Sehr geehrte Damen und Herren, willkommen zu der interfakultären Vorlesung Epidemien, Pandemien und
Naturkatastrophen. Es handelt sich um eine Vorlesungsreihe, die in diesem Sommersemester
an der FAU stattfindet. Sie findet virtuell, also online statt und ich habe das Thema gewählt in
diesem Rahmen die justinianische Pest und das Ende der Antike. Es geht also um eine bestimmte
Epidemie, um eine bestimmte Pandemie und ihre Auswirkungen auf etwas, was wir modern rückschauend
als das Ende der Antike bezeichnen. Ich werde dieses Thema in ungefähr einer Stunde abhandeln
und versuche einerseits zeitspezifische Phänomene darzustellen, also eine Spätantike, Seuche,
gleichzeitig aber auch einige übergreifende für die Seuchengeschichte allgemein interessante
Phänomene in den Blick zu nehmen. Ich werde das anhand einer Gliederung hier vornehmen und zeige
Ihnen einmal diese Gliederung. In insgesamt vier Punkten werde ich dieses Thema also angehen und
beginne mit einem kurzen Blick auf Infektionskrankheiten allgemein in historischer Perspektive und einen
kurzer Blick auf die Chronologie der Seuchen. Dann wenden wir uns dem schon titelgebenden
Beispiel zu, nämlich der justinianischen Pest und betrachten da insbesondere den Autor Procrop von
Caesarea und seine Schilderung der Pest in Konstantinopel, kommen dann zu antiken Erklärungskonzepten
und dann zu dem Kapitel Deutungsgeschichten und Untergangsszenarien. Da geht es also um die
Einordnung dieser Seuche in einen allgemein historischen Kontext. Ich beginne mit einem
Blick auf Infektionskrankheiten in historischer Perspektive. Was ist damit gemeint? Nun ein Thema,
was uns ja im Sommer 2020 sehr geläufig ist, Seuchengeschichte ist ja kein abstraktes
historisches Phänomen mehr. Wir leben ja in einer Seuche und wenn wir das einmal ganz systematisch
naturwissenschaftlich verstehen, so haben wir es bei einer Infektionskrankheit mit einem Phänomen
zu tun, in dem die Mikrobiologie, also die Immunologie, auch die Virologie eine ganz wichtige
Rolle spielt. Hier geht es um Krankheitserreger, um Viren, um Bakterien. Es geht um Impfungen,
die Vakzination ist da das Stichwort, eine Sache, die uns auch heute sehr beschäftigt. Es geht um
Forschungseinrichtungen, es geht auch um viel Geld, um Forschungsmittel und nicht zuletzt geht es auch
um Ruhm. Es geht um Nobelpreise und interessant für unsere medizinhistorische Perspektive im
Besonderen ist, es gibt auch das Phänomen der Paleopathologie. Da geht es darum, dass man aus
alten organischen Resten, insbesondere aus Leichen versucht, Bruchstücke von Krankheitserregern zu
isolieren, die in früheren Zeiten Seuchen verursacht haben. Man spricht hier von Ancient DNA
und auch modern von Virenarchäologie. Das ist ein recht interessanter Zweig, der eine
naturwissenschaftliche Perspektive in die Seuchengeschichte bringt. Darauf werde ich
dann auch noch kurz eingehen. Insgesamt könnte man sagen, ist diese Art der Betrachtung von
Infektionskrankheiten eine Erfolgsgeschichte. Es geht eigentlich immer voran, neue Erkenntnisse,
neue Möglichkeiten. Es gibt aber auch eine zweite Seite und das ist die Problemgeschichte dieses
Phänomens. Hier geht es darum, wie wirken Seuchen im Kontext von Gesellschaft, Kultur und Politik und
das ist hier ganz allgemein zu verstehen. Also was sind Epidemien, was sind das für Krankheiten,
in welchen Gesellschaften treten sie auf, welche Krankheiten werden endemisch und was bedeutet das
Massensterben, wenn wir einmal die Seuche als ein Massensterben hier postulieren. Übrigens ist das
ein Unterschied zu der gegenwärtigen Seuche, die ja kein Massensterben nach sich zieht, gleichwohl
aber eine Seuche ist. Sie sehen daran, wir müssen auch mit den Begriffen sehr genau vorgehen, aber
was passiert in einer Gesellschaft, wo Kontrollverlust einsetzt durch ein Massensterben oder durch andere
Phänomene und was ist mit Kontrollversuchen. Wie reagiert der Staat, wie reagiert die Gesellschaft
etwa durch Isolierung und Quarantäne, Verbesserung der Wasserversorgung. Das ist ein historisches
Modell, so hat man die Cholerei in den Griff bekommen durch Impfzwang, aber was ist mit
Impfgegnerschaft. Auch das sind Phänomene, die uns eigenartig zeitlos vorkommen, das hat es im
19. Jahrhundert gegeben, gibt es aber auch im 21. und was ist mit den Therapien. Was kann man tun
gegen Seuchen, vor allen Dingen gegen neue Seuchen, denn meistens hat man gegen die noch keine Therapien.
Auch das ist uns ein sehr vertrautes Phänomen. Sie sehen einmal mehr noch einmal das Wort
Problemgeschichte, was auf der einen Seite so nach oben führt im Sinne einer Erfolgsgeschichte,
auf der anderen Seite scheint man sich eher im Kreise zu drehen, nicht die Problemgeschichte.
Nun möchte ich einmal nach diesem ganz allgemeinen Aufriss eine kurze Chronologie der Seuchen ihnen
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:12:14 Min
Aufnahmedatum
2020-06-04
Hochgeladen am
2020-06-03 14:13:02
Sprache
de-DE
Diese Ringvorlesung im Sommersemester 2020 blickt aus kulturhistorischer Perspektive auf historische Pandemien und Naturkatastrophen und auf deren soziale, wirtschaftliche und religiöse Folgen. Welche Auswirkungen zeigen sich aus archäologischer Sicht in der materiellen Kultur der frühen Menschheitsgeschichte und der Antike? Kam es zu Vernderungen in der visuellen Kultur? Welche Heiligen wurden während der großen Pestwellen der Spätantike und des Mittelalters um Hilfe angerufen? Welche Erklärungsmuster und Bewltigungsstrategien fanden historische Gesellschaften? Gab es Innovationen im Gesundheitswesen? Wissenschaftler*innen aus den Archäologien, der Geschichte, der Medizingeschichte und der Kunstgeschichte geben Einblicke in aktuelle Forschungen.