Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Ich freue mich riesig, dass ich Ihnen heute berichten kann über die Aroma- und Geruchsforschung.
Es ist mir ein wichtiges Anliegen, weil wir als Menschen oft denken, wir können gar nicht so gut riechen.
Dass uns viele Tiere überlegen sind, wie zum Beispiel der Hund. Und ich werde Ihnen heute mal zeigen, dass wir als Menschen gar nicht mal so schlecht in unserer Geruchswahrnehmung sind.
Aber bevor wir mit dem Riechen starten, möchte ich Sie trotzdem noch mal darauf hinweisen, dass wir ja eigentlich multisensorische Messsysteme sind.
Das heißt, wir riechen, wir schmecken, wir fühlen, wir tasten, wir sehen, wir hören. Wir haben also ganz viele Sensorsysteme in unserem Körper vereint, mit denen wir unsere Außenwelt wahrnehmen können.
Und gleichzeitig gibt es natürlich das Bewusstsein für das Riechen. Also viele von uns nehmen natürlich Gerüche wahr, aber sind sich vielleicht dessen nicht ganz so bewusst.
Und da registrieren es nicht ganz bewusst, weil es mehr in unserem Unterbewusstsein läuft. Und deswegen untersuchen wir auch, wie das Riechen stattfindet zwischen nicht-Experten, also nicht-trainierten Menschen im täglichen Leben.
Aber auch im Vergleich dazu, wie das Ganze bei Experten ausschaut, die darauf trainiert sind, wie Flavoristen und Parfümeure beispielsweise.
Schauen wir uns erst mal an, welche Funktionen unser Geruchssinn erfüllt. Natürlich ist es ein Sinn, der Qualität erfasst.
Das werden Sie jetzt in der Weihnachtszeit dann deutlich schmecken und riechen können, wenn Sie Plätzchen und Glühwein zum Beispiel zu sich nehmen.
Dann werden Sie ganz schnell merken, dass angenehme Aromen uns auch dann das Aroma nicht nur als Qualitätsparameter, sondern auch als Genussparameter nahebringen.
Wir können uns aber auch an Gerüchen orientieren im Raum. Wir können feststellen, wo kommt denn der Bratengeruch her und können uns dann dementsprechend ausrichten.
Uns schützt der Geruchssinn, das ist auch ganz wichtig, spätestens dann, wenn es irgendwo brennt beispielsweise.
Hoffentlich brennt ja nicht der Weihnachtsbaum an Weihnachten oder der Adventskranz. Aber sollte das passieren, dann hat auch dort unser Geruchssinn eine wichtige Rolle, um uns zu warnen.
Und er dient der Kommunikation. Und da geht es schon gerne mal ins Unterbewusste. Wir können zum Beispiel zwischenmenschlich kommunizieren.
Wir können riechen, wenn vielleicht unser Partner eine Krankheit entwickelt, dass wir merken, oh, da stimmt irgendwas nicht, der entwickelten Geruch.
Und das wirklich eine zwischenmenschliche Kommunikation darstellt.
Und außerdem ist der Geruchssinn eine ganz starke physio-logische und psychologische Einflussgröße, auch eine sehr emotionale Einflussgröße.
Sie werden es sicher alle schon mal erlebt haben, dass sie irgendetwas gerochen haben und es hat sie an ihre früheste Kindheit erinnert.
Vielleicht an eine ganz starke emotionale Begebenheit, die sie vorher vielleicht sogar vergessen hatten.
Und sie riechen den Geruch und diese Erinnerung ist wieder da.
Und da möchte ich Ihnen auch gleich mal einen Film zeigen, der verdeutlicht, wie stark und wie bedeutsam der Geruchssinn für uns schon in der ersten Lebensphase ist.
Was ich Ihnen hier mitgebracht habe, ist ein Film von einem Neugeborenen. Dieses Kind ist zwei Tage alt.
Und diesem Kind wurden Gerüche angeboten, die zum Beispiel im Zusammenhang mit der Muttermilch stehen.
Und wenn Sie sich das anschauen, dieser Säugling schläft gerade, also während des Schlafens kriegt er die Gerüche präsentiert.
Aber Sie sehen, dass sogar während des Schlafens eindeutig eine Response, eine Reaktion von diesem Säugling stattfindet.
Also dass im Schlaf der Säugling registriert, oh, da ist was, riecht nach Mama.
Und richtet sich auch danach aus und orientiert sich in diese Richtung.
Das kann noch weitergehen, dass dann zum Beispiel auch noch Verhaltensänderungen kommen, wie Mund öffnen, so Leckbewegungen, dass der Säugling also wirklich versucht, da die Muttermilchquelle zu finden.
Und das sind extrem niedrige Geruchskonzentrationen, auf die so ein Säugling in der frühen Phase seiner Kindheit schon reagieren kann.
Also wir sehen, wir sind extrem empfindlich auch auf Geruchsstoffe. Sind wir denn generell extrem empfindlich auf alle Geruchsstoffe?
Ich habe Ihnen hier mal verschiedene Beispiele mitgebracht und auch die dazugehörigen Geruchsspällen.
Das heißt, wie viel braucht man von einer Substanz, um sie als Aromastoff beispielsweise in Lebensmitteln riechen zu können.
Und was Sie ganz links sehen mit dem Wert 2000, ist tatsächlich ein wichtiger Aromastoff, das ist nämlich Ethanol, Alkohol.
Im Bier beispielsweise eben ein wichtiger Aromastoff und das erklärt Ihnen auch ganz einfach, warum alkoholfreies Bier vielleicht nicht ganz so schmeckt wie ein alkoholhaltiges.
Das ist ganz klar, weil es eben tatsächlich auch ein Aromastoff ist.
Wenn Sie sich aber dann das anschauen bis hinunter zu dieser Substanz, die dort mit den vielen Nullen nach der Kommastelle die Geruchsspälle hat,
das heißt, man braucht unglaublich wenig von diesem Geruchsstoff. Das ist ein fleischig riechender Geruchsstoff, der ganz rechts abgebildet ist,
typisch für Fleischaroma und da sehen Sie schon, wir sind wahnsinnig empfindlich für bestimmte Geruchsstoffe.
Ein anderes Beispiel, das ich Ihnen nachher noch bringen werde, ist das Krebsrutaroma, der Krebsrutaromastoff.
Da erzähle ich gern meinen Studenten, von diesem Aromastoff bräuchten Sie eigentlich nur einen Fingerhut voll und wenn Sie den in den Stamberger See kippen würden,
dann würde tatsächlich der ganze Stamberger See nach Krebsrut riechen.
Also daran erkennen Sie schon, wie wahnsinnig empfindlich unsere Nase ist und gleichzeitig sind eben nicht alle Aromastoffe gleich potent.
Es hängt von der chemischen Struktur ab und jeweils auch davon, wie diese Geruchsstoffe riechen.
So, was sind dann die besonderen Anforderungen an unsere Geruchsanalytik, an uns als Geruchsforscher?
Das ist einmal diese Komplexität, dass wir mit ganz, ganz verschiedenen Substanzen zu tun haben, also nicht einfach nur eine bestimmte Substanzklasse,
sondern eben ganz, ganz unterschiedliche Moleküle. Dann haben wir das Dilemma, dass in so einem Aroma oder auch in einer Raumluft,
wo es bestimmt in einer bestimmten Art und Weise riecht, dass es dort eben nicht nur die geruchsaktiven Substanzen gibt, sondern auch geruchsinaktive Moleküle.
Es schwirren hier ganz viele Substanzen herum, die Sie natürlich nicht sehen können, aber viele von denen auch gar nicht riechen können.
Presenters
Prof. Dr. Andrea Büttner
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:18:12 Min
Aufnahmedatum
2016-11-21
Hochgeladen am
2016-12-19 13:41:14
Sprache
de-DE
Klebstoff, Papier, Orangen, Zimt – nahezu alles in unserer Umwelt riecht. Der Mensch nimmt Gerüche im Unterbewusstsein zwar wahr, dennoch wird der Geruchssinn vollkommen unterschätzt, wenn es darum geht, wie wir unsere Umwelt bewerten. Käse riecht trotz Schimmel zum Anbeißen. Ledersitze im neuen Auto verbreiten einen besonderen Duft. Rote Beete riecht nach Erde. Warum empfindet das der eine als wohlriechend und der andere nicht? Diesen und anderen Fragen geht Prof. Dr. Andrea Büttner, Professur für Aromaforschung, im Rahmen der Vortragsreihe „Wissenschaft auf AEG“ der FAU auf den Grund.
Prof. Büttner stellt in ihrem Vortrag vor, wie der Mensch Gerüche analysiert. Durch Erfahrungen hat er gelernt, Gerüche als angenehm oder unangenehm zu definieren. Die Forscherin geht auf die Ambivalenz des Lernprozesses ein, denn oft sind es extreme Gerüche, die der Mensch als gutriechend empfindet. Das ist mitunter problematisch, wenn sie gesundheitsschädlich sind und der Mensch das nicht mehr bemerkt.