18 - Corona Virus: Prof. Hornegger im Gespräch mit PD Dr. Büttner [ID:19022]
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Liebe Angehörige der FAU, liebe Studis, meine sehr verehrten Damen und Herren, Bill Gates möchte uns

alle zwangsimpfen lassen. Bill Gates möchte, dass wir einen Chip implantiert bekommen. All das sind

Verschwörungstheorien, die es seit Beginn der Corona-Pandemie gibt. Und es ist auch so,

dass diese Theorien über Demonstrationen auch weiter verbreitet werden und auch in den sozialen

Medien sehr präsent sind. Was es mit diesen Verschwörungstheorien auf sich hat und welche

Rolle hierbei auch Expertenmeinungen spielen, darüber möchte ich heute mit dem FAU-Wissenschaftler

Dr. Sebastian Büttner sprechen. Herr Büttner ist Privatdozent am Institut für Soziologie und

beschäftigt sich mit eben diesen Fragen. Lieber Herr Büttner, ich heiße Sie herzlich willkommen.

Wie geht es Ihnen? Ja, hallo Herr Onegger, mir geht es sehr gut und ich freue mich auf das Interview

mit Ihnen. Ich habe gerade schon die Verschwörungstheorien angesprochen. Bill Gates steht hier auch sehr zentral

in der Kritik. Was sind das denn für Leute, die mit solchen Verschwörungstheorien aufkommen und

solche Verschwörungstheorien auch vertreten, sei es in der Öffentlichkeit, im Rahmen von Demonstrationen

oder in den sozialen Medien, im Internet? Wie so häufig kann man die Frage nicht pauschal

beantworten. Wir haben es da mit sehr unterschiedlichen Gruppen zu tun. Gruppierungen,

manche politisch motiviert, andere Menschen, die vielleicht auch irgendwie verzweifelt sind und

nach Erklärungen suchen. Man kann jetzt Ihre Frage vielleicht zweifacher Weise beantworten.

Einerseits kann man psychologisch argumentieren und sagen, na ja, hinter Verschwörungsdenken steht

eine Sehnsucht nach einer gewissen Sicherheit. Es steht vielleicht auch eine gewisse Art von

Leichtgläubigkeit dahinter. Und es wird ja auch darüber diskutiert, dass gerade auch bei

Verschwörungsdenken bestimmte psychische Dispositionen dann auch in das Paranoische

abgleiten können. Paranoia ist häufig das Stichwort. Nun bin ich Soziologe und kein

Psychologe und ich finde eine Perspektivenverschiebung hier ganz interessant, um vielleicht auch noch

mal deutlich zu machen, wir alle suchen nach Erklärungen. Jeder Mensch sucht nach Erklärungen.

Und ich würde sogar sagen, dass bei vielen Menschen, die auch an Verschwörungstheorien glauben,

ein besonderes Bedürfnis nach Erklärungen dahinter steckt und vielleicht sogar einen hinter

den Vorhang schauen wollen und zwar systematisch. Das heißt also, die Motivation ist erstmal

nachvollziehbar. Nur die Antworten, die dabei gesucht werden, die sind dann vereinfachende

Antworten, vielleicht auch pauschale Antworten. Was man noch sagen muss, sehr häufig sind

Verschwörungstheorien oder Verschwörungsdenken auch eine gewisse Art von politischem Ausdruck

und das sehen wir jetzt gerade auch bei den Protesten. Also wenn ich Schuldige benenne,

wenn ich Schuldige erkenne und auch gegen diese Schuldigen vorgehe, dann ermächtige

mich ein Stück weit auch politisch. Die Verschwörungstheorien zu vertreten ist das

eine. Die Frage ist aber, wie entstehen eigentlich solche Verschwörungstheorien? Wie kann man

solche Verschwörungstheorien erkennen und wodurch unterscheiden sie sich von Expertenmeinungen,

die ja auch sehr intensiv diskutiert werden? Für den Laien ist es auch nicht erkennbar.

Ist das jetzt wissenschaftlich fundiert oder ist es eine Verschwörungstheorie, die hier

vorgetragen wird? Also zu Ihrer ersten Frage, wie entstehen solche Verschwörungstheorien,

möchte ich nochmal wiederholen, dass es tatsächlich so ist, dass die Menschen ein Bedürfnis haben

nach Erklärungen und gerade in Situationen, wo vielleicht auch die Erklärung nicht auf

der Hand liegt, wo auch eine große Unsicherheit herrscht, das ist mal ein Faktor. Das heißt

also immer, wenn wir es mit vielleicht auch unklaren Verhältnissen zu tun haben, wenn

so Zweifel auch da ist an offiziellen Erklärungen auch, die uns geboten werden, dann ist die

Tür geöffnet auch für Verschwörungsdenken. Nicht zu unterschätzen ist allerdings auch

sozusagen Verschwörungsdenken als, wie ich auch schon sagte, als politische Opposition

und ich habe das selbst, als ich angefangen habe, mich mit Verschwörungstheorien auseinanderzusetzen,

gar nicht so im Blick gehabt, aber man muss sich klar machen, dass Verschwörungstheorien

oder auch Verschwörungsnarrationen gerade in der Geschichte, in der Politik sehr häufig

eingesetzt wurden. Das heißt also früher viel mehr als heute eigentlich, also auch

keine von politischen Machthabern. Man könnte jetzt ganz viele aufzählen, eine der berühmtesten

ist vielleicht die Dolchstoßlegende bei Hitler und anderen, aber wie gesagt, könnte man

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:27:53 Min

Aufnahmedatum

2020-06-26

Hochgeladen am

2020-07-02 16:23:54

Sprache

de-DE

Bill Gates will uns alle zwangsimpfen und einen Chip implantieren lassen. Verschwörungstheorien wie diese kursieren seit dem Beginn der Corona-Pandemie im Internet. Und sie werden auf Demos im ganzen Land verbreitet. Was es mit den eigenartigen Protesten auf sich hat und was wir aus der Diskussion um Corona-Maßnahmen über die Rolle von Expertinnen und Experten lernen können, darüber spricht FAU-Präsident Hornegger mit Sebastian Büttner vom Institut für Soziologie an der FAU.

  • Was sind Verschwörungstheoretiker für Menschen? (1:23)
  • Wie entstehen Verschwörungstheorien? (3:30)
  • Warum scheinen Verschwörungstheoretiker immun gegen rationale Argumente? (7:50)
  • Beobachten wir derzeit das Aufkeimen einer neuen Wissenschaftsfeindlichkeit? (11:15)
  • Warum scheinen Expertisen und Gegenexpertisen in manchen Fällen Kontroversen zu verstärken und Unsicherheit zu verbreiten? (15:25)
  • Werden wir von Experten regiert? (19:40)
  • Sind Forschungsergebnisse politisch? (24:20)

Unter https://www.fau.info/corona informiert die FAU über die aktuell wichtigsten Fragen rund um das Coronavirus (SARS-CoV-2) und seine Auswirkungen auf den Universitätsbetrieb.

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