15 - Haftung für fehlerhafte Prospekte nach § 9 ff. WpPG (2) [ID:16498]
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Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zu einer weiteren Einheit der Veranstaltung Kapitalmarktrechts

im Sommersemester 2020. Wir waren immer noch beim Markteintritt, dort bei der Prospektehaftung und

hatten dort nach den Grundlagen uns bereits den § 9 f. konkret, also WPPG konkret genähert,

hatten uns angeschaut, naja, welche Prospekte sind von dieser Prospekthaftung nach 9 f.

WPPG erfasst, hatten uns dann die Frage gestellt, welchen Maßstab legen wir an den Empfängerhorizont

an, der notwendig ein objektiver sein muss, hatten dort gesehen, dort gibt es verschiedene

Rechtsprechungslinien, die man dann am Ende versucht hat zu versöhnen. Stichwort BOM auf

der einen Seite, Leipzig West auf der anderen Seite und dann die salomonische Auflösung durch

die BGH-Einscheidung aus 2013, die sagte, naja, wir wenden die strengere BOM-Rechtsprechung an

als Maßstab für den verständigen Anleger dort, wo es um Prospekte über Börsen gehandelte Papiere

geht, während wir dort die sehr anlegerfreundlichen Leipzig-West-Rechtsprechung benutzen und diesen

Maßstab dort anwenden, also dass der Kleine Anleger letztendlich kein Spezialwissen hat

und sich allein aus den Prospektangaben informiert, wo es um einen Prospekt geht, der nicht Börsen

gehandelte Papiere betrifft und der sich jedenfalls auch an Kleinanleger wendet. Dann hatten wir

uns angeguckt, naja, was sind denn Angaben genau, hatten gesehen Prognosen sind auch

Angaben, hatten dann gesagt, naja, es sind allerdings nur wesentliche Angaben relevant,

wesentlich sind solche, die eben preiserheblich sind, also die anknüpfen an wertrelevante

Faktoren, hatten uns dann gefragt, naja, wann sind solche wesentlichen Informationen denn

unrichtig und waren dort stehen geblieben und setzen hier dann ein. So, wenn Sie jetzt

mit mir nochmal in den § 9 Absatz 1 Satz 1 hineinschauen, dann werden Sie feststellen,

und Sie werden es eigentlich schon wissen, dass die Prospekthaftung eben nicht nur daran

anknüpft, dass im Prospekt wesentliche Angaben unrichtig sind, sondern auch, dass der Prospekt

in Bezug auf wesentliche Angaben unvollständig ist. Was heißt jetzt nun Unvollständigkeit

in diesem Sinne? Na ja, Unvollständigkeit heißt, Entscheidungserhebliches, also wesentliche

Angaben werden weggelassen. Und da ein unvollständiger Prospekt notwendigerweise unrichtig ist, also

die Unvollständigkeit ein Unterfall der Unrichtigkeit ist, ist es eigentlich nicht mehr sinnvoll,

wenn hier im Wort laut des § 9 von Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit gesprochen wird, weil das

suggeriert, dass es zwei verschiedene Dinge sind. Nein, Unvollständigkeit ist tatsächlich

ein Unterfall der Unrichtigkeit. Diese Differenzierung zwischen Unrichtigkeit und Unvollständigkeit,

die kommt aus dem älteren Recht, da war diese Unterscheidung noch sinnvoll, weil das Gesetz

für die Prospekthaftung unterschiedliche Verschuldensmaßstäbe anwandte, je nachdem,

ob der Prospekt unrichtig oder nur unvollständig war. Das ist nunmehr nicht mehr der Fall,

der Verschuldensmaßstab ist gleich und Sie merken sich, Unvollständigkeit ist ein Unterfall

der Unrichtigkeit. Wenn wir jetzt den Begriff der Unvollständigkeit mal mit den Mindestangaben

nach Artikel 13 der EU-Prospektverordnung in Beziehung setzen, dann müssen wir feststellen,

dass das Erfüllen dieser Mindestangaben weder notwendige noch hinreichende Voraussetzung

für eine Haftung ist. So kann es etwa sein, dass trotz des Fehlens von Pflichtangaben

der Prospekt vollständig ist, weil diese Mindestangaben nicht wesentlich sind. Wenn sie nicht wesentlich

sind, dann sind sie nicht erfasst von dem Schutz der Haftung nach § 9, 10, WP, PG, weil

dort sich die Haftung nur auf die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit wesentlicher Angaben

bezieht. Umgekehrt kann der Prospekt sämtliche dieser Mindestangaben enthalten gleichwohl

unvollständig sein, weil diese Mindestangaben nicht alle wesentlichen Angaben enthalten.

Das heißt, seien Sie vorsichtig mit diesen Mindestangaben. Wenn die fehlen, dann ist

in der Tat, oder wenn da einige fehlen ist in der Tat, der Frage nachzugehen, ob hier

nicht ein unvollständiger Prospekt vorliegt. Das ist sehr naheliegend und auch sehr wahrscheinlich,

aber Sie müssen immer noch prüfen, ob diese Mindestangaben tatsächlich im Sinne des §

9, WP, PG tatsächlich wesentlich sind. Und umgekehrt gilt allein, die Erfüllung der

Mindestangaben reicht noch nicht für einen vollständigen Prospekt, sondern sämtliche

wesentlichen Angaben müssen im Prospekt enthalten sein. Das ergibt sich letztlich auch schon

aus der Prospektverordnung selbst. Wenn Sie dort mal in § 6 Absatz 1 hineinschauen,

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:26:18 Min

Aufnahmedatum

2020-05-25

Hochgeladen am

2020-05-25 14:16:32

Sprache

de-DE

Tags

Jura Wirtschaftsrecht Rechtswissenschaften Kapitalmarktrecht
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