Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer ist Paul von Hindenburg? Vor 1914 hätte man auf
diese Frage wohl nur ein Schulterzucken erwidert bekommen. Ein unbekannte General im Ruhestand,
der das Leben eines unspektakulären preußischen Militärs geführt hatte.
Bald nach Beginn des Ersten Weltkriegs kannte ihn dann in Deutschland fast jedes Kind. Denn
als zur Bereinigung der problematischen Lage an der Ostfront Erich Ludendorff zu neuen Chef des
Generalstabs der 8. Armee berufen werden sollte, brauchte man für den Posten des Oberkommandieren
aufgrund des Enzernitätsprinzips einen zwar altgedienten, aber zurückhaltenden Militär,
der dem als schwierig geltenden Ludendorff nicht in die Quere kam und sich in operative
Angelegenheiten nicht einmischte. So reaktivierte man Paul von Hindenburg, da man, Zitat,
von seinem Pflegma absolute Untätigkeit erwartete, um Ludendorff völlig freie Hand zu lassen.
Zitat Ende. So sein späterer vertrauter General Wilhelm Gröner. Hindenburgstunde schlug dann
sehr bald, Ende August 1914, mit dem später als Schlacht bei Tannenberg mystifizierten Sieg der
deutschen Truppen gegen die russische Narev-Armee. Zwar hatte Hindenburg so gut wie kein Anteil an
den tatsächlichen Operationsplänen, die vor allem durch Erich Ludendorff ausgearbeitet worden
waren. Er setzte aber alles daran, den Erfolg für sich zu vereinnahmen, nicht zuletzt da in der
Nähe gut neudeckig befand die Heimat seiner Familie und inszenierte sich selbst als der standhafte
Heerführer, der im Gegensatz zu Ludendorff unbeirrbar den einmal gefassten Plan bis zum
Sieg weiterverfolgt habe. Dabei hatte die Schlacht nicht einmal bei Tannenberg stattgefunden, sondern
nur in dessen Nähe. Hindenburgs Idee aber war es, sie nach Tannenberg zu benennen, dem Ort, wo im
Jahr 1410 das Heer des Deutschen Ordens eine schwere Niederlage durch polnische und literarische
Verbände erlitten hatte, so dass man nun den Sieg von 1914 symbolträchtig aufladen konnte.
Hindenburgs selbstüberhöhung wurde vom Volksgefühl bereitwilligst aufgenommen. Das Kaiserreich
brauchte einen Helden, wie man ihn zuletzt in Reichskanzler Otto von Bismarck gehabt hatte.
Nachdem Kaiser Wilhelm II. mit seinem unsteten Charakter als Integrationsfigur nicht realisierte.
Hindenburg hingegen entsprach perfekt dem gesellschaftlichen Bild von einem Helden in
der wilhelminschen Zeit. Herkunft aus dem Adel, hohes Lebensalter, überzeugter Monarchist, preußischer
Offizier, honoriges Auftreten. Mithin ein unbedingtes Symbol des Vertrauens. Hindenburg kam zu gut
dass er der deutschen Öffentlichkeit den ersten großen Sieg präsentieren konnte und weder an
der Ost- noch an der Westfront Vergleichbares eintrat, was in dem Ruhm hätte streitig machen
können. Nicht obwohl, sondern gerade weil Hindenburg ein bislang völlig unbekannter
Militär war, stieg er zum Helden der deutschen Gesellschaft auf. Am 27. November 1914 wurde
dann zum Generalfeldmarschall befördert. Die Versuche Hindenburgs das Tannenberg Ereignis
zu wiederholen gelangen zwar nicht im militärischen, aber in propagandistischer Hinsicht. Der Feldzug
vom November, Dezember 1914 mit dem Ziel die an die deutsch-russische Grenze nachgerückten
russischen Truppen aufzureiben hatte nur bedingten Erfolg. Immerhin war man aber erstmals in der Lage
sich auf russischen Territorium festzusetzen. Dies steigerte die öffentliche Wertschätzung
Hindenburgs nochmals, insbesondere da die Erfolgsmeldungen an der Westfront komplett
ausblieben. Umso mehr wurden auch von dort die Berichte von der Ostfront begeistert aufgenommen,
wie der an der Westfront eingesetzte Erlanger Alumnus und Schriftsteller Walter Flex in einem
Brief an die Eltern vom 17. Dezember 1914 schrieb. Es fliege, Zitat, die gewaltige Nachricht vom
Hindenburgs Siege durch die Quartiere, das Hurra dröhnt von Haus zu Haus. Zitat Ende.
Auch die Winterschlacht in Massuren vom Februar 15 war militärisch nur ein Teilerfolg, nachdem die
russische 10. Armee zwar aufgerieben, aber nicht komplett vernichtet wurde. Der öffentlichen
Hindenburg-Begeisterung tat diese doch keinen Abbruch. So fasste er am 28. Februar 1915 der
Erlanger Stadtmagistrat in geheimer Sitzung einstimmig den Beschluss, die bisherige Sieglitzhofer
Straße vom Maximiliansplatz Richtung Osten entlang der alten Infanteriekaserne verlaufend
in Hindenburgstraße umzubenennen. Zitat, aus Anlass des neuerlichen großen Sieges Hindenburgs
über die Russen. Zitat Ende. Dass die Akte im Erlanger Stadtarchiv sonst nichts zu den Hintergründen
aussagt, spricht Bende über die Einigkeit, mit der man diese Hindenburg-Ehrung vornahm. In
Nürnberg sollte es dann später anders kommen. Während die Rolle Hindenburgs in der politischen
Presenters
Dr. phil. Clemens Wachter
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:37:58 Min
Aufnahmedatum
2021-11-16
Hochgeladen am
2021-11-19 14:24:32
Sprache
de-DE