiv die tatsächlich sind oder wie nützlich diese
Regelungen sind, aber für die synthetische Biologie reichen sie so, denke ich, mit Sicherheit
Presenters
Dr. Jens Ried
Dr. Rudolf Kötter
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:29:43 Min
Aufnahmedatum
2010-12-02
Hochgeladen am
2018-05-06 12:16:01
Sprache
de-DE
In dem Gespräch zwischen Herrn Dr. Jens Ried und Herrn Dr. Rudolf Kötter werden die ethischen und naturphilosophischen Probleme der Synthetischen Biologie behandelt. Dabei geht es insbesondere darum, ob sich aus den Möglichkeiten der Synthetischen Biologie ein besonderes Gefährdungspotential für die Bevölkerung ergibt, ob mit der Synthetischen Biologie ein neues Forschungsparadigma in die Biologie Einzug hält und ob die manchmal mit diesem Programm verbundenen großen Verheißungen mit dem Ethos der Wissenschaft vereinbar sind.