19 - 5B1 - "Geh aus, mein Herz und suche Freud" - erste Liedhälfte [ID:19043]
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Ja nun kommt die Krönung.

Alle warten sehnlich darauf, dass Paul Gerhardt Lied schlechthin.

Geh aus mein Herz und suche Freud.

Jetzt bitte ich darum, alle die zuhören, zuschauen, möglichst, möglichst bitte die

Melodie zu vergessen.

Also bitte den Sound ausblenden.

Denn es gibt nichts in meinen Augen, nichts Fataleres in der Paul Gerhardt Rezeption,

als die Melodie zu diesem Lied.

Weil es ja einfach überhaupt nicht passt und weil das Lied einfach so viel mehr Wert

hat, eine so viel höhere Qualität als diese Melodie.

Also wenn es denn möglich ist, vom Sound bei einem Lied abzusehen, geh aus mein Herz

und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben.

Schau an der schönen Gärtenzieher und siehe wie sie mir und dir sich ausgeschmückert

haben.

Das Lied ist überschrieben Sommergesang in der Edition von Ebeling.

In dieser lieben Sommerzeit wird benannt als Zeitangabe gleich in der zweiten Zeile.

Das Lied beginnt wie oft bei Paul Gerhardt mit so einem Selbstappell.

Wir hatten du meine Seele singe wohl auf und singe schön.

Geh aus mein Herz und suche Freud.

Kein Appell zum Singen hier, sondern an das Herz, das ist analog zu du meine Seele, das

Personenzentrum, auszugehen, hinauszugehen, Freude zu suchen.

Das ist ja schon eine ganz spannende Formulierung.

Also Freude suchen, ja.

Also nicht sich in irgendwelche Gedanken vergraben.

Der in sich gekrümmte Mensch soll aus sich herausgehen, um Freude zu finden.

Wo findet er die Freude, wird sofort benannt, an deines Gottes Gaben.

Also nicht irgendwie zu einer Fete, zu einer Party gehen oder so weiter, sondern die Freude

gibt es an deines Gottes Gaben.

An die G-Worte Gottes Gaben schließt sich gleich das nächste entscheidende G-Wort an,

nämlich Gärtenzier.

Schau an der schönen Gärtenzier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmückt haben.

Also ich gehe hinaus oder ich kann ja auch in meinem eigenen Garten stehen, aber ich

gehe mit meinem Herzen hinaus und schaue die Zierte.

Wir haben hier gleich wieder eine ästhetische Kategorie, die Zierte, um mich daran zu erfreuen.

Die Gärten haben sich ausgeschmückt.

Für mich, das ist ein zentraler Gedanke der orthodoxie, der lutherischen orthodoxie,

die Welt ist dazu da, die schöne Schönheit der Welt und die Ordnung der Welt ist dazu

da, dass die Menschen sich daran freuen.

Das ist der Unterschied zu den Tieren.

Für Tiere ist die Welt nur dazu da, dass sie satt werden und sie überleben.

Für Menschen hat sie den Mehrwert, nämlich schlicht der Freude zu dienen, weil es die

Freude an Gott ist, denn in der Schönheit und Wohlgeordnete der Welt zeigt sich Gott

in seinem Wesen selbst und insofern finde ich darin auch wahre Freude.

Das mit dem Garten ist ein zentrales Motiv, das im Lied wiederkehrt.

Wir haben in Strophe 10 den Garten und in Strophe 14 wieder den Garten.

Ich habe das jeweils eingekringelt.

Und zwar steckt da dahinter, dass der Garten, das Paradies ist ein Garten.

Dieses Gebetsbuch von Johann Arndt, das Paul Gerhard viel rezipiert, heißt Paradies Gärtlein

und Sommer ist immer Symbol für die Ewigkeit.

Herzlicht tut mich erfreuen.

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:41:04 Min

Aufnahmedatum

2020-06-22

Hochgeladen am

2020-07-02 20:16:26

Sprache

de-DE

Das Phänomen Paul-Gerhardt-Lieder II

Die Lieder von Paul Gerhardt (1607-1676) sind "Evergreens" trotz ihrer veralteten barocken Sprach- und Vorstellungswelt, trotz ihres oft schweren theologischen "Ballasts", trotz ihrer Überlänge. Die Vorlesung nimmt einzelne Lieder in Textgestaltung wie Melodiezuweisung genauer unter die Lupe, vermittelt historischen Hintergrund der Liedentstehung und gibt Einblicke in die Liedrezeption durch die Jahrhunderte in Gesangbüchern wie Kunstmusik.

Tags

Kirchenmusik
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