Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Schönen Dank, dass Sie gekommen sind.
Natürlich, wenn ein Literaturwissenschaftler, ein Philologe über die Metapher redet,
dann wird es in der Regel ein wenig trocken.
Da kann man nichts machen. Deshalb fange ich mit dem Wein an.
Ich habe mir überlegt, ob ich das machen kann, in einem Häusal wirklich jetzt ein Glas Wein auszuschenken.
Und an dem Wein herumzuprobieren. Erstens kann ich das nicht richtig.
Und zweitens wäre mir diese Performance dann doch auch vielleicht zu feucht gewesen.
Und sie hätten gedacht, mein Gott, wenn der über die Metapher reden will, dann braucht er erst mal einen Schluck.
Also habe ich mir überlegt, dass ich das mit einem Bild zeige.
Ein Glas Rotwein und das kennen Sie alles, dann sagt irgendeiner der großen Kenner oder Kennerinnen,
die sagen dann, etwas ledern im Abgang.
Was heißt etwas ledern im Abgang?
Wenn ich Ihnen jetzt das Bild gezeigt hätte, das ich aus dem Internet gezogen habe, hätten Sie auch gesagt,
das ist auch etwas ledern im Abgang möglicherweise.
Fragen wir also uns, was heißt ledern im Abgang? Das ist eine Metapher.
Und wie kann man diese Metapher überhaupt verstehen? Und warum setzt man da eine Metapher ein?
Ledern im Abgang, wenn man dann im Internet recherchiert, kommt man auf typische Weine, die ledern sind.
Das ist hier ein Rioja von Martin Cendoya.
Ein Barikanbau, Reserva, den Preis habe ich weggelassen, ausgelassen.
Intensives Aroma nach schweren Beeren lese ich dann.
Toastig, könnte man auch sagen, ist eine merkwürdige Metapher, die ich eigentlich nicht verstehe.
Und dann kommt es ein Hauch von Leder und Schokolade in dieser Kombination, ein Hauch von Leder und Schokolade im Geschmack.
Körperreich und fleischig und seidig, mit mineralischen Anklängen und reifengut eingebauten Tanninen, wahrscheinlich, so heißt das.
Ja, was heißt das? Was kann man damit anfangen?
Man kann dann weiter recherchieren und findet dann so ein Aromarat.
Und in diesem Aromarat werden die Metaphern aufgelöst.
Man kann das wahrscheinlich jetzt schlecht lesen, aber wo es dunkler wird, wo der Pfeil hin zeigt, da steht Leder.
Und wenn man dann genauer hinguckt, ist die Extremform des rauchigen Geschmacks, die kann man dann mit der Metapher Leder bezeichnen.
Die Frage ist, ob man Leder rausgeschmeckt hätte, wenn man wirklich an dem Wein probiert hätte,
ohne dass man diese Metapherncodes der Weinindustrie eigentlich oder der Weinverkoster überhaupt kennt.
Auch Abgang ist relativ schwierig. Auch da kommen wir auf eine Metapher.
Den Abgang könnte tatsächlich auch das sein, was in der Einleitung gesagt wird, wenn ich nämlich sage,
wie man aus der Tür heraus verschildert, wenn man sich über den Vortrag aufregt.
Wenn es allzu langweilig wird, dann ist es auch ein guter oder schlechter Abgang.
Beim Wein heißt es offenbar was anderes. Da habe ich auf einer anderen Webseite etwas gefunden.
Da heißt es, der Abgang ist eine Vokabel, die man bei der Weindegustation zur Beschreibung von Weißwein oder Rotwein verwendet.
Nachdem der Weinverkoster den Wein betrachtet hat, anschließend am zu verkostenden Wein gerochen hat,
um sein Aroma festzustellen und ihn dann mit Sauerstoff vermischt eingeschlüpft hat, lässt er den Wein am Gaumen kreisen.
Dann ein merkwürdiger Satz, der nach meiner Meinung ein bisschen umformuliert gehörte, aber ich zitiere ihn im Original.
Dabei stellt er fest, wie der Wein schmeckt, wie, ich würde sagen, das Aroma des Weins charakterisiert werden kann.
Am Ende schluckt der Weinverkoster den Wein, Rotwein oder Weißwein, hinunter oder spuckt den edlen Tropfen aus.
Sie kennen das alle bei Weinverkostungen. Der Abgang, und jetzt kommt es, bezeichnet nun die Aromen und Geschmackseindrücke,
die im Mund zurückbleiben, nachdem der Wein hinuntergeschluckt worden ist.
Lösen wir die Metapher also auf, dann ist es, können wir als Fazit ziehen, ein Wein ist etwas ledern im Abgang,
wenn nach dem Runterschlucken des probierten Weins ein rauchiger Geschmack zurückbleibt.
Dieses Geschmackserlebnis soll dabei eher in seinen Resten oder Erinnerungsmomenten erfahrbar sein
und schließlich zu einer nachvollziehbaren Bewertung eines Weines herangezogen werden.
Also nicht der Geschmack selber ist nur entscheidend, sondern eben auch der lederne Abgang.
Etwas ledern im Abgang ist also eine Metapher für eine schwer benennbare, im Zweifel vor allem individuell erlebte Geschmacksvariante,
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:44:38 Min
Aufnahmedatum
2017-01-19
Hochgeladen am
2017-01-26 13:09:59
Sprache
de-DE
Nach der Klärung, was eine Metapher eigentlich ist, wendet sich Prof. Dr. Niefanger der Metapher in der Rhetorik und der Metapher als Tropus zu, geht auf verwandte Phänomene ein, grenzt den Begriff ein und trifft typologische Unterscheidungen von Metaphern.
Schließlich zeigt er an Beispielen, wie Metaphern in der Dichtung, in fiktionalen Texten, in Wissenschaftstexten, in faktualen Texten und im Alltag Anwendung finden.