Höllisch scharf. Professor Stefan Hell erhält den Nobelpreis für Nanoskopie.
Das ist Professor Stefan Hell. Professor Hell ist Physiker. Er arbeitet zur Optik- und Markmikroskope.
An ihnen hat er eigentlich sein ganzes Leben lang geforscht. Zusammen mit zwei Kollegen haben
sie kürzlich die Gesetze der Lichtmikroskopie auf den Kopf gestellt. Dafür gab es höchste
akademische Ehre und Anerkennung. Aber gemacht, gemacht, alles der Reihe nach.
An einem schönen Tag geht Professor Hell gerade seinem Tagwerk nach. Er motiviert seine Mitarbeiter,
überlegt neue Forschungsprojekte und arbeitet an seinem neuartigen Mikroskop.
Da klingelt das Telefon im Labor. Nichts ungewöhnliches. Professor Hell ist in letzter Zeit sehr
gefragt. Doch dieser Anruf ist anders. Ungläubig hält Professor Hell den Hörer in der Hand. Auf
der anderen Seite der Leitung ist niemand anders als der Sekretär der schwedischen Wissenschaftsakademie
in Vertretung des Nobelkomitees. Professor Hell glaubt noch an einen verspäteten April-Scherz.
Doch nein, nein, versichert der Anrufer, es handelt sich wirklich um das Nobelkomitee und sie erhalten
zusammen mit Professor Eric Betzing und Professor William Murna den Nobelpreis für Chemie 2014.
Haben sie am 10. Dezember Zeit? Hilfreich wäre auch ein schwarzer Frack mit Fliege.
Er, klar, stammelt Professor Hell noch ungläubig. Dann braucht er ein bisschen Zeit. Doch langsam
dämmert ihm. Der Anruf war echt. Los, wir brauchen Champagner, leitet Professor Hell seinen Mitarbeiter
an. Es gibt was zum Feiern. Und dann geht's auch schon los, der Medienrubel. So langsam wird es eng
in Professor Hells Terminkalender. Alle Welt interessiert sich für ihn und seine bahnbrechenden
Erkenntnisse. Professor Hell bereist die Welt und erklärt auf Konferenzen und als ausgewählter
Redner den Studenten, Doktoren, Professoren und so eigentlich der ganzen Welt, worum es genau geht.
Das ist neu für ihn. Er wird in Talkshows eingeladen und gibt Presse, Funk und Fernsehen
Interviews. Sie sind alle wegen ihn gekommen. Und er, er macht das sehr gut. In einfachen Worten
erklärt er den komplizierten Sachverhalt. Die Kollegen und die gesamte akademische Gemeinschaft
ist schwer beeindruckt und gratulieren herzlich. Und dann ist er auch schon da, der 10. Dezember
2014. Der Frack sitzt perfekt, die Fliege keck unter dem Kinn und die Haare, die wurden auch
frisch rasiert. Zusammen mit seinen Kollegen Professor Betzing und Professor Mörner stehen
sie in Reih und Glied. Sie warten gebannt. Es gibt eine feierliche Ansprache. Und dann werden
sie einzeln nach vorne gebeten. Mit bedeutsamer Geste wird der Preis überreicht. Professor Hell
strahlt. So ganz kann er es noch nicht glauben. Aber worum handelt es sich eigentlich? Rund 200
Gramm reinsten Goldes in eine Medaille gegossen und mit dem Antlitz von Alfred Nobel geprägt.
Der stiftete nämlich diesen seit 1901 jährlich vergebenen höchsten Preis der Wissenschaften.
Den Preis zur Anerkennung höchster wissenschaftlicher Exzellenz gibt es in
den fünf Disziplinen Physik, Chemie, Physiologie oder Medizin, Literatur und für Friedensbemühungen.
Aber was genau ist seine Leistung? Wofür gab es Gold in den Wissenschaften? Das sei vorweg gesagt.
Für etwas Läppisches sicher nicht. Zum besseren Verständnis müssen wir in der
Wissenschaftsgeschichte ins Jahr 1873 zurückgehen. Am Beginn der Lichtmikroskopie steht ein großer
Name. Ernst Abbe. Dieser errechnete nämlich die Grenzen der lichtmikroskopischen Erkenntnis.
200 Nanometer. Das ist die physikalisch vorgegebene Auflösungsgrenze. Darunter wird es unscharf und
nichts geht mehr. Die Linsen können noch so gut geschliffen sein und die Lichtverhältnisse optimal.
Nichts. Niente nada. Unter diese Grenze wird niemand schreiten können. So Herr Abbe. Und das
stimmte auch für 141 Jahre. Das Lichtmikroskop hatte eine natürliche Grenze. Diese wurde von
Herrn Abbe in einer komplizierten Formel festgehalten. Doch was versteht man unter Schärfe und Auflösung
und was genau ist eine Auflösungsgrenze? Brillenträger kennen das. Setzen sie die
Brille ab, werden die Konturen unscharf und das Bild verschwimmt zu einem uneinheitlichen Brei.
Die Objekte können nicht voneinander unterschieden werden. Unter Auflösung wird die Unterschiedbarkeit
verschiedener Signale verstanden. So ist zum Beispiel unser Rücken nicht besonders sensibel
für taktile Reize. Ob man mit einem Finger oder zwei auf ihn drückt, kann nicht unterschieden werden,
sofern die beiden Punkte nahe beieinander liegen. Die Ortsauflösung ist also eher schlecht. In
diesem Sinne wird bei Licht unter Auflösungsgrenze genau jener Moment verstanden, in dem zwei
Lichtsignale nicht mehr voneinander unterschieden werden können. Wir sehen nur einen Lichtpunkt,
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:09:50 Min
Aufnahmedatum
2019-09-30
Hochgeladen am
2019-09-30 16:12:44
Sprache
de-DE