Ja, vielen Dank Bernhard Wieser für die freundlichen Einführungsworte. Guten Abend,
meine Damen und Herren. Es geht in diesem Vortragsblock um bildhaftes Reden, um Sprachbilder,
um Metaphern, um die Ziele, die ihrem Gebrauch zugrunde liegen und um die Vorstellungen,
die sie beim Hörer auslösen. Es geht mithin um die Bilder in ihrem Kopf. Mein angestammtes Fach
ist die Physik und ich habe die Ehre heute über bildhafte Sprache und Anschauung in der Physik,
hier im Kollegium Alexandrinum zu sprechen. Vielen Dank, Herr Dr. Kötter, für die Einladung.
Gegenstand der Physik ist die Erforschung der Naturgesetze. Die Physik soll somit die Natur
durchschaubarer und verständlicher machen. Sie gilt aber in der Öffentlichkeit als schwierig,
mitunter als abgehoben und lebensfremd, meist als unanschaulich, obwohl sie ja unsere Anschauung
von der Natur ordnen soll. Das ist ein Paradoxon dieses Faches. Obwohl es heute um Bilder und
Anschaulichkeit geht, werde ich Ihnen keine Bilder zeigen, aber Sie können sich dennoch ein Bild
von der Physik machen. Das ist ein Paradoxon dieses Vortrags. Das hier wissen Sie schon,
das ist der Titel und hier ist der Plan. Nach einer Einleitung werde ich auf die Frage zu
sprechen kommen, ob es in der Physik Metaphern gibt, welche Rolle sie gegebenenfalls spielen.
Ich werde dann das Herangehen der Physik zur Beschreibung der Natur skizzieren unter dem
Titel vom Phänomen zur Formel. Ich werde dann erläutern, wie physikalische Theorien funktionieren,
mathematischer Formalismus und physikalische Interpretation. Wir werden nicht umhin kommen,
ein bisschen über Mathematik zu reden, aber nur über Mathematik. Wir werden nicht Mathematik
betreiben und ich werde, wenn die Zeit reicht, kurz auf das Paradebeispiel Quantentheorie zu
sprechen kommen. Da ist es mit der Anschauung besonders schwierig und die Interpretationen
sind teilweise nötig, teilweise aber auch überschießend und gewagt und dann auch umstritten.
Zu Eins-Einleitung. Naturwissenschaft ist ein Unternehmen, das sich an Fakten orientiert.
Fakten werden in der Naturwissenschaft beschrieben, gezählt, vermessen, mit Hilfe von Theorien
vorausgesagt und in Experimenten gezielt beeinflusst, variiert und manchmal überhaupt erst hergestellt.
Es gibt keine anerkannte Theorie ohne Faktencheck. In der Wissenschaft heißt das dann empirischer
Test. Zwar gibt es allenthalben Hypothesen und an den Grenzen des bestätigten Wissens auch
Spekulationen, aber das Ziel sind jedenfalls nicht Fiktionen. Science fiction ist nicht Teil
der Naturwissenschaft, sondern deren mehr oder minder plausible Fortschreibung in die Welt der
literarischen Fantasie. Das intellektuelle Ziel bestimmt die sprachlichen Mittel. Die Sprache
der Physik ist wie überhaupt die Sprache der Wissenschaft, also durch Faktualität bestimmt,
nicht durch Fiktionalität. Anders als in Poesie und Rhetorik, und Herr Niefanger hat das
Folgewoche ja facettenreich erläutert, welche unterschiedlichen Rollen Metaphern in Poesie und
Rhetorik spielen, geht es in der Physik um das Verständnis eines Sachverhalts, nicht um die
schmückenden oder überredenden Gestaltungsmöglichkeiten sprachlichen Reichtums. Die
Tugenden physikalischer Sprache sind Eindeutigkeit statt Bedeutungsvielfalt, Präzision statt
Wahrheit, Wiedererkennbarkeit von Größen statt kontextueller Assoziationsfreiheit,
Knappheit, Klarheit, Übersichtlichkeit und somit der Verzicht auf jede Weitschweifigkeit.
Da kann schon ein Nebensatz zu viel sein, ein erfahrener Co-Autor eines gemeinsamen Artikels
sagte mir mal, wir wollen nicht den Pulitzerpreis gewinnen. Das würde ein Literat natürlich
niemals sagen. Die Entfaltungsmöglichkeiten für Sprachbilder und Metaphern scheinen in der Physik
also recht begrenzt zu sein. Auch in der von Jürgen Mittelstraß herausgegebenen großen Enzyklopädie,
Philosophie und Wissenschaftstheorie findet sich im Eintrag Metapher, unter anderem die
Wiedergabe der Einschätzung, das Zitat, die Metapher als rhetorisch attraktives Element,
zwar mit Maßen willkommen, aber wegen ihrer elliptischen Unbestimmtheit, dem seriösen
Diskurs eher abträglich ist. Zitat Ende. Gibt es also Metaphern in der Physik? Meine
These dazu lautet, dass Metaphern im fachlichen Kernbereich der Physik keine tragende Rolle
spielen, dass sie jedoch in der Umgebung der Physik nützlich sein können. Zum Kernbereich. Die Physik
verwendet wie jede Wissenschaft Fachtermini, die manchmal anderen Erfahrungsbereichen entlehnt sind
und entsprechende Assoziationen mit sich führen. Entscheidend für die sachgerechte Verwendung dieser
Fachbegriffe sind aber nicht die Bedeutungsanklänge aus anderen Bereichen, sondern die Definitionsmerkmale
Presenters
B.Eng. Helmut Fink
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:56:25 Min
Aufnahmedatum
2017-01-26
Hochgeladen am
2017-01-31 09:36:47
Sprache
de-DE
Im Rahmen dieses Vortrags beschäftigt sich Helmut Fink mit dem Faktischen und der Aufgabe der Physik und klärt die Frage, ob es in der Physik Metaphern gibt und welche Rolle sie gegebenenfalls spielen. Er skizziert die Herangehensweise der Physik zur Beschreibung der Natur, erläutert, wie physikalische Theorien funktionieren und geht zuletzt noch auf das Paradebeispiel der Quantenphysik ein.