2 - De inspiratione scripturae - einatmen und ausschreiben!/ClipID:46886 vorhergehender Clip nächster Clip

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Ein akademisches Hörspiel über erfolgreiche Schreibblockaden. Nicht ganz (oder doch?) ernst gemeinter Podcast zur Langen Nacht des Schreibens 2022 mit

Christoph Ackermann (UB)

und

Stefan Rieger (ZIWIS)

Aufnahme Datum 2022-03-01

De inspiratione scripturae - Einatmen – Ausschreiben

Eine akademische Tonbildschau mit Prof. Dr. Eddie Stift und Prof. Dr. A.-B. Seite

A.-B. Seite:

Atemgeräusche, leichtes Schnarchen, wie im Schlaf gesprochen…

Alles geben Götter, die unendlichen, Ihren Lieblingen ganz, Alle Freuden, die unendlichen, Alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.

 

Ed Stift:

Gehetzt atmend, bewundernd

Goethe, Johann Wolfgang. Von. Lange her. Schrieb gut. Sehr gut. Phantastisch. Und hatte einen langen Atem.

geseufzt Ach.

Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf…

 

A.-B. Seite:

Das ist weder von Goethe noch Fontane, sondern Psalm 127, Vers 2.

Herzhaftes Gähnen

Die Ruheatmung dient der Kontemplation, der sogenannten inneren Einkehr, aber auch der Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff. Zahlreiche Meditationsformen beziehen sich auf die tiefe, kombinierte Costo-Abdominal-Atmung, die die Zwerchfellbewegung und die Aktivitäten der Atemhilfsmuskulatur vereint. So kann das Atemvolumen vergrößert und die Atemfrequenz verringert werden. Das schafft Ruhe im Körper und räumt auf im Geist.

 

Ed Stift:

Wie sollen wir denn schon etwas aufräumen, werter Kollege Seite, wo doch noch gar nichts ist? Diese Leere schafft Panik. Ein Raum ohne Inhalt, ein Blatt ohne Papier, ein Stift ohne Mine? Und dann in Ruhe durchatmen? Wenn ich lieber davonlaufen will…

 

A.-B. Seite:

Mein Lieber, Sie taumeln ja völlig atemlos durch diese lange Nacht des Schreibens und es scheint Ihnen gar nicht hell zu werden. Wann haben wir denn Abgabetermin für unseren neuen Aufsatz?

 

Ed Stift:

Gestern. Vormittags schon. Der Termin ist definitiv nicht mehr zu halten, fürchte ich.

 

A.-B. Seite:

Das merken Sie jetzt aber fast zu früh. Aber: Noch ist nichts verloren. Einatmen! Ausatmen! Lächeln! Wie ein Lungenfacharzt bei der Meditation.

 

Ed Stift:

Hörbare Atemgeräusche

Wie wäre es, wenn man in Zukunft den Abgabetermin eines Manuskriptes einfach früher als nötig setzt, also präventiv die panische Schnappatmung vor Erreichen des Ziels minimiert. Man könnte den Schreib-Prozess gar ganz umkehren – also das Erscheinungsdatum eines Schriftstückes vor den eigentlichen Schreibbeginn ansetzen. Damit legte man zwar den Ausatmer vor den Einatmer – aber alles bliebe im Rhythmus.

 

A.-B. Seite:

Wie soll das gehen? Jeder Säugling muss vor dem ersten ausatmenden Schrei einatmen! Das Leben beginnt nicht mit dem Ausatmer – damit endet es allenfalls. So wie Kleists Amphytrion mit einem Ach endet.

 

Ed Stift:

Ach?

 

A.-B. Seite:

Ein bisschen mehr Inbrunst bitte!

 

Ed Stift:

Ach!!!

 

A.-B. Seite:

Schon besser. Glaubwürdiger. Authentischer.

 

Ed Stift:

Damit ist aber noch nichts gelöst und der Abgabetermin immer noch schon vorbei. Was haben wir also gewonnen?

 

A.-B. Seite:

Luft.

 

Ed Stift

Und vielleicht die Erkenntnis, dass zum Schreiben auch das Loslassen, das Trennen von Weizen und Spreu gehört.

 

A.-B. Seite

Der Text darf nicht zu dicht sein, damit er Luft hat und atmen kann. Wie ein Hefezopf.

 

Ed Stift:

Und wenn wir nun rückwärts schrieben. Brächte das Erfolg?

Atmet aus und wieder ein.

Sehen Sie – es funktioniert. Die Inspiration nach der Aspiration. Und so machen wir das jetzt auch mit unserem Manuskript.

 

A.-B. Seite:

Sie Phantast. Das Zeitreisen gelingt Ihnen nicht. Das haben schon ganz andere vor Ihnen für möglich gehalten und sind dabei lustvoll gescheitert. Es blieb beim Versuch. Der misslang stets. Ebenso, wie unzählige Versuche, den Redaktionsschluss eines Verlegers zu verlegen.

 

Ed Stift:

Schnickschnack. Wir schreiben einfach in die entgegengesetzte Richtung und beginnen mit der Einleitung, die wie jede gute Ouvertüre eigentlich ganz am Schluss komponiert wird.

 

A.-B. Seite:

Sie können ja auch nicht rückwärts atmen. Das geht zyklisch. Schreiben auch. Denken auch. Einatmen – ausschreiben – lesen – korrigieren – überdenken – einatmen – ausschreiben usw…

 

Ed Stift:

„Heilung entsteht in der Pause zwischen Aus- und Einatmung.“ – Paracelsus. Bei Ihnen ist die Pause aber ganz schön lange dazwischen. Denkloch sozusagen. Sagt schon Canetti: „Es genügt nicht, zu denken, man muss atmen. Gefährlich die Denker, die nicht genug geatmet haben.“

 

A.-B. Seite:

„Der Atem beginnt mit einer Bewegung und endet in der Seele“ – Einstein!

 

Ed Stift:

„Wenn Worte Atem sind, Und Atem Leben ist, hab ich kein Leben, Das auszuatmen, was Du mir gesagt.“

Shakespeare

 

A.-B. Seite

„Die Seele atmet durch den Geist, der Geist atmet durch die Inspiration, und die ist das Atmen der Gottheit.“ – Bettina von Arnim

 

Ed Stift:

Inspiration fördert Tranpiration!

 

A.-B. Seite:

Nun halten Sie aber mal die Luft an!

 

Ed Stift:

Fische sollten das in der Luft besser tun, mein Lieber!

 

A.-B. Seite:

Sind Sie nicht sogar Wassermann?

 

Ed Stift:

Wir kommen vom Thema ab!

 

A.-B. Seite:

Hatten wir denn eins?

 

Ed Stift:

Ja. Einatmen und Ausschreiben.

 

A.-B. Seite

Und dann sofort per Einschreiben zum Verlag. Anschließend Durchatmen.

 

Ed Stift

Also beginnen wir – wie so oft, wie eigentlich immer – von vorne, und hoffen hinten anzukommen.

Geschrieben steht: „Im Anfang war das Wort!“ Hier stock‘ ich schon! Wer hilft mir weiter fort? Mir hilft der Geist! Auf einmal seh ich Rat Und schreibe getrost: „Im Anfang war die Tat!“

 

A.-B. Seite

Gute Güte, Goethe…

 

Ed Stift

Schreiben wir los…

 

 

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Lehrende(r)

Stefan Rieger

Zugang

Frei

Sprache

Deutsch

Einrichtung

Universitätsbibliothek

Produzent

Universitätsbibliothek

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