Wir kommen jetzt an die letzte inhaltliche Thematik für diese Vorlesung und zwar die
erst einmal sachlich die Betrachtung der beiden Wahlen von 1410 und 1411 unter der
Gesamtfragestellung inwieweit ist die Goldene Bulle erkennbar im Rahmen dieser
Wahlen rezipiert und wenn ja wie. Wir müssen aber erstmal den Hintergrund ein
bisschen ein skizzieren, weil das Schiss mal eine ganz gewaltige Rolle bei
diesen beiden Wahlen spielt. Schiss mal dauert 1378 bis 1417, das heißt unsere
Wahlen fallen mitten in diese Periode und das Schiss mal begann damit, dass das
Papsturm nach langen Jahren in Avignon praktisch das gesamte 14. Jahrhundert
1378 endlich nach Rom zurückkehrt. Der Papst ist kaum da, als er stirbt und
infolgedessen gibt es erst einmal die Wahl Urbans des sechsten unter
Publikumsdruck tumulte und so weiter und so fort. Die Wahl ist in seiner rechtlichen
Qualität mehr als zweifelhaft. Problematisch ist es die Kardinale, die
später einen anderen Papst an seiner Stelle wählen, sehr lange warten bis sie
merken, dass alles nicht mit rechten Dingen zu ging. Also auch die Wahl von
Clemens dem siebten ist rechtlich mehr als zweifelhaft. Das Problem ist, wir
haben zwei sogenannte Obedienzen, also Gebiete die sich zu dem einen oder dem
anderen Papst bekennen und die sind rot-blau gekennzeichnet. Avignon ist im
wesentlichen Frankreich plus das heutige Spanien abzüglich der englischen
Gebiete im Südwesten von Frankreich und dann natürlich Schottland. Also wenn
England auf der einen Seite steht, ist garantiert Schottland auf der anderen
Seite, das gibt es heute noch. Das Wunder ist, dass sie überhaupt eine
nationale Regierung hinbiegen. Es gab zwei Kernprobleme bei diesem Schismer.
Das ist nicht eine Auseinandersetzung über das Dogma, es ist eine
Auseinandersetzung über Hierarchie, eine Abspaltung von einer Gruppe von Christen
von den anderen. Benutzt man in der Antike für verschiedene Abspaltungen, wo
es nicht ums Dogma geht und hier insbesondere um eine Abspaltung des
einen nicht Papstes vom echten Papst. Es gibt zwei Grundprobleme. Zum einen ist
keiner dieser beiden Papsthöfe oder Päpste verzichtet auf nur einen einzigen
Staatssekretär mit der Folge, dass der Apparat bei beiden Kurien gleich
groß bleibt. Bloß die Steuerkraft, die ganzen päpstlichen Steuern, die diesen
Apparat unterstützen, werden nur aus der Hälfte der Christenheit bezogen.
Mit der Folge, jeder muss das doppelt bezahlen. Und darüber sind alle
unglücklich. Die Bischöfe sind unglücklich, weil hauptsächlich die
ganzen Steuern von ihren Einkünften abgezogen werden. Die Gläubigen sind
sauer, weil andere Dinge hinzukommen. Also finanziell ist niemand glücklich. Und das
zweite und eigentlich größere Problem ist die sogenannte apostolische
Subzession. Das heißt, die Gültigkeit der Sakramente, angefangen mit der Taufe
bis hin zur letzten Ölung, inklusive Ehe, Beichte und und und hängt davon ab, dass
der Geistliche, der diese Sakramente vollzieht, von einem Geistlichen geweint
wurde, dessen Weihe über 1000 Stufen auf Petrus zurückgeht. Und Petrus hat Jesus
in Matthäus 16, 18 bis 20 gesagt, du bist Petrus, du bist der Stein, auf dem ich
meine Kirchen baue. Was du auf Erden bindest, binde ich im Himmel. Und was du
auf Erden löst, löse ich im Himmel. Daraus ist einmal die sogenannte
Schlüsselgewalt der Pepste abgeleitet und auch sozusagen die Bevollmächtigung
Petri anstelle von Christus auf Erden zu agieren, mit der Folge, dass alles
seinen geweihten Nachfolger dasselbe machen müssen. Und so gibt es eine
ewig lange Weihekette, die bis zum Ortspriester herunterreicht.
Wenn wir aber zwei Pepste haben, dann kann es nicht sein, dass beide völlig
legitim von Petrus in dieser ganzen Weihekette abstammen. Einer muss falsch
sein. Also sind all seine Weihehandlungen nicht von der Zusage Christi in
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:00:00 Min
Aufnahmedatum
2009-07-07
Hochgeladen am
2025-09-30 08:52:01
Sprache
de-DE