10 - Von der Parallelgesellschaft zur Utopie im Romanwerk Houllebecqs [ID:7288]
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Esse Audiobيتrag wird von der Universität Erlangen-Nirnberg präsentiert.

Heute soll es um Parallelgesellschaft oder Beziehungsweise von der Parallelgesellschaft

zur Utopie im Romanwerk von Will Beck gehen und wie ich Teresa auch schon im Vorfeld gesagt

hatte, hatte ich mir wohl zuviel vorgenommen.

Das ganze Werk von Will Beck auf diese Fragestellung hin zu untersuchen wäre dann doch ein bisschen

zu viel geworden.

und ich habe deswegen Fumition gewählt, seinen neuesten Roman.

Und damit beginne ich auch schon.

Ein eigentlich unscheinbarer Mann, der in Interviews eher durch seine leicht klazögerten Antworten

und die ungewöhnliche Position seiner Zigarette zwischen Mittel- und Ringfinger auffällt,

als durch einen ausgeprägten Hand zur Provokation, schafft er es seit mittlerweile über 20 Jahren,

mit jedem neuen Werk die französische und internationale Öffentlichkeit in Aufruhr zu versetzen.

Zur Veranschaulichung die Zigarette und dieses Foto, was ich auch sehr sympathisch finde.

Ein Grund dafür ist, dass das Romanwerk von Michelle Wilbeck in stets neun Variationen

die Entfremdung zwischen einem männlichen Individuum und der zeitgenössischen Gesellschaft thematisiert,

deren Selbstverständnis systematisch durch die Darstellung ihres zivilisatorischen Niedergangs erschüttert wird.

Also bei Wilbeck geht es oft um die Hervorhebung der Dekadenz dieser Gesellschaft,

statt sie als apotheose zu feiern.

Ob nun Informatiker, Lehrer, Naturwissenschaftler oder Akademiker?

Die jeweils vom Autor präsentierten Individuen gehören aufgrund ihrer sozialen Herkunft,

ihrer Bildung und ihrer beruflichen Position eigentlich in die mittel- oder oberen Mittelschicht

und damit zum Inneren der sogenannten Kerngesellschaft.

Gleichzeitig bewegen sie sich jedoch am Rande derselben,

denn obwohl sie theoretisch alle Bedingungen oder Voraussetzungen erfüllen,

identifizieren sich die Protagonisten nicht mit der sogenannten Leitkultur.

Vielmehr betreiben sie als distanzierte, kritische und soweit zynische Beobachter

eine konsequente Demontierung der sozial-kulitischen und kulturellen Errungenschaften der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts

und hier vor allem der sogenannten sexuellen Revolution.

Diese trägt schuld daran, so die Romanhelden,

dass feste familiäre Bindungen endgültig zugunsten von kurzlebigen und bedeutungslosen Partnerwechseln aufgegeben worden sind.

Diese vermögen jedoch nicht, dem Individuum eine emotionale Erfüllung zu bieten,

sodass er seine soziale Anlassheit umso deutlicher wahrnimmt.

Bis zu soumissions hatte es für Wilbecks Hauptfiguren keinen positiven Ausweg aus dieser Situation gegeben.

Einfalls äußerst prekäre Notlösungen.

So ist etwa Brunot's Strategie in den Partikül Elementaire,

sich einem oberflächlichen und ausschweißenden Sexualleben hinzulegen.

Drastischer ist hingegen diejenige des namenlosen Erzählers in Extension du Domaine de la Lut,

der eine Überwindung seines Schmerzes und eine Rache an der Gesellschaft in der Auslöschung des Objekts seiner Begierde wähnt.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, eine radikale Änderung der Zukunft herbeizuführen, die die gesamte Menschheit betrifft.

Und das passiert zum Beispiel durch das Klonen am Ende der bereits genannten Elementarteilchen.

Trotz der unterschiedlichen Mittel, Hedonismus bei Brunot, Misanthropie oder Wissenschaft,

bleibt das Ergebnis jedoch stets das Gleiche.

Die Figuren verenden in einer sehr luzide, vagenommenen und geschilderten Einsamkeit.

Dies verleitet sie allerdings keineswegs dazu, mit einer alternativen oder marginalisierten Gemeinschaft zu solidarisieren.

Denn nicht nur für ihresgleichen, sondern beispielsweise auch gegen Hippie-Komunen wie in den Partikül Elementaire,

schwarze Menschen sowie gegen margabinische und islamische Immigranten, den sogenannten Beur,

bezeugen Wilbäcks Romanen Helden eine deutliche Abneigung, wenn nicht sogar Hass.

Während sich die Hippies aber bekanntlich von den gutbürgerlichen Normen distanzieren, aus denen sie unmittelbar hervorgehen,

müssen die Immigranten um ihre Stellung in der französischen Kerngesellschaft kämpfen,

wo ihre religiösen und soziokulturellen Werte und Widerstand treffen.

Presenters

Dr. Simona Oberto Dr. Simona Oberto

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

01:22:52 Min

Aufnahmedatum

2017-01-24

Hochgeladen am

2017-01-25 12:57:48

Sprache

de-DE

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