3 - Manipulationen in der Transplantationsmedizin: Gründe und Auswirkungen [ID:6858]
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Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.

Ich werde heute berichten aus einem Forschungsprojekt, das wir an der Universität Heidelberg durchführen.

Wir sind eine Gruppe von Juristen, vor allem Strafrechtler, Kriminologen und Soziologen,

zum Thema der Kampf gegen Korruption und Manipulation.

So zumindest ist der Titel eines größeren Projektes der VW-Stiftung, das wir bekommen haben.

Die VW-Stiftung ist unabhängig vom VW-Konzern.

Als wir es bekommen haben, haben wir uns sehr gefreut, wussten allerdings auch nicht, was beim VW-Konzern alles los sein würde.

Aber jetzt ist das natürlich auch einer unserer spannenden Fälle.

Wir schauen uns Deviance an, das ist ein wichtiges Stichwort, abweichendes Handeln von Organisationen und Individuen in der Wirtschaft und in der Medizin im Vergleich Deutschland und USA.

Aus dem Projekt werde ich heute ein bisschen berichten. In Bezug auf die Skandale, das sind ja Manipulationen der Wartelisten, die stattgefunden haben.

Also Richtlinienverstöße, die gegen die Richtlinien der Bundesärztekammer liefen.

Diese Richtlinienverstöße haben vor allem im Zeitraum 2010 bis 2012 stattgefunden. Das ist der Erhebungszeitraum, auf den ich mich beziehe.

Das ist ganz wichtig. Insofern merken Sie schon, wir waren natürlich zu dem Zeitpunkt nicht im Universitätsklinikum Göttingen aktiv, dass er da eine prominente Rolle hat.

Oder in Heidelberg, dass er ebenfalls von den Skandalen getroffen oder an den Skandalen beteiligt war.

Insofern, das was ich heute vorstelle, ist etwas, deswegen passt es ganz gut zum Dunkeln, was wir Hellfeldanalyse nennen.

Wir schauen uns die Fakten an, die aufgedeckt wurden. Dazu gibt es aus unterschiedlichen Verfahren schon Material.

Das Göttinger-Verfahren ist ja besonders sorgfältig geschildert worden.

Es gibt also ein 1200-zeitiges Gerichtsurteil, das zur Verfügung steht, was tatsächlich ein anspruchsvoller Forschungsbericht ist.

Wir haben gleichzeitig Ex-Post-Analysen in Form von Interview-Analysen gemacht.

Das heißt, wir haben bis heute 60 Interviews geführt mit Transplantationsmedizinern und ärztlichen Direktoren,

insbesondere von Universitätskliniken. Das meiste hat in den Universitätskliniken stattgefunden.

Aber auch mit Juristen, die an den unterschiedlichen Verfahren beteiligt waren.

Und wir haben eine teilnehmende Beobachtung in einem Transplantationszentrum durchgeführt, um einfach mal ein Gefühl dafür zu bekommen,

wo solche Devianten denn strukturell angesiedelt sind und auftauchen.

Ich werde heute also ganz kurz nochmal auf die Fälle eingehen.

Die Manipulationen, Schildern, da war für uns zunächst mal die Frage, sind das jetzt einzelne schwarze Schafe?

So wird das ja immer gerne dargestellt. Oder gibt es einen systematischen Hintergrund?

Das ist sozusagen die erste Frage, die ich behandeln werde.

Bei den Gründen, viele von Ihnen werden es gelesen haben, die Süddeutsche Zeitung ist ja da mit einigen Furore reingegangen,

ob da persönliche Bereicherung eine Rolle gespielt hat oder welche andere Gründe dabei zum Vorschein kamen.

Auch das geht nicht sozusagen in die Personen der Angeklagten hinein, sondern in dem, was man wissen kann,

wenn man sich sorgfältig alle Unterlagen anschaut, was die Juristen getan haben.

Wie werden inwiefern spielen andere Gründe im Sinne Nutzen der Kliniken, also Nutzen für die Transplantationszentren,

für die Patienten und auch vielleicht so einen Anspruch bezüglich professioneller Autonomie inwiefern spielt so etwas eine Rolle?

Und dann, das ist nicht mein Spezialgebiet, aber ich habe es sozusagen die Auswirkung, habe ich ein bisschen was für Sie einfach mitgebracht,

dass man noch mal überlegen kann, was waren jetzt eigentlich die Auswirkungen.

Dazu sagen auch unsere Interviews einiges, das allerdings der kürzere Teil des Abschlusses und des Ausblickes ist.

Okay, also ich fange mal an, damit Sie wissen, womit wir es zu tun haben.

Das sind ja harte Patientenschicksale, die dahinter stehen. Das muss man sich immer vor Augen führen.

Das ist sozusagen Falschilderung aus dem Urteil. Also Patientin S. ist 45 Jahre alt, 2010.

Als sie zum Universitätsklinikum Göttingen kommt. Seit 15 Jahren massiver Alkoholkonsum.

Nach Selbstangaben zwei bis drei Flaschen Wein pro Tag. Nach Selbstangaben Resultaten, Alkoholindizierte Leberzirrhose.

Der Malescore, das ist ein Score, der angelegt wird, der aus den USA kommt. Model of N-Stage Liver Disease.

Misst praktisch die drei Monate über Lebenswahrscheinlichkeit.

Sie kommt also mit einem Malescore von 18 zum Universitätsklinikum Göttingen.

Je höher der Malescore, desto höher die Dringlichkeit und desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie ein Organ zugeteilt bekommt.

Über Eurotransplant, die sozusagen den Algorithmus darstellt, der Organ Zuteilung.

Was wurde jetzt vom Gericht festgestellt? Es wurde also zeitlich passend ein falscher Billirubinwert angegeben.

Einer der Werte, der war zehn bis 15-fach erhöht und damit erreichte die Patientin einen Score von 31.

Und war damit auf Rangplatz 4 der Organvergabe. Hat also relativ schnell ein Organ zugeteilt bekommen.

Presenters

Prof. Dr. Markus Pohlmann Prof. Dr. Markus Pohlmann

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:22:09 Min

Aufnahmedatum

2016-07-18

Hochgeladen am

2016-11-09 11:41:13

Sprache

de-DE

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