3 - Theorie und Experiment im naturwissenschaftlichen Denken. Die besondere Rolle der Physik [ID:38606]
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Wenn Sie diesen Lebenslauf gehört haben, denkt sich ein Jurist und Volkswirt, und jetzt redet er was

zu Theorie und Experiment in der Physik. Nun, ich habe mich neben diesen Sachen auch noch mit

anderen beschäftigt, also ein halbes Studium der Mathematik hinter mich gebracht und das hat mir

dann geholfen, mich dann auch in Physik und in Naturwissenschaften einigermaßen kundig zu machen.

Ja, also heute geht es um Theorie und Experiment im naturwissenschaftlichen Denken. Nach einer

unter Naturwissenschaftlern weit verbreiteten Vorstellung beginnt ihre Forschungsarbeit mit

der Beobachtung von Einzelfällen, die sich entweder in der Natur ereignen oder im Labor

experimentell erzeugt werden. Diese Beobachtungen gelten als elementar, weil sie streng mit

singeligen Wahrnehmungen korrelieren. Im einfachsten Fall werden die qualitativen

oder quantitativen Ausprägungen der beobachteten Merkmale in Listen festgehalten. Solche Protokolle

über das Vorliegen bzw. Nicht Vorliegen von Merkmalen und Merkmalsausprägungen lassen sich

dann mittels statistischer Verfahren bearbeiten. So kann man Häufigkeiten und Streuungen von Werten

einer Größe ermitteln, Korrelationen zwischen verschiedenen Werten feststellen oder Wertverläufe

in einer Zeitreihe darstellen. Die statistische Aufbereitung des Datenmaterials ermöglicht es

auch bestimmte qualitative wie quantitative Ergebnisse in kontrollierter Weise für vernachlässigbar

zu erklären, also als nicht signifikant. Und dadurch erhält man dann eine möglichst einfache

Beziehung und durch deren Verallgemeinerung ein sogenanntes Gesetz. Hat man einmal aus einer Reihe

von Untersuchungen ein solches Gesetz gewonnen, kann man darunter neue der Art nach einschlägige

Fälle subsumieren, welche dadurch in den Bereich des schon Bekannten eingegliedert werden. Die

neue Beobachtung wird dann zum Fall des Gesetzes und gilt damit in einem schlichten Sinn für erklärt.

Man spricht davon, dass man auf induktiven Wege ein Gesetz gewinnt, welches man dann

detraktiv anwendet. Diese Sichtweise hat ihren Niederschlag in vielen Schulbüchern, aber auch

in renommierten Lehrbüchern gefunden, wobei allerdings die Meinungen auseinandergehen,

auf welchem dieser Wege das Experiment seine entscheidende Rolle zu spielen hat.

Für Wolfgang Demtröter, dem Verfasser eines bekannten Lehrbuches der Experimentalphysik,

sind Experimente im Entdeckungszusammenhang angesiedelt. Ich zitiere ihn, das Experiment

ist eine gezielte Frage an die Natur, auf die bei geeigneter experimenteller Anordnung eine

eindeutige Antwort erhalten werden kann. Ziel aller Experimente ist es, Gesetzmäßigkeiten aufzufinden,

die die Fülle der Beobachtungen in einen größeren überschaubaren Zusammenhang bringen. Der Sinn

eines so gefundenen Gesetzes ist aber nicht nur die Zusammenfassung vieler Einzelergebnisse,

sondern vor allem die Möglichkeit physikalische Vorgänge quantitativ vorauszusagen.

Für Neil Campbell, dem Verfasser eines nicht weniger bekannten Biologie-Lehrbuchs,

hat das Experiment dagegen seine Aufgabe im Begründungszusammenhang.

Auch ihn zitiere ich hier kurz, obwohl es sehr einseitig ist, Naturwissenschaft auf

eine Stereotype-Methode reduzieren zu wollen, können wir dennoch innerhalb des naturwissenschaftlichen

Prozesses ein gemeinsames Motiv finden, das hypothetisch Detektive denken. Detuktion ist

das Gegenteil von Induktion, bei letzterer wird aufgrund einer Reihe von spezifischen Beobachtungen

eine allgemeine Schlussfolgerung gezogen. Bei der Detuktion dagegen schließt man in die

entgegengesetzte Richtung vom Allgemeinen auf das Spezielle. Naturwissenschaftliche Detuktionen sind

Voraussagen. Vorhergesagt wird in der Regel der Ausgang eines Experiments oder ein zu

beobachtendes Ereignis, wenn eine bestimmte Hypothese korrekt ist. Anschließend wird diese

Hypothese getestet, indem man das Experiment oder die Beobachtung durchführt und damit

überprüft, ob vorhergesagte Ereignisse eintreten oder nicht. Wir haben also hier die zwei Wege.

Auf der einen Seite das explorative Experiment oder die Beobachtung, die führt zur Entdeckung von

Regelmäßigkeiten. Wir verallgemeinern diese und kommen zum Gesetz. Dann haben wir ein Gesetz und

wir wenden dieses an, indem wir Hypothesen bilden und diese Hypothesen überprüfen, indem wir ein

geeignetes Testexperiment machen. Auffällig an diesen beiden Texten sind zwei mutige Allsätze.

Campbell behauptet, dass alle Experimente der Überprüfung von detuktiv gewonnenen Hypothesen

dienen, womit sie also eine Testfunktion hätten. Demtröter behauptet, dass alle Experimente die

Aufgabe hätten, Gesetzmäßigkeiten induktiv zu finden. Bei ihm hätten Experimente also explorativen

Teil einer Videoserie :

Presenters

Dr. Rudolf Kötter Dr. Rudolf Kötter

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:54:34 Min

Aufnahmedatum

2021-12-09

Hochgeladen am

2021-12-14 13:57:51

Sprache

de-DE

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